Oberverwaltungsgericht des
Saarlandes
- Pressedezernat -
1274 - 15/01
Das
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (OVG) hat gestern über die Beschwerden
des Bergamtes und der Deutschen Steinkohle AG (DSK) gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts (VG) vom 27.4.2001 entschieden, das dem Eilantrag eines
Bürgers von Lebach-Falscheid auf Einstellung des Kohleabbaus in diesem Raum
stattgegeben hatte. Diesen Antrag hat der 2. Senat des OVG jetzt
zurückgewiesen, dies allerdings wie schon in seiner Zwischenentscheidung vom
8.5.2001 an Bedingungen geknüpft: Das Bergamt muss gegenüber der DSK anordnen,
dass das Anwesen des Antragstellers nach bergbauinduzierten Erschütterungen ab
einer bestimmten Größenordnung besichtigt wird und gegen sich abzeichnende, die
Gebäudestandsicherheit oder die Hausbewohner ansonsten gefährdende Schäden
Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden, dass ferner, falls solche Schäden
auftreten, die Überwachung und Sicherung intensiviert wird und dass schließlich
der Abbau in der Nachtzeit unterbleibt.
Entscheidend hat das OVG seinen insgesamt 36 Seiten umfassenden Beschluss - Aktenzeichen 2 W 1/00 - auf eine Abwägung der unterschiedlichen Interessen der Beteiligten gestützt. Dabei komme es, so das OVG, im Ausgangspunkt auf eine Abschätzung der Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage gegen den zugrunde liegenden Betriebsplan und in diesem Zusammenhang entscheidend darauf an, ob die Zulassung des Kohleabbaus im strittigen Bereich Rechte gerade und allein des Klägers und jetzigen Antragstellers verletze; dass andere Bergbaubetroffene gleiches von sich behaupteten, könne insoweit nicht berücksichtigt werden. Eine Rechtsverletzung des Klägers aber sei sowohl mit Blick auf drohende Gebäudeschäden durch eine Verformung der Geländeoberfläche oder infolge von Erdstößen als auch hinsichtlich der geltend gemachten Gesundheitsschäden eher unwahrscheinlich, allerdings andererseits mit den beschränkten Erkenntnismitteln des hier vorliegenden Eilverfahrens auch nicht ohne weiteres auszuschließen; endgültig könne das erst in dem noch beim VG anhängigen Hauptprozess geklärt werden. Zu diesem Ergebnis kommt das OVG in eingehender Auseinandersetzung mit den dafür maßgeblichen Vorschriften des Bundesberggesetzes - dort die §§ 48 und 55 - und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dabei wird nachdrücklich betont, dass diesen Vorschriften eine vom Gesetzgeber in eigener politischer Verantwortung vorgenommene Einschätzung von Lebensrisiken zugrunde liege, die für alle Betroffenen ebenso wie für das Gericht verbindlich sei. Hiervon ausgehend komme es für die Frage der Rechtmäßigkeit der Zulassung eines Kohleabbaubetriebsplans ausschlaggebend darauf an, ob die dabei nach der Natur der Sache allein mögliche Prognose über Umfang und Schwere etwaiger Folgeschäden nach dem Kenntnisstand im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nachvollziehbar und vertretbar war; nachträgliche, von der Prognose abweichende Entwicklungen machten die Entscheidung der Behörden nicht fehlerhaft. Im vorliegenden Fall seien die nachhaltigen Verwerfungsbeben im Wesentlichen erst nach Klageerhebung aufgetreten und mit deren Intensität hätten das Bergamt und die DSK nach dem im Jahre 1998 eingeholten, der seinerzeitigen Prognose zugrunde gelegten Sachverständigengutachten nicht zu rechnen brauchen, was dafür spreche, dass die Klage des Antragstellers gegen die Betriebsplanzulassung wahrscheinlich erfolglos bleiben werde.
Da
das OVG jedoch letzte Zweifel in dieser Hinsicht im vorliegenden Eilverfahren
nicht ausräumen konnte, hat es seine Entscheidung letztlich an der Abwägung der
gegenläufigen Interessen der Verfahrensbeteiligten ausgerichtet. Dabei hat es
erneut hervorgehoben, dass zugunsten eines Abbaustopps nur die eigenen Belange
des Antragstellers selbst, nicht aber ein übergeordnetes Interesse aller
Bergbaubetroffenen an der Vermeidung mit dem Kohleabbau einhergehender
Beeinträchtigungen und Schäden berücksichtigt werden könnten. Diese Belange,
insbesondere sein Interesse daran, nachhaltige Schäden an seinem Wohnanwesen zu
vermeiden und gesundheitlich nachteilige Folgen von sich und den Bewohnern
seines Hauses fern zu halten, seien gewichtig. Ihnen könne aber durch die
beschriebenen bereits im Zulassungsbescheid angeordneten und vom Senat nur noch
weiter konkretisierten Auflagen angemessen Rechnung getragen werden. Sie
müssten deshalb hinter das erhebliche wirtschaftliche Interesse der DSK am
Fortbestand des ansonsten gefährdeten Bergwerks Ensdorf und das vom Bergamt
vertretene nachhaltige öffentliche Interesse an der Erhaltung von
Arbeitsplätzen jedenfalls derzeit zurücktreten.
Diese
Entscheidung des OVG ist unanfechtbar.