Landtag des Saarlandes

Plenarprotokoll der 50. Sitzung der 11. Wahlperiode

(Auszug)

11. Wahlperiode

Pl. 11/50

21. 1. 98

 

50. Sitzung

am 21. Januar 1998, 9.00 Uhr,

im Gebäude des Landtages zu Saarbrücken

Beginn: 9.04 Uhr

Ende: 18.03 Uhr

 

(Beginn des Textauszugs)

 

Wir kommen zu den Punkten 3 und 8 der Tagesordnung:

 

-   Beschlussfassung über den von der Regierung des Saarlandes eingebrachten Antrag betreffend Veräußerung des 26-Prozent-Anteils des Saarlandes an der Saarbergwerke AG (Drucksache 11/1495),

 

-   Beschlussfassung über den von der CDU-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend Veräußerung des 26-Prozent-Anteils des Saarlandes an der Saarbergwerke AG (Drucksache 11/1502).

 

Zur Begründung des Antrages der Landesregierung erteile ich Herrn Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine das Wort.

 

Ministerpräsident Lafontaine:

 

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Übertragung der Anteile des Landes an der Saarbergwerke AG auf die Ruhrkohle Aktiengesellschaft, zu der die Einwilligung des Landtages beantragt wurde, stellt in mehrfacher Hinsicht einen erheblichen Einschnitt für unser Land dar. Zum einen ist das der Schlusspunkt beim Vollzug der kohlepolitischen Beschlüsse vom März vergangenen Jahres, mit denen eine lange Zeit der quälenden Ungewissheit für die Bergleute und ihre Familien ein Ende gefunden hatte.

 

Wie jeder weiß, ist mit diesen Beschlüssen nicht nur die Aktienübertragung, sondern auch der Verlust eines Grubenstandortes im Saarrevier zum Ende des Jahres 2000 verbunden. Diese Standortentscheidung führt zu einem weiteren massiven Arbeitsplatzabbau im Bergbau und in der Saarwirtschaft. Die bittere Erkenntnis dabei ist, dass Arbeitsplätze im Bergbau nicht nur für die jetzt betroffenen Bergleute, sondern unwiderruflich auch für nachwachsende Generationen verloren gehen. Die Grubenschließung und vor allem der weitere Aus- und Umbau des Nichtkohlebereiches von Saarberg stellt für das Unternehmen eine große Herausforderung dar.

 

Für das Land bedeuten die mit den kohlepolitischen Beschlüssen des vergangenen Jahres verbundenen Folgen für die Wirtschaftskraft und den Arbeitsmarkt eine deutliche Verschärfung der inhaltlichen und finanziellen Herausforderungen der Strukturpolitik. Die Abgabe der 26-prozentigen Landesbeteiligung an der Saarbergwerke AG ist zum anderen auch unter geschichtlichen Aspekten zu würdigen und gibt heute Anlass, den Blick zurückzuwenden. Mit der Aktienübertragung wird nicht nur die Eigentümerstellung der öffentlichen Hand an der im Jahre 1957 gegründeten Saarbergwerke AG beendet, sondern mit dieser Privatisierung geht - abgesehen von einer nur kurzen vorübergehenden Unterbrechung unter französischer Herrschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts - die fast 250-jährige Geschichte der Saargruben als Staatsbetrieb zu Ende.

 

Im Jahre 1751 verstaatlichte Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken sämtliche Kohlegruben seines Landes und setzte damit der ungeordneten Kohlengräberei durch viele Kohlebesitzer und Grubenbesitzer ein Ende. Dies gilt als der Beginn eines geregelten bergmännischen Abbaus der Steinkohle im Saarrevier.

 

Nach dem Zweiten Pariser Frieden übernahm der preußische Staat die Saargruben, mit Ausnahme der Bergwerke von St. Ingbert und Bexbach, die an Bayern fielen. Es ist vielleicht zu wenig bekannt, dass Bayern auch Gruben an der Saar besaß. Zur damaligen Zeit wurde für die damaligen Verhältnisse in diesen Gruben ordentliches Geld verdient.

 

Den Aufschwung unter preußischer Verwaltung können die folgenden Zahlen verdeutlichen. Im Jahre 1849 waren 3.865 Bergleute beschäftigt, bei einer Jahresförderung von einer halben Million Tonnen. Im Jahre 1865 waren die Kennzahlen auf 16.000 Bergleute und auf drei Millionen Tonnen gestiegen.

 

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 setzte im Zuge der Industrialisierung gewissermaßen eine Hochkonjunktur unserer Montanindustrie ein, die zu einer enormen Ausweitung der Kohlegewinnung und Kokserzeugung führte. Die Steinkohle war seit Beginn der Industrialisierung und bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die Hauptenergiequelle.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges trat das Saarstatut des Versailler Vertrages in Kraft, mit dem die Steinkohlenindustrie an der Saar in das Eigentum des französischen Staates für die Geltungsdauer des Versailler Vertrages von 15 Jahren wechselte. Nach der Saarabstimmung am 13. Januar 1935 und der Anbindung des Saarlandes an Deutschland kaufte das Deutsche Reich das gesamte Grubenvermögen für 150 Millionen Reichsmark von Frankreich zurück, erlangte dadurch volles Eigentum an den Saargruben und gründete 1936 die Saargruben AG.

 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Saargruben AG bis Ende 1947 unter französische Sequesterverwaltung gestellt. Zum 1. Januar 1948 wurde die Gesellschaft liquidiert und die Saargruben wurden von der Régie des Mines de la Sarre übernommen. Durch den Abschluss des deutsch-französischen Vertrages zur Regelung der Saarfrage wurde eine neue Lage geschaffen. Artikel 85 des Saarvertrages sah die Gründung eines neuen Rechtsträgers für die Saargruben bis spätestens 30. September 1957 vor, an dem der Bund mit 74 Prozent und das Saarland mit 26 Prozent beteiligt sein sollten. Die Bedeutung der Steinkohle für unser Land auch noch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird daraus ersichtlich, dass in den Artikel 52 der Saarverfassung aufgenommen wurde, dass "der Steinkohlenbergbau wegen der überragenden Bedeutung für die Wirtschaft des Landes nicht Gegenstand privaten Eigentums sein darf und im Interesse der Volksgemeinschaft geführt werden muss".

 

Nach dem geschichtlichen Ausflug wird deutlich, dass die Eigentümerschaft über die Saargruben seit nunmehr fast 250 Jahren eng mit dem politischen Schicksal unseres Landes verbunden war. Die jetzt anstehende Veräußerung steht allerdings nicht mehr mit einem Wechsel der politischen oder wirtschaftlichen Zugehörigkeit des Saarlandes zu Frankreich oder Deutschland in Zusammenhang, sondern sie ist Ergebnis unserer nationalen Energiepolitik. Diese Politik hat sich seit der Gründung der Saarbergwerke im Jahre 1957 grundlegend verändert. Der Bogen spannt sich von einer Kohlevorrangpolitik bis hin zur Forderung nach einem Auslaufbergbau. Zum Zeitpunkt der Gründung der Saarbergwerke im Jahre 1957 hatte bereits die Entwicklung einer Verdrängung der Steinkohle durch Erdöl und Importkohle eingesetzt, die sich im späteren Verlauf durch den Energieträger Erdgas weiter verschärfte. Der Anteil der Steinkohle am Primärenergieverbrauch in Deutschland ging zurück. Was Förderung und Beschäftigung im deutschen Steinkohlebergbau anbelangt, führten die beiden Ölpreiskrisen in den siebziger Jahren noch einmal zu einem kurzfristigen Anstieg der Beschäftigung und der Förderung.

 

Diese erst gut zwanzig Jahre zurückliegenden Krisen hatten die Instabilität der Weltenergiemärkte offenbart und waren Anlass, an der Kohlenvorrangpolitik, die mittlerweile leider aufgegeben wurde, festzuhalten. Nach Auffassung der Landesregierung gibt es aber nach wie vor gute Gründe, einen heimischen Sockel an Energievorräten vorzuhalten und vor allem den dauerhaften Zugang zu diesen Energiereserven zu erhalten.

 

An dieser Stelle möchte ich betonen, der Steinkohlebergbau - und das gilt auch für andere fossile Energieträger - ist hinsichtlich Planung, Erschließung und Abbau von Kohlefeldern auf eine langfristig angelegte Energiepolitik angewiesen. Stillegelegte Bergwerke und abgeworfene Lagerstätten sind einem kurzfristigen Zugang entzogen und können, wenn überhaupt, nur mit hohem Kostenaufwand und mit langfristigen Vorlaufzeiten wieder zugänglich gemacht werden.

 

Bei der heute anstehenden Entscheidung des saarländischen Landtages ist im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung auch auf Folgendes hinzuweisen. In den letzten 25 Jahren hat sich der Weltenergiebedarf mehr als verdoppelt. Der Weltenergierat erwartet für die nächsten 25 Jahre eine weitere Verdoppelung des Bedarfs. Dabei wird die Deckung dieses Bedarfs nach wie vor und hauptsächlich durch fossile Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas erfolgen müssen. Die Energiewirtschaft ist und bleibt eine Schlüsselindustrie für Wohlstand und Beschäftigung. Dies gilt im Übrigen auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern.

 

Die Wachstumsregionen des Fernen Ostens verfügen mit Ausnahme von China und Indien kaum über eigene Energieressourcen; immer mehr Länder werden deshalb auf fremde Ressourcen angewiesen sein. Dazu eine Zahl: Heute leben bereits 50 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern, deren Energieversorgung überwiegend von Importen abhängig ist. Im Jahre 2020 werden es nach Meinung von Experten etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung sein. Diese Abhängigkeiten können wegen der Dynamik, die den Energiemärkten innewohnt, durchaus auch schon viel früher Realität werden, als wir uns das heute vorstellen.

 

Wenn das auch in revierfernen Bundesländern anders gesehen bzw. dort die Gefahr verdrängt wird, bin ich der Überzeugung, dass es leichtfertig und verantwortungslos wäre, die deutsche Steinkohle auf die marginale Restgröße eines Museumsbergbaus oder gar eines Auslaufbergbaus zurückzuführen. (Beifall bei der SPD.)

 

Ein paar Worte zum industriepolitischen Aspekt. In den nächsten 25 Jahren werden - so die Einschätzung von Experten - weltweit etwa 4.000 Milliarden Dollar in den Bau und die Ausrüstung von Bergwerken investiert werden. Das ist ein gewaltiges Marktpotential für die Bergwerkstechnologie. Wenn man diese Prognose zugrunde legt, bedeutet jede Mark an Zuschüssen in die deutsche Steinkohle von heute eine Investition in eine Zukunftstechnologie, in einen Exportmarkt von morgen. Ich habe bewusst das Wort Zukunftstechnologie gebraucht, weil natürlich allgemein das Vorurteil herrscht, dass Technologien in den Bereichen, die uns lange vertraut sind, alte Technologien seien. Dass innerhalb dieser Bereiche erhebliche technologische Sprünge zu verzeichnen sind und erhebliche technologische Verbesserungen immer wieder vor sich gehen, wird weitgehend übersehen. (Beifall bei der SPD.)

 

Bergbau und Industrie in Deutschland können die gesamte Wertschöpfungskette rund um die Kohle anbieten von Exploration, Bau, Betrieb von Bergwerken, Kraftwerks- und Kokereitechnik, Umweltschutz, Logistik, Handel mit Steinkohle bis hin zur modernen Bergbautechnik, die zusammen mit den Bergbauzulieferern im deutschen Steinkohlebergbau entwickelt und angewendet wird. Dieses weltweite Marktpotential wird auch und gerade durch eine mittelständisch geprägte Bergbauzulieferindustrie in heimische Wachstums- und Beschäftigungsimpulse umgesetzt. Grundlage für all das ist aber ein lebens- und leistungsfähiger Bergbau in Deutschland.

 

Das sind keine neuen Erkenntnisse. Aber diese Aspekte wurden und werden leider in einer Zeit, in der alles nur auf die Schlagzeile des nächsten Tages, vielleicht auch noch des nächsten Monats starrt, immer wieder verdrängt.

 

Was die ökologische Frage der Steinkohlenverwertung anbelangt, möchte ich auf Folgendes hinweisen. Natürlich schafft die Kohle Umweltprobleme; niemand leugnet das. Der deutsche Bergbau und seine Zulieferer sind aber Vorreiter für eine moderne und technologisch ausgereifte Verbrennungs- und Entsorgungstechnologie. Diese ausgereifte Verbrennungs- und Entsorgungstechnologie brauchen gerade die Länder, die in Zukunft in immer stärkerem Umfang Steinkohle zur Energieerzeugung einsetzen werden. Dies wird deutlich an der Dichte von Kraftwärmekoppelungen und Fernheizungsanschlüssen. Solange wir in einem überschaubaren Zeitraum nicht mit umweltverträglicheren Energiequellen wie vor allem mit erneuerbaren Energien unseren Energiebedarf vollständig decken können, so lange muss die Kohle als Energieträger auf dem höchstmöglichen Stand einer umweltverträglichen Nutzung erhalten bleiben.

 

Zur Reichweite der Energieträger nur soviel. Nach heutigem Erkenntnisstand haben Gas, Erdöl und Uranerze eine Reichweite von unter 100 Jahren, die Steinkohle nach heutigem Erkenntnisstand eine Reichweite von über 200 Jahren. Das heißt, wer über eine langfristige Energiepolitik redet, muss zumindest das Argument akzeptieren, dass die Reichweite der Steinkohle länger und damit dieser Energieträger bedeutender für die Suche nach einer alternativen Energieversorgung ist als andere Energieträger, deren Vorräte früher auslaufen.

Die Hoffnung und Erwartung, dass wir in überschaubarer Zeit nur mit erneuerbaren Energien wie etwa Sonne, Wind und Wasser auskommen könnten, kann vom derzeitigen Stand der Technologie und vom heutigen Stand der Wissenschaft noch nicht erfüllt werden. Natürlich kann niemand voraussehen, was in einigen Jahren oder Jahrzehnten an technologischen Durchbrüchen geschehen kann.

 

Ich komme zurück auf den Einsatz der Steinkohle bei der Energieversorgung in den zurückliegenden Jahren. In dem so genannten Jahrhundertvertrag aus dem Jahre 1980 wurde die fehlende Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Steinkohle infolge ungünstiger geologischer Abbaubedingungen bei der Verstromung mit dem so genannten Kohlepfennig durch den Verbraucher ausgeglichen; bei der Verhüttung wurde der Preisnachteil größtenteils durch die öffentliche Hand ausgeglichen. Ungeachtet dieser Form der Ausgleichsfinanzierungen schritt der Anpassungsprozess in Form von Förderrücknahmen, Grubenschließungen und Personalabbau immer weiter fort. Ich erinnere an die vom Bund eingesetzte Mikat-Kommission und die Kohlerunde 1991, die eine Konzentration auf drei Förderstandorte und damit die Schaffung der beiden Verbundbergwerke an der Saar erforderten. Einen weiteren Einschnitt brachte das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das zum Auslaufen des Kohlepfennigs im Jahre 1995 führte. Die Verstromung der Steinkohle wurde auf der Grundlage des so genannten Artikelgesetzes aus dem Jahre 1996 aus Haushaltsmitteln finanziert.

 

Ohne auf die ständigen Infragestellungen der zugesagten Hilfen und Zuwendungsbescheide nochmals einzugehen, möchte ich an dieser Stelle lediglich feststellen, dass bereits vor dem Auslaufen dieser bis zum Jahre 2000 zugesagten Verstromungshilfen mit den kohlepolitischen Beschlüssen im März des vergangenen Jahres im Ergebnis eine abermalige Reduzierung der Steinkohlenhilfe beschlossen wurde. Meine Damen und Herren, ich habe das auch im Gespräch mit dem Bundeskanzler zum Ausdruck gebracht, und er konnte dieses Argument nicht widerlegen. Es ist dann bitter, wenn man praktisch eine neue Schachtanlage in Betrieb nimmt und weiß, dass diese Investition mehr oder weniger in den Sand gesetzt war. Ich weiß um die internen Kostenkalkulationen. Aber das zeigt doch, dass eine langfristige Energiepolitik notwendig ist. (Beifall bei der SPD.)

 

Die Beschlüsse vom 13. März 1997 waren sicherlich nicht das Wunschergebnis der Beteiligten. Wichtig ist aber, für unsere Bergleute an Ruhr und Saar konnte das Schlimmste verhindert werden. Bergbauunternehmen und IGBE haben versichert, dass es zu keinen Massenentlassungen und betriebsbedingten Kündigungen im Verlauf des Anpassungsprozesses kommen wird. Kohleabsatz, Förderrücknahmen und damit einhergehende Personalanpassungen erfolgen in unternehmerischer Verantwortung des Bergbaus. Dass den Revieren eine Perspektive für einen überlebensfähigen Bergbau überhaupt erhalten blieb, ist zu einem großen Teil das Verdienst vor allem der Bergleute, aber auch der Bevölkerung in den Revieren insgesamt, der Gewerkschaften, der Kirchen, der Wirtschaftsverbände, der Kammern sowie der Vertreter von Städten und Gemeinden, die mit zahlreichen Aktionen und Solidaritätsbekundungen auf die Folgen in den Bergbauregionen aufmerksam gemacht haben. (Beifall bei der SPD.)

 

Die Bergleute haben mit friedlichen Demonstrationen und ihrem besonnenen Verhalten eine arbeitsmarktpolitische Katastrophe in den Revieren abgewendet. Der Kampf unserer Bergleute hat sich also gelohnt. (Beifall bei der SPD.)

 

Nach den Berechnungen der Bergbauunternehmen und der IGBE bedeutet dieser Anpassungsprozess in konkrete Zahlen gefasst Folgendes. Von derzeit 49 Millionen Tonnen im Jahr muss die Förderung auf etwa 30 Millionen Tonnen im Jahr 2005 zurückgenommen werden. Von den 18 in Betrieb befindlichen Bergbaubetrieben bleiben im Jahr 2005 noch zehn oder elf Bergbaubetriebe, davon zwei Standorte an der Saar, erhalten. Die Zahl der Mitarbeiter, die unmittelbar im Bergbau beschäftigt sind, wird sich von derzeit 90.000 auf unter 40.000 verringern. Mit diesem Arbeitsplatzabbau von rund 50.000 geht ein zusätzlicher Abbau von mindestens weiteren 50.000 Arbeitsplätzen in der Mantelwirtschaft einher. Die Folgen dieser kohlepolitischen Entscheidungen stellen daher abermals einen schmerzlichen Einschnitt für die betroffenen Menschen in den Bergbauregionen dar.

 

Für den Saarbergbau bedeuten die kohlepolitischen Beschlüsse vom März vergangenen Jahres und die damit verbundene Rückführung der Förderung die Schließung des Bergwerkes Göttelborn / Reden zum Ende des Jahres 2000. Das durch die Reduzierung der Fördermengen notwendig werdende Abrücken von dem bisherigen Dreistandortekonzept mit der Schließung der Grube Göttelborn / Reden ist nur das direkt nach außen sichtbare Ergebnis der Kohlebeschlüsse. Die Auswirkungen auf die Wirtschaftsstruktur und die Wirtschaftskraft des Landes gehen weiter. Die Schließung des Bergwerkes Göttelborn / Reden betrifft nicht nur die Bergleute, die heute noch bzw. bis zum Jahr 2000 in diese Grube einfahren, oder die unmittelbar im Umfeld der Grube liegenden Gemeinden und die dort ansässigen Betriebe. Der Arbeitsplatzabbau wird beinahe gleichmäßig die gesamte Bergbaubelegschaft treffen. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen werden Auswirkungen für das gesamte Saarland haben.

 

Die Kohlebeschlüsse haben für den Saarbergbau zur direkten Folge, dass bis zum Jahr 2005 etwa 6.000 Bergbauarbeitsplätze verloren gehen. Zwar wird es im Verlauf des Anpassungsprozesses zu keinen Massenentlassungen oder betriebsbedingten Kündigungen kommen, jedoch bedeutet dieser Einschnitt für die Saarwirtschaft den Verlust von 6.000 Arbeitsplätzen mit der Folge entsprechender Wertschöpfungsverluste sowie den zumindest teilweisen Ausfall von Kaufkraft durch negative Einkommenseffekte der betroffenen Arbeitnehmer und wirtschaftlich verbundenen Unternehmen.

 

Bei Saarberg werden in den kommenden Jahren also 1.000 Arbeitsplätze pro Jahr abgebaut werden. Was 1.000 Arbeitsplätze pro Jahr bedeuten, kann man sich vor Augen führen, wenn man heute in der Zeitung liest, wie stolz etwa ein Automobilzulieferer ist, dass er 330 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen hat. Das ist ein sehr stolzes Ergebnis, aber dem steht die dargestellte Entwicklung entgegen. Neben diesen rund 1.000 Arbeitsplätzen also, die pro Jahr bei Saarberg in den kommenden Jahren abgebaut werden, müssen wir mindestens mit einem Arbeitsplatzabbau in gleicher Größenordnung in mit dem Bergbau verbundenen Wirtschaftszweigen, der Zulieferer oder der von der Kaufkraft der saarbergbeschäftigten profitierenden Unternehmen wie beispielsweise unserem Einzelhandel rechnen. Ein Großteil der Arbeitsplatzverluste in den dem Bergbau verbundenen Wirtschaftszweigen wird dabei auf mittelständische Industrie- und Dienstleistungsunternehmen entfallen.

 

Im Ergebnis werden der Saarwirtschaft in den kommenden Jahren mehr als 12.000 Arbeitsplätze und erhebliche Wertschöpfungspotentiale aus der Wirtschaftskraft von Saarberg und den daraus generierten Einkommen verloren gehen. Um die Größenordnung einmal mit Zahlen zu verdeutlichen: Die Saarbergwerke AG steht mit rund 1.700 Unternehmen an der Saar in Geschäftsverbindung und vergibt jährlich Aufträge von 800 Millionen DM. Die Kaufkraft der im Bergbau und in seinem Umfeld erzielten Einkommen wird auf mehr als zwei Milliarden DM veranschlagt. Wenn Sie sich den Inhalt und die Bedeutung der genannten Zahlen vergegenwärtigen, so wird schnell deutlich, dass trotz des bereits in der Vergangenheit erfolgten Rückgangs des Strukturgewichtes des Montansektors in der Saarwirtschaft der Bergbau ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region bleibt und dass wir an der Saar auch in Zukunft für einen lebensfähigen Bergbau kämpfen müssen. Dies werden wir tun.

 

Deshalb hat für uns bei den Verhandlungen über die Abgabe unseres 26-prozentigen Anteils stets im Vordergrund gestanden, dass die saarländischen Interessen gewahrt bleiben und wir akzeptable Bedingungen für unsere Beschäftigten erreichen. Für das Land standen aus wirtschafts- und strukturpolitischer Sicht daher zwei Punkte im Vordergrund. Für die Laufzeit der kohlepolitischen Vereinbarungen werden die saarländischen Förderstandorte Ensdorf und Verbundbergwerk West mit einer jährlichen Kapazität von fünf Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten weitergeführt werden. Die RAG verpflichtet sich, Personalmaßnahmen ohne betriebsbedingte Kündigungen zu gestalten. Die RAG wird mit den zum Saarbergbau gehörenden Teilen der DSK eine leistungsfähige Regionalorganisation Saar aufbauen und diese im Rahmen der DSK von Saarbrücken aus verwalten.

 

Was die Zeit nach 2005 anbelangt, so wird die Landesregierung alles unternehmen, um so früh wie möglich die Steinkohlehilfen auf möglichst hohem Niveau zu fixieren. Die Weigerung der Bundesregierung, ein langfristig tragfähiges energie- und kohlepolitisches Konzept, das von allen Beteiligten getragen werden kann, zu erstellen, hat dazu geführt, dass die RAG in den Verhandlungen mit dem Land nur für den von der Bundespolitik vorgegebenen Zeitraum bis 2005 zu verbindlichen Aussagen über Abbaukapazitäten und den Erhalt der Grubenstandorte bereit war. Fairerweise konnte man von diesem privatwirtschaftlich geführten Unternehmen auch nichts anderes erwarten.

 

Die RAG bringt ihre in der RAG Umwelt gebündelten Aktivitäten in Saarberg (neu) ein. Dadurch erhält Saarberg (neu) eine besondere Aufgabenstellung innerhalb des RAG-Konzerns. Saarberg (neu) bleibt im Rahmen des RAG-Konzerns als eigenständiger Teilkonzern mit Sitz in Saarbrücken nicht nur erhalten, sondern wird gestärkt und ausgebaut. Das Unternehmen will als Kerngeschäft die Energiewirtschaft, Kraftwerke, Fernwärme, Ferngas und die Umwelttechnik weiterentwickeln, aber auch Handel und Dienstleistungen einschließlich SaarTech sowie SaarGummi gehören weiterhin zum Geschäftsbereich von Saarberg (neu). Der neue Saarberg-Teilkonzern wird nach der Umstrukturierung in den Sparten Energie, Umwelt, Handel, Dienstleistungen, Gummi und technische Überwachungen insgesamt 18 Firmen umfassen. Dabei stoßen zu den bisher schon vorhandenen Firmen die Ruhrkohle Umwelt und der Mineralölhandel des Essener Konzerns dazu. Der Kohlehandel von Saarberg geht an die Ruhr.

 

Darüber hinaus wurden als wesentliche Interessen des Landes mit strukturpolitischer Bedeutung folgende Punkte vereinbart.

 

Berücksichtigung der Interessen der saarländischen Bergbauzulieferer. Durch das in internationalem Maßstab größere Gewicht sowie die Finanzkraft der RAG wird saarländischen Bergbauzulieferern Zugang zu neuen Auslandsmärkten ermöglicht. Die RAG und das Land haben in der bilateralen Vereinbarung festgelegt, dass die Interessen der saarländischen Bergbauzulieferer in Zukunft gewahrt bleiben. Dass diese Interessenwahrung sich an den Wettbewerbsbedingungen orientieren muss, ist in unserer Wirtschaftsordnung eine Selbstverständlichkeit. Wir werden auch in Zukunft die Chancengleichheit der saarländischen Bergbauzulieferer im Auge behalten.

 

Die Erhaltung der bisherigen Ausbildungskapazitäten von Saarberg mit rund 150 Neueinstellungen pro Jahr im Bergbau und die Nutzung der zusätzlich vorhandenen Kapazitäten für Verbundprojekte zugunsten kleiner und mittlerer Betriebe. Dies ist angesichts der schwierigen Ausbildungssituation sowie der anerkannt hohen Qualität der Saarberg-Ausbildung von landespolitischer Bedeutung.

 

Die Erhaltung des Kokereistandortes Fürstenhausen, soweit dies aus abbautechnischen und wirtschaftlichen Gründen vertretbar ist, ist ein weiterer Punkt der Vereinbarung. Dadurch werden 350 Arbeitsplätze an diesem Standort erhalten.

 

Ich nenne weitere Punkte: Schließung des Verbundbergwerkes Ost nicht vor Ende 2000, Erhalt eines möglichst großen Teils der Saarberg-Hauptverwaltung in Saarbrücken, Sicherstellung, dass die betrieblich nicht mehr genutzten Saarberg-Grundstücke einer neuen gewerblichen Nutzung zugeführt werden, Unterrichtungspflichten der RAG bezüglich wesentlicher Vorgänge bei der Deutschen Steinkohle AG und Saarberg (neu), Berücksichtigung von Interessen des Landes bei der Besetzung von Organen der Saarberg (neu).

 

Meine Damen und Herren, bisher ist es gelungen, den Strukturwandel an der Saar sozialverträglich und ohne ökonomische Brüche zu gestalten. Durch die kohlepolitischen Beschlüsse vom März vergangenen Jahres und die daraus resultierenden gravierenden Beschäftigungs- und Wertschöpfungsverluste für die Saarwirtschaft wird sich das Tempo des Strukturwandels erheblich verschärfen. Die tiefgehenden Einschnitte machen eine Fortführung der positiven Strukturentwicklung im Saarland schwieriger und erhöhen die Gefahr bruchartiger Entwicklungen.

 

Mit dem Saar-Memorandum bzw. der im Landtag verabschiedeten Projektliste, die im Wesentlichen identisch ist mit der Projektliste des Saar-Memorandums, haben die Regierung, der Landtag und die in der Saar-Gemeinschaftsinitiative vertretenen Kräfte des Landes Hilfen aus Bonn zur regionalpolitischen Flankierung des Strukturwandels gefordert. Die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit der Reduzierung der Mittel für den deutschen Steinkohlebergbau wiederholt erklärt, dadurch freiwerdende Mittel für die Umstrukturierung der Steinkohleregionen bereitzustellen. Das führte auch häufig zu Diskussionen hier im Landtag. Bislang hat sich der Bund aufgrund seiner finanziellen Enge seiner strukturpolitischen Verantwortung entzogen und keine Bereitschaft signalisiert, Mittel zur Mitfinanzierung der in der Projektliste aufgeführten strukturverbessernden Maßnahmen zur Schaffung einer ausreichenden Zahl von Ersatzarbeitsplätzen bereitzustellen. Im Gegenteil, der Bund verhält sich eher kontraproduktiv und schränkt die Möglichkeiten zur aktiven Gestaltung des Strukturwandels weiter ein. Die vom Bund vorgenommene Kürzung der Barmittel bei der Gemeinschaftsaufgabe Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur für die westlichen Länder um mehr als 40 Prozent, nämlich von 350 Millionen auf nur noch 200 Millionen, ist ein schwerwiegender Eingriff, der den Ländern dringend notwendigen Spielraum für die Wirtschaftsförderung nimmt.

 

Der Finanzplan sieht auch in den Folgejahren keine wesentliche Steigerung vor. Durch diese Absicht des Bundes wird die Gemeinschaftsaufgabe als zentrales Handlungsinstrument für die Unterstützung des wirtschaftlichen Strukturwandels dauerhaft beschädigt. Diese Mittelkürzung des Bundes ist kontraproduktiv für die Bemühungen der Revierländer um einen geordneten Strukturwandel. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Revierländer durch politisch motivierte Entscheidungen des Bundes mit gravierenden Arbeitsplatzverlusten im Bergbau und in der Saarwirtschaft fertig werden müssen und dass gleichzeitig bestehende Förderinstrumente für den Strukturwandel drastisch gekürzt werden. (Beifall bei der SPD.)

 

Unabhängig von den geforderten Hilfen aus Bonn werden wir unsere strukturpolitische Strategie zum weiteren Strukturwandel an der Saar fortführen und intensivieren. Unabhängig von der konkreten Unterstützung durch die Bundesregierung werden wir struktur- und standortpolitisch weiterarbeiten. Zu den Kernbereichen unserer Zukunftsstrategie, die sich auch im Haushalt für 1998 widerspiegelt, gehören die Bereiche Bildung und Wissenschaft, Wirtschaftsförderung, insbesondere in den Bereichen Innovation und Technologie, sowie Qualifizierung und Verkehrsinfrastruktur. Auch ohne finanzielle Hilfen aus Bonn werden wir Einzelschritte in der Strukturpolitik umsetzen, um die Wirtschaftskraft des Landes zu stärken. Darüber hinaus werden wir weiter aktiv sein in Fragen der Standortpolitik.

 

Wie im Rahmen der Beschlussfassung des Saar-Memorandums von der Saar-Gemeinschaftsinitiative vereinbart, hat die Arbeitsgruppe Standortfragen der SGI ihre Arbeit aufgenommen und beschäftigt sich mit Standortfaktoren, die für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Beschäftigungssicherung im Saarland von Bedeutung sind, soweit sie nicht schon im Saar-Memorandum thematisiert wurden. Neben den der Saarwirtschaft insgesamt zugute kommenden wirtschaftskraft-, struktur- und standortverbessernden Maßnahmen zur Abfederung der Folgen der Kohlebeschlüsse, soll den von der Grubenschließung zum 31.12.2000 unmittelbar betroffenen Gebieten geholfen werden. Dazu werden wir gemeinsam mit den örtlichen Akteuren ein Aktionsprogramm Bergbaugemeinden auf den Weg bringen, dessen Ziel es ist, Handlungskonzepte für die Umnutzung der Grubengelände sowie zur Kompensation negativer lokaler Auswirkungen, etwa durch Kaufkraftverluste, zu erarbeiten und umzusetzen.

 

Vorrangiges Ziel ist nunmehr, dass der von der Bundesregierung politisch verordnete Anpassungsprozess im Bergbau in den Revierländern steuerbar bleibt. Zu der Kritik, die Landesregierung habe es versäumt, im Vorfeld der kohlepolitischen Beschlüsse des Vorjahres auch Bundesmittel für die Strukturanpassung zu fordern, darf ich Folgendes in Erinnerung rufen. Der Gesamtverband des deutschen Steinkohlebergbaus und die IGBE hatten bereits im Frühjahr 1996 ein Rechenmodell vorgelegt, das bruchartige Veränderungen in den Revierländern verhindern sollte. Dieses Modell wurde vom Bundeskanzler ohne eine direkte Beteiligung der Revierländer verhandelt. In Verhandlungsrunden Ende Oktober 1996 und Mitte Februar 1997 mit dem Gesamtverband des deutschen Steinkohlebergbaus und der IGBE legte sich die Bundesregierung noch nicht auf einen Finanzrahmen fest. Erst Anfang März hat die Bundesregierung einen Vorschlag zur künftigen Subventionierung und Anpassung vorgelegt. Dieser Vorschlag war letztlich Auslöser der Kohledemonstrationen, die zu einer Aufbesserung der Finanzzusagen des Bundes geführt haben. Die Revierländer wurden seitens des Bundes lediglich in der Endphase der Verhandlungen im März 1997 hinzugezogen. Im Vorfeld des Kohlekompromisses hatte der Bundesminister für Wirtschaft angekündigt, dass die infolge der Degression freiwerdenden Bundesmittel für weitere Umstrukturierungen der Reviere umgeleitet würden. (Abg. Klimmt (SPD): Hört, hört!)

 

Unmittelbar im Anschluss an den Kompromiss hat er dagegen erklärt, dass sich der Bund auf die bestehenden Programme und Mittel beschränken muss. Aber es kam noch schlimmer. Auf die drastische Mittelkürzung des Bundes in der Regionalförderung habe ich hingewiesen. Geschäftsgrundlage der kohlepolitischen Einigung vom 13. März war neben der Schaffung von Rechts- und Planungssicherheit für die Bergbauunternehmen und deren Arbeitnehmer der langfristige Erhalt eines lebensfähigen Bergbaus. Das zwischenzeitlich verabschiedete Gesetz zur Neuordnung der Steinkohlesubventionen wird diesem Ziel nicht in vollem Umfang gerecht. Dieses Gesetz führte mit seiner Verabschiedung im vergangenen Jahr zur Aufhebung des Artikelgesetzes aus dem Jahre 1994, mit dem die Verstromungshilfen bis zum Jahre 2000 festgelegt waren. Für den Anschlusszeitraum enthielt das Artikelgesetz die Bestimmung, die Finanzplafonds für die Jahre 2001 bis 2005, sowie die Notwendigkeit, die etwaige Höhe eines festzuschreibenden Sockelbetrages ab 2006, werden gemeinsam in einem Gesetz geregelt. Die gesetzliche Neuregelung sieht dagegen Plafondbeträge lediglich bis zum Jahr 2005 vor. Für den Zeitraum nach dem Jahre 2005 sagt das Gesetz weder zur Notwendigkeit noch zur Höhe eines festzuschreibenden Sockelbetrages irgendetwas aus. Damit fehlt eine langfristige, über das Jahr 2005 hinausreichende Einbindung der Steinkohle in einen energiepolitischen Zusammenhang.

 

Auch hier wieder der Hinweis: Wenn es größere Investitionen innerhalb eines Kohleunternehmens gäbe, die jetzt notwendig wären, würden sie vielleicht in einigen Jahren abgeschlossen sein, und wenn dann eben die ganze Planung wieder grundlegend verändert wird, können sich diese Investitionen wiederum als Fehler erweisen. Das ist die Problematik, vor der wir nach wie vor stehen.

 

Neben der Grundfinanzierung erklärte sich der Bund im Rahmen der kohlepolitischen Beschlüsse bereit, als zusätzliche Hilfen in den Jahren 1998 bis 2005 Verpflichtungsermächtigungen von jeweils 200 Millionen DM einzuräumen, die an die Übernahme des Landesanteils an den Saarbergwerken durch die Ruhrkohle AG gebunden sind. Darüber hinaus sind für den Zeitraum 1998 bis 2000 Verpflichtungsermächtigungen von jeweils 300 Millionen DM zugesagt, die an die Übernahme des Bundesanteils an Saarberg durch die Ruhrkohle AG geknüpft sind. Die Auflagen des Bundes erzwingen eine Zusammenführung der Bergbauunternehmen von Saarberg und der Ruhrkohle. Die Bergbaubereiche der beiden Unternehmen sollen dabei künftig in einer deutschen Steinkohle AG zusammengefasst werden.

 

Neben dieser Zusammenführung der Kohleaktivitäten hat der Zusammenschluss selbstverständlich auch Auswirkungen auf den Beteiligungsbereich beider Unternehmen. Die Neuorientierung des deutschen Steinkohlebergbaus hat eine Reihe von Fragen ausgelöst, deren Regelung in einer Rahmenvereinbarung mit den Beteiligten Bund, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Ruhrkohle AG sowie bezüglich der Sonderinteressen des Saarlandes in einer bilateralen Vereinbarung zwischen dem Land und der Ruhrkohle AG erfolgen wird. Bei den Verhandlungen bezüglich dieser Vereinbarungen verfolgte die Landesregierung das Ziel, die eben bereits ausgeführten Interessen des Landes möglichst verbindlich abzusichern. Die Ruhrkohle AG erkannte in den Verhandlungen die Interessen des Landes an, wies aber darauf hin, dass ihr Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt werden müsse, was es ausschließe, über einen längeren Zeitraum bestimmte Strukturen ohne Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit verbindlich festzuschreiben.

 

Trotz dieser schwierigen Ausgangslage gelang es, alle wesentlichen Positionen des Landes entweder in der Rahmenvereinbarung oder in der bilateralen Vereinbarung in einer für beide Seiten akzeptablen Art und Weise zu regeln. (Zuruf: Prinzip Hoffnung!)

 

Zu dem symbolischen Kaufpreis von jeweils einer Mark für den Bund und das Saarland ist aus Sicht des Anteilseigners und Subventionsgebers Saarland darauf hinzuweisen, dass mit der Abgabe der Landesbeteiligung eine Bundeshilfe und somit eine Freistellung des Landes von Leistungen an den saarländischen Bergbau in den Jahren 1998 bis 2005 von zusammen 1,6 Milliarden DM verbunden ist.

 

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Wort zu den Hilfeleistungen des Saarlandes sagen, die immer wieder außer Acht gelassen werden. Das Saarland unterstützt auch zukünftig den Saarbergbau mit Landesmitteln. Zum einen handelt es sich dabei um die Finanzierung der Anpassungsgelder für die Vorruhestandsregelung im Steinkohlenbergbau. Der entsprechende Drittelanteil des Landes beträgt im Planungszeitraum der Saarbergwerke bis zum Jahr 2002 zwischen 16 und 18 Millionen DM pro Jahr. Daneben wird das Saarland für die zugesagte Restfinanzierung der Anpassungslasten aus der Kohlerunde 1991 im Zeitraum 1998 bis 2001 Haushaltsmittel von über 42 Millionen DM pro Jahr verausgaben. Im laufenden Haushaltsjahr wird das Land für die Restzahlung des ausgelaufenen Kokskohleplafonds und der Erblasten zusammen rund 35 Millionen DM zahlen. Bei dieser Gelegenheit ist es wohl richtig, daran zu erinnern, dass das Saarland seit Gründung der Saarbergwerke im Jahr 1957 bis einschließlich des laufenden Haushaltsjahres als Anteilseigner und Subventionsgeber direkte Landeshilfen von 1,4 Milliarden DM aufgewendet hat. Die vom Bundesverfassungsgericht anerkannte Haushaltsnotlage ist zu einem Teil auf diese Hilfen zurückzuführen.

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass aufgrund der vorgesehenen Regelungen - Rahmenvereinbarung und bilaterale Vereinbarung zwischen Saarland und Ruhrkohle AG - die Interessen des Saarlandes bei der Übertragung des 26-prozentigen Landesanteils an der Saarbergwerke AG auf die Ruhrkohle AG in einer angemessenen Weise berücksichtigt werden. Der symbolische Kaufpreis von einer Mark kann insbesondere unter Berücksichtigung der geplanten Bundeshilfen von 1,6 Milliarden DM akzeptiert werden. Die Landesregierung hat in den Verhandlungen mit der Ruhrkohle AG die Überzeugung gewonnen, dass die Absprachen im Geist einer fairen Partnerschaft eingehalten wurden und dass die Kompetenzen und das Know-how der Ruhrkohle AG zu einer positiven Weiterentwicklung der Saarbergwerke beitragen können.

 

Meine Damen und Herren, die Abgabe des Landesanteils von 26 Prozent entspricht nicht der politischen Zielsetzung der Landesregierung. Es ist bekannt, dass wir bei strukturrelevanten Betrieben des Landes immer Wert darauf gelegt haben, ein Mitbestimmungsrecht unseres Landes zu erhalten. Das haben wir bei der Stahlindustrie zum Wohl der Hüttenwerke an der Saar so gehandhabt; das wollten wir auch bei den Saarbergwerken tun. Aber die Auflage des Bundes, verbunden mit einer Finanzhilfe von 1,6 Milliarden DM, musste für uns dazu führen, die Entscheidung zu revidieren. Wir machen das angesichts der Geschichte, die ich vorhin dargestellt habe und die etwas mehr bedeutet als nur das Aufzählen wirtschaftlicher Tatsachen, nicht gern.

 

Die Landesregierung hat die Verhandlungen in engster Abstimmung mit der IGBCE und dem Gesamtbetriebsrat als Vertretung der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geführt. IGBCE, Gesamtbetriebsrat und alle Betriebsräte der Saarbergwerke AG haben sich gegenüber der Landesregierung mit den Vereinbarungen einverstanden erklärt. Gegen ihren Willen hätten wir eine solche Entscheidung nicht getroffen. Ich möchte an dieser Stelle den Saarbergleuten, den Betriebsräten, der Gewerkschaft und den Vorständen für die Zusammenarbeit danken. Wir waren in einer schwierigen Situation und haben versucht, sie gemeinsam zu meistern. Wir haben wahrscheinlich das herausgeholt, was herauszuholen war, und sind alle aufgerufen, in Zukunft dafür einzutreten und uns den politischen Einfluss zu sichern, dass es nicht zu einem Auslaufbergbau kommt, sondern dass es an der Saar mit dem Bergbau weitergeht. (Beifall bei der SPD.)

 

Auf dieser Grundlage, meine Damen und Herren, bittet die Landesregierung in Übereinstimmung mit den Betriebsräten, der Gewerkschaft und dem Unternehmen den Landtag des Saarlandes um haushaltsrechtliche Einwilligung zur Übertragung der Landesbeteiligung an der Saarbergwerke AG. (Beifall bei der SPD.)

 

Präsident Kasper:

 

Zur Begründung des Antrages der CDU-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Albrecht Feibel das Wort.

 

Abg. Feibel (CDU):

 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist sicher nicht übertrieben, heute von einem historischen Tag für das Unternehmen Saarberg und seine Beschäftigten zu sprechen. Der saarländische Landtag wird heute vor eine Entscheidung gestellt, die zu den bedeutendsten Weichenstellungen für die Zukunft des größten Unternehmens an der Saar gehört. Es gilt deshalb die Vereinbarungen, die für die mittelfristige Zukunft des Unternehmens zu treffen sind, sehr sorgfältig zu prüfen und abzuwägen und die bestmöglichen Formulierungen für die Verträge, die zwischen Saarberg und der Ruhrkohle AG zu schließen sind, zu unterzeichnen.

 

Es ist unbestritten, dass die Saarbergwerke und insbesondere die dort Beschäftigten für den Aufbau unseres Landes in den vergangenen Jahrzehnten einen außerordentlich wichtigen Beitrag geleistet haben. (Beifall bei der CDU.)

 

Denken wir nur an die Aufbaujahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis weit in die fünfziger Jahre hinein beschäftigte das Unternehmen über 60.000 Menschen, gab diesen Arbeit und Brot und versorgte nicht nur unser Land, sondern auch die Menschen in anderen Teilen Deutschlands mit wichtiger Energie. Der technische Fortschritt und die Umorientierung in der Energiepolitik zwangen zu ersten großen Schritten beim Personalabbau. Zwischen 1960 und 1970 reduzierte sich die Beschäftigtenzahl von annähernd 50.000 auf 27.000 Mitarbeiter. Diese gewaltige Reduzierung konnte nur durch die kluge Ansiedlungspolitik der damaligen Regierungen, die - das darf ich sagen - im Wesentlichen von CDU und FDP gebildet wurden, einigermaßen verträglich gestaltet werden. Das war eine beachtliche, eine großartige Leistung. (Beifall bei der CDU. - Vizepräsident Meyer übernimmt den Vorsitz.)

 

Viele Menschen, insbesondere jüngere Arbeitnehmer, fanden zu Tausenden eine neue Beschäftigung in der Automobilindustrie. Diese ist mit ihren zahlreichen Zulieferunternehmen heute eine der stärksten Branchen im Saarland.

 

Von 1970 bis 1990 - also in zwanzig weiteren Jahren - erfolgte bei Saarberg eine Personalanpassung von 27.000 auf etwa 23.000. Heute sei auch daran erinnert, dass es auch in anderen Branchen gewaltige Umstrukturierungen mit erheblichem Arbeitsplatzabbau gab. Ich erinnere insbesondere an unsere Bauwirtschaft, die nach dem Zweiten Weltkrieg ebenfalls bedeutende Aufbauleistungen vollbrachte. In der Bauwirtschaft waren es meist kleine Unternehmen, die ihre Beschäftigten entließen oder ganz schließen mussten. Kleine sterben leise, heißt ein bekannter Spruch. Dies traf insbesondere in der Bauwirtschaft zu.

 

Wirtschaft, meine Damen und Herren, ist ein dynamischer Prozess. Der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt sagte einmal: Gerade wer das Bewahrenswerte bewahren will, muss verändern, was der Erneuerung bedarf. Diese Erkenntnis gilt sicher für viele Bereiche, besonders aber für die Wirtschaft, die heute einem harten globalen Wettbewerb ausgesetzt ist. Die finanziellen Aufwendungen, die Förderprogramme und Subventionen müssen deshalb heute mehr noch als in der Vergangenheit neuen Industrien, neuen Unternehmen und neuen Produkten gelten, weil so auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Nur so wird es uns gelingen, Arbeitsplätze auch für unsere Kinder und Enkel anzubieten.

 

Die CDU-Fraktion hat in der Vergangenheit wiederholt für eine Entstaatlichung der Saarbergwerke plädiert. Wir sind davon überzeugt, dass ein privates Unternehmen die zukünftigen Strukturanpassungen besser bewältigen kann. Die CDU-Fraktion wird deshalb der Veräußerung des 26-prozentigen Landesanteils an die Ruhrkohle AG zustimmen. Für diese Übertragung sind Verträge und Vereinbarungen ausgearbeitet und u.a. zweimal im zuständigen Landtagsausschuss beraten worden. Dies geschah zum Teil gemeinsam mit der Unternehmensleitung und der Arbeitnehmervertretung.

 

Im Gegensatz zur Meinung der Landesregierung ist die CDU-Fraktion der Auffassung, dass es zur Wahrung berechtigter saarländischer Interessen dringenden Nachbesserungsbedarf gibt. Das betrifft die Sicherung saarländischer Standorte genauso wie die Wahrung der Interessen der Arbeitnehmer und der Bergbauzulieferer.

 

Herr Ministerpräsident, Sie haben zu Recht gesagt, dass Saarberg weiterhin ein wichtiger Wirtschaftsfaktor an der Saar bleiben wird und dass es die Absicht der Landesregierung ist, die saarländischen Interessen nachhaltig zu vertreten. Deshalb meinen wir, dass Nachbesserungen vor Vertragsabschluss und Vertragsvollzug dringend notwendig sind. Deshalb müssen jetzt Veränderungen vorgenommen werden. Ich will im Einzelnen vier Punkte ansprechen.

Erstens die Wahrung der Interessen der Bergbauzulieferer. Herr Ministerpräsident, hier reicht es uns nicht, dass Sie sagen, wir werden dies im Auge behalten. Wir meinen, es muss entsprechend vertraglich vereinbart werden. Der Text der vorgesehenen Vereinbarung lautet: "Die Interessen der saarländischen Bergbauzulieferer werden, soweit wettbewerbsrechtlich zulässig, gewahrt. Diese Unternehmen werden bei entsprechenden Angeboten berücksichtigt." Was sind entsprechende Angebote? Wie werden die Angebotsabgaben, die Angebotsprüfungen und die Auftragsvergaben gehandhabt? Die saarländischen selbständigen Bergbauzulieferer stehen bereits im harten Wettbewerb mit den Zulieferunternehmen an der Ruhr. Diese Unternehmen an der Ruhr sind zum Teil Töchter der Ruhrkohle AG. Auch bei gleicher Qualität und günstigen Preisen war es schon bisher für die saarländischen Bergbauzulieferer außerordentlich schwierig, gegen diesen Wettbewerb zu bestehen. Die saarländischen Zulieferunternehmen werden in der Zukunft ihre größeren Absatzmärkte im Ausland finden. Sie brauchen aber Referenzobjekte, die ihnen die Chancen im internationalen Wettbewerb sichern. Ohne diese Referenzen sinken auch die Chancen, auf internationalen Märkten Produkte absetzen zu können.

 

Auch hier haben Sie, Herr Ministerpräsident, sehr ausführlich die moderne Technologie und die Chancen auf dem Weltmarkt unterstrichen. Gerade deshalb fordern wir dringend Nachbesserung. Natürlich respektieren wir den Wettbewerb zwischen Saarländern und den Zulieferern an der Ruhr. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Die CDU-Fraktion will sichergestellt haben, dass unsere Unternehmen an fairen Ausschreibungs- und Vergabeverfahren teilnehmen können. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. (Beifall bei der CDU.)

 

Wir fordern deshalb eine klare, eindeutige Formulierung der entsprechenden Vereinbarung.

Zweitens die zusätzlichen personalpolitischen Instrumentarien. Der Text der Vereinbarung lautet - und hier geht es um sozialverträgliche Personalanpassung -: "Vorausgesetzt ist hierbei, dass alle bewährten Maßnahmen zur Verringerung der Anzahl der Mitarbeiter konsequent realisiert werden und zusätzliche personalpolitische Instrumente und Aktivitäten eingesetzt werden." Hier will die CDU-Fraktion wissen, zu wessen Lasten diese zusätzlichen Instrumente und Aktivitäten gehen. Wenn es zutrifft, dass das Saarland von solchen möglichen Kosten freigestellt wird, dann kann man dies auch ausdrücklich in die Vereinbarung hineinschreiben.

 

Drittens. Wir wollen eine eindeutige Regelung bezüglich der Berücksichtigung des Saarlandes bei der Besetzung der Organe. Im Vereinbarungstext heißt es u.a.: "Die Ruhrkohle AG verpflichtet sich, bei Organbesetzungen bei Saarberg (neu) die Interessen des Landes angemessen zu berücksichtigen." Da die Organe wichtige Entscheidungen für die Zukunft von Saarberg (neu) zu treffen haben, ist für uns eine klare Festschreibung der Modalitäten und der Anteile bei der Organbesetzung äußerst wichtig. Hier geht es nicht um die Verteilung irgendwelcher Pöstchen, sondern um die nachhaltige Wahrnehmung von Interessen für Saarberg (neu) auch am Standort Saarland.

 

Viertens. Die Gewinnabführungsvereinbarung für Saarberg (neu) birgt die große Gefahr, dass die Beteiligungsunternehmen, sprich: die Töchter von Saarberg, ihre Gewinne abführen müssen, anstatt diese für notwendige Investitionen nutzen zu können. Das rührt an die Existenz dieser Unternehmen. Die CDU fordert deshalb, Saarberg (neu) von der Gewinnabführung freizustellen.

 

Durch die Veräußerung von Saarberg an die Ruhrkohle AG wird das Saarland von finanziellen Verpflichtungen weitestgehend entbunden - mit Ausnahme der Verpflichtungen, die Sie eben, Herr Ministerpräsident, aufgezählt haben. Sie haben zugleich erwähnt, in welcher Größenordnung das Land Saarberg in der Vergangenheit mit Steuergeldern gefördert hat. Das waren 1,4 Milliarden DM Landesmittel. Wenn wir davon ausgehen, dass es in Zukunft nicht mehr notwendig ist, Saarberg in diesem Umfang finanziell zu unterstützen, dann fordern wir zugleich die Einsetzung solcher Mittel auch für die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Saarland, weil wir im Vergleich zu den anderen alten Bundesländern nach wie vor ein enormes Arbeitsplatzdefizit haben.

 

Gleichzeitig stellen wir im Saarland ein erhebliches Defizit an Selbständigen fest. Es sind derzeit etwa 6.000 kleine selbständige Unternehmen, die im Lande fehlen. Rechnet man pro Unternehmensgründung mit durchschnittlich vier neuen Arbeitsplätzen, könnten durch den Lückenschluss der Selbständigenquote rund 24.000 zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen werden.

 

Die CDU-Fraktion fordert an dieser Stelle die Landesregierung auf, mehr für die Gründung neuer Unternehmen zu tun als bisher. Die finanziellen Pflichten, die durch die Veräußerung der Saarberganteile vom Land genommen werden, sollten dringend für die Schaffung neuer Arbeitsplätze eingesetzt werden. Nur so wird es gelingen, dass wir uns mit der Arbeitslosenzahl langsam dem Durchschnitt der alten Bundesländer annähern.

 

Ich wiederhole die mehrfach erhobene Forderung der CDU-Fraktion zur Entbürokratisierung. Diese Vereinfachung, die wir einfordern, muss auch der Selbständigkeit der Gründung junger Unternehmen dienen. Ich erinnere insbesondere an eine Zusammenfassung aller Gründungsinitiativen in einem Haus der Unternehmensgründer. Wir fordern erneut eine von der Zahl neu geschaffener Arbeitsplätze abhängige Existenzgründerprämie. Konsequenterweise brauchen wir auch weitere gutgelegene und ausreichend ausgestattete Gewerbeflächen. Dabei soll selbstverständlich die Wiederverwendung von Brachflächen Vorrang haben. Aber auch das Gewerbeflächenmanagement muss weiter verbessert werden.

 

Meine Damen und Herren, irgendetwas müssen wir in unserer Bildungspolitik falsch gemacht haben. Bei uns geben Eltern wöchentlich 30 Millionen DM für Nachhilfeunterricht aus. (Abg. Braun (SPD): Was heißt: "Bei uns"?)

 

In Deutschland. Aber für die Bildungspolitik sind die Bundesländer zuständig, hier im Saarland die saarländische Landesregierung. Mindestens 30 000 junge Menschen verlassen Jahr für Jahr die Schule ohne ausreichende Grundkenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Bundesanstalt für Arbeit muss in diesem Jahr 500 Millionen DM aufwenden, um junge Menschen ausbildungsreif zu machen. Gut die Hälfte der 1,4 Millionen Langzeitarbeitslosen, die wir in Deutschland haben, verfügt nicht über eine qualifizierte Berufsausbildung. Meine Damen und Herren, an dieser Stelle - - (Zuruf.)

 

Ich möchte das deshalb sagen, weil der Kollege Tabillion hier dazwischengerufen hat. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich die Lernfähigkeit der Landesregierung in Sachen Saarberg anerkennen. Ich will das hier im Einzelnen nicht zitieren, aber vielleicht können Sie einmal nachlesen, was noch im Januar des Jahres 1995 und 1996 gesagt wurde. Vielleicht ein Zitat daraus: Eine mögliche Zusammenführung der Saarbergwerke und der Ruhrkohle AG zu einer Einheitsgesellschaft wird von der saarländischen Landesregierung abgelehnt. Willi Leonhardt sprach sich gegen das Zusammengehen der beiden Kohlekonzerne aus. Saarberg habe in seiner jetzigen Struktur die optimale Betriebsgröße. Es sei eher notwendig, zu dezentralen statt zu Mammutorganisationen zu kommen. Nach Auffassung der SPD-Landtagsfraktion muss Saarberg ein selbständiges Unternehmen bleiben. Eine Zusammenlegung mit der Ruhrkohle AG sei nicht im saarländischen Interesse - so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Rainer Tabillion. Es gibt von diesen Verlautbarungen eine ganze Reihe, aber ich will mir das schenken.

 

Einfordern will ich dagegen in diesem Zusammenhang noch einmal die dringende Neustrukturierung der Ansiedlungsakquisition. Wir brauchen einerseits Unternehmensneugründungen, es gibt andererseits aber auch die Notwendigkeit, die Ansiedlungsakquisition zu verstärken. Ohne Unternehmensansiedlungen von außen wird das Arbeitsplatzdefizit an der Saar nicht beseitigt.

 

Abschließend möchte ich noch einmal unterstreichen, dass die CDU-Fraktion der Veräußerung des 26-Prozent-Anteils zustimmt. Weil sie aber mit etlichen Vertragsvereinbarungen nicht einverstanden sein kann, bitten wir Sie - Herr Lafontaine, Sie haben das eben hier ja wiederholt erwähnt -, dass Sie sich unserer Meinung anschließen, dass diese Dinge im Interesse des Saarlandes durchgesetzt werden müssen. Deshalb bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Wenn die Vereinbarung ohne die von mir kritisierten Mängel ist, glaube ich, dass wir der Neustrukturierung von Saarberg gelassen entgegensehen können und dass wir dann diese Veränderung, die für das Land eine große Bedeutung hat, auf einen guten Weg gebracht haben. Ich darf all denen, die im Zusammenhang mit dieser Neustrukturierung Verantwortung tragen, weiterhin eine glückliche Hand wünschen und Saarberg (neu) ein herzliches Glück auf. (Beifall bei der CDU.)

 

Vizepräsident Meyer:

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Reinhard Klimmt. Für ihn ist Redezeitverlängerung beantragt, der hiermit stattgegeben wird.

 

Abg. Klimmt (SPD):

 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verkauf bzw. die Übertragung der Anteile des Landes an den Saarbergwerken an die Ruhrkohle AG ist die Konsequenz des so genannten Kohlekompromisses vom März vorigen Jahres. Das heißt, dass diese Übertragung und die Situation, in der wir uns momentan befinden, politisch durch den Bund erzwungen worden sind, der die Vereinbarungen, die wir in der Vergangenheit getroffen haben und auf die wir unsere Politik gegründet haben, immer wieder gebrochen und auch in diesem Fall aufgekündigt hat. Das muss als Begründung für die Situation und für den heutigen Vorgang ausdrücklich ausgesprochen werden. (Beifall bei der SPD.)

 

Dies ist eine Station in einem sehr, sehr langen Leidensweg, den wir und die Saarbergleute haben durchmachen müssen. Ich hoffe, dass wir jetzt durch die Beschlüsse, die wir gefasst haben, eine Basis gefunden haben, die dauerhaft trägt, und zwar auch über das Jahr 2005 hinaus. Wenn die Beschlüsse, die 1991 gefasst worden sind - ich kann mich an die Demonstrationen hier vor dem Landtag noch sehr gut erinnern -, wenn diese Beschlüsse aus der Kohlerunde 1991 gehalten hätten, dann wäre es nicht notwendig, dass wir die Anteile abgeben, dann würde genau das gelten, was 1995 gesagt worden ist. Deshalb bin ich dankbar, dass Herr Feibel auch das Datum genannt hat, als wir damals sagten, dass wir auf der Grundlage des Dreistandortemodells selbstverständlich an der Selbständigkeit von Saarberg festhalten, dass wir eine Fusion nicht wollen, sondern unsere Beteiligung halten wollten. Das ist aber durch das, was uns aufgezwungen worden ist, durch die Entscheidungen und Vorgaben des Bundes im März vorigen Jahres, obsolet geworden. Es muss hier deutlich ausgesprochen werden, wo die Ursache liegt und worin die Meinungsänderung begründet ist. (Beifall bei der SPD.)

 

Es war sogar noch Schlimmeres angedacht, und es ist den Bergleuten und ihrer Gewerkschaft zu verdanken, dass sie mit ihrem persönlichen Einsatz und mit Demonstrationen friedlicher, aber effektiver Natur Schlimmeres verhindert haben. Herr Kollege Feibel, wenn Sie jetzt in dem einen oder anderen Punkt noch einige Wünsche, die vielleicht teilweise verständlich sind, zusätzlich an die jetzige Diskussion knüpfen, dann erkenne ich das Bemühen, den Prozess positiv zu begleiten, an, aber ich hätte mir damals gewünscht, dass Ihre Unterstützung größer gewesen wäre, um bei den endgültigen Verhandlungen in Bonn mehr durchzusetzen, als dann letztendlich durchzusetzen war. (Beifall bei der SPD.)

 

Ich bedanke mich ausdrücklich auch bei der saarländischen Bevölkerung, die die Bergleute unterstützt hat und dazu beigetragen hat, dass wir zumindest eine tragbare Lösung gefunden haben und dass wir in den Verhandlungen auf dieser tragbaren Lösung zu einem Ergebnis gekommen sind, von dem wir glauben, dass man es unterzeichnen kann und dass es auch tragfähig ist für die Zukunft. Deswegen halten wir es jetzt nicht für notwendig, an dieser Stelle heute zusätzliche Nachbesserungen zu fordern, und werden aus diesem Grunde Ihren Antrag ablehnen.

 

Die Bergleute haben ihren Kampf nicht nur in ihrem eigenen Interesse geführt - das ist legitim, das hätte alleine schon als Begründung ausgereicht -, nein, sie haben dies, wie ich meine, in unser aller Interesse gemacht. Es geht dabei um wichtige Punkte. Es geht zum Beispiel um Energiesicherheit. Der Ministerpräsident hat hier ausführlich dargestellt, dass wir nicht damit rechnen können, dass die Weltmärkte auch zukünftig so funktionieren, wie sie zur Zeit funktionieren, und dass es ein großer Fehler wäre, wenn wir den Zugriff auf die Lagerstätten, auf diese einzige nationale Energiereserve - wenn man nicht auf die Atomenergie zurückgreifen will -, von unserer Seite aus aufgeben wollten. Es bleibt dabei: Die Arbeit der Bergleute ist nicht etwas, was man nur aus arbeitsmarktpolitischen Gründen betreibt, sondern sie hat einen Sinn für unsere Volkswirtschaft, sie hat einen Sinn für uns alle - damit klar ist, dass an diese Arbeit, dass an diesen Schweiß immer noch Sinn geknüpft ist und dass das nicht etwas ist, was man nur aus sozialen Gründen tut. (Beifall bei der SPD.)

 

Der Bedarf an Kohleenergie wird wachsen, wie der Energiebedarf insgesamt wächst. Und so wird auch der Bedarf an Kohletechnologie wachsen. Auch das ist vom Ministerpräsidenten angesprochen worden. Die Kohletechnologie ist keine veraltete Technologie. Wer sich öfter unter Tage bewegt - einmal reicht meines Erachtens schon -, weiß, dass in vielen Bereichen dort High-Tech eingesetzt wird und dass das, was dort an technischer Entwicklung stattgefunden hat, an der Spitze des Erfindungsgeistes der Ingenieure nicht nur bei uns, sondern überall in der Welt rangiert. Das bedeutet, dass diese Technologie für uns natürlich auch ein ökonomischer Schatz ist, mit dem wir in der Zukunft wuchern können und wuchern wollen. Man darf nicht vergessen, dass wir hier unter den schwierigsten Bedingungen abbauen. Das führt ja dazu, dass so hohe Kosten damit verbunden sind.

 

Aber gleichzeitig zeigt sich, dass in anderen Bereichen der Welt die Bedingungen etwa des Tagebaus zurückgehen. Als Beispiel möchte ich die Türkei nennen, die zur Zeit drei Viertel ihres Bedarfs an Steinkohle dadurch deckt, dass sie im Tagebau abbaut. Aber in zehn Jahren sieht das schon anders aus. Dann wird es so sein, dass zwei Drittel der Förderung unter Tage erfolgen werden. Dass heißt, all diese Länder, die zur Zeit noch sehr kostengünstig und billig Tagebau haben, werden dann auch den Untertagebergbau einführen müssen. Das bedeutet, dass wir den technologischen Vorsprung, den wir haben, dann in Exporte umsetzen können, auch in bare Münze. Es ist wichtig, dass wir aktiven Kohlebergbau weiterhin betreiben, um auf diese Weise der deutschen Wirtschaft insgesamt zu dienen, nicht nur den regionalwirtschaftlichen Interessen.

 

Das Dritte, was in diesem Zusammenhang gesagt werden muss, ist, dass wir es nicht akzeptieren, dass die ganze Debatte über Subventionen und Unterstützung ausschließlich am Beispiel des Bergbaus und am Beispiel der Kohleländer durchexerziert werden soll. Wir haben in der Bundesrepublik eine Gesamtsumme, wenn man alle Abschreibungsmöglichkeiten mit einbezieht, in einer Größenordnung von etwa 300 Milliarden Mark. Dann zu sagen, von den dato noch 10 Milliarden und später weit abgesenkten Milliarden für den Steinkohlebergbau würde die Sanierung der öffentlichen Haushalte abhängen, ist aberwitzig. Wer von der Steinkohle redet, der muss auch davon reden, was ausgegeben wird für die Landwirtschaft, was ausgegeben wird für den Schiffbau, was ausgegeben wird für die Luftfahrt. Man kann eben nicht argumentieren, die Luftfahrt sei Zukunftstechnologie. Nein, ich glaube, ich habe deutlich gemacht, die Bergbautechnologie ist genauso Zukunftstechnologie wie das, was in der Luft- und Raumfahrt passiert, und deswegen unterstützungs- und förderungswürdig. (Beifall bei der SPD.)

 

Für uns ist der Kompromiss - es handelt sich ja um einen Kompromiss - annehmbar, weil wir einige Grundsätze formuliert haben im Zusammenhang mit den damaligen Verhandlungen und Demonstrationen. Diese Grundsätze waren folgende, ich wiederhole sie.

 

Erstens keine betriebsbedingten Kündigungen. Dieses ist für uns eines der wichtigsten Ergebnisse der ganzen Verhandlungen, weil es deutlich macht, dass der Abbau der Belegschaft, der unvermeidlich ist, weiterhin sozialverträglich erfolgt. Ich gehe davon aus, dass dies - so die Zusage, die von der Ruhrkohle im Vertrag gegeben ist - im Rahmen der bisherigen Möglichkeiten unter Einbeziehung auch neuer Instrumente - warum soll man nicht noch neue Instrumente erfinden! - bewerkstelligt werden kann.

 

Aber bitte nicht vergessen, wenn Sie in dem Punkt jetzt eine gewisse Nachbesserung verlangen, dass ein Teil der Schwierigkeiten, wenn es darum geht, Umschulungsmaßnahmen und weitere Fortbildungsmaßnahmen zu finanzieren, damit zusammenhängt, dass in radikaler Weise auf Bundesebene die entsprechenden Zuschüsse für die Bundesanstalt für Arbeit gekürzt worden sind. Hier sollte unser gemeinsames Interesse sein, dafür zu werben, dass endlich diese arbeitsmarktpolitischen Instrumente wieder funktionsfähig gemacht werden, damit sich ihr Segen bei unserem Problem entsprechend auswirken kann. (Beifall bei der SPD.)

 

Zweiter Punkt. Wir haben gefordert, wir brauchen, wenn schon weitere Kapazitätskürzungen auf uns zukommen, mindestens zwei Bergwerke an der Saar, die wir aufrechterhalten können. Dieses ist festgelegt, die Förderung bis 2005 in Höhe von fünf Millionen Jahrestonnen festgeschrieben. Gleichzeitig ist klar und deutlich, dass die beiden Bergwerke Ensdorf und der Verbund West weiterarbeiten können, ohne dass sie von Schließung bedroht sind.

 

Unsere dritte Forderung war angesichts der Situation bei uns, dass die Schließung eines Bergwerkes im Saarland nicht vor dem Jahr 2000 stattfinden kann. Das Ergebnis: dass Ende 2000, zum 31.12., Göttelborn - die hat es dann getroffen, übrigens eine Entscheidung, die das Unternehmen selber getroffen hat, keine politische Entscheidung - schließen wird. Diese Schließung war nicht unser Wunsch. Aber zumindest zu erreichen, dass nicht schon in den nächsten Jahren zusätzliche Belastungen auf uns zugekommen wären, war das Ziel.

 

Als viertes haben wir verlangt und als Voraussetzung für Zustimmung gefordert, dass die verbleibenden Teile der Saarbergwerke in einer Gesellschaft, in einem Unternehmen Saarberg (neu) mit Sitz im Saarland zusammengefasst werden und hier verbleiben sollen. Auch dieser Forderung ist entsprochen worden. Insofern glaube ich, dass wir durchaus auf der Grundlage der Erfüllung der Essentials der Anteilsübertragung zustimmen können.

 

Ich habe gesagt, die Abgabe der Anteile ist eine Konsequenz der Märzvereinbarung. Dort ist ausdrücklich gefordert worden, dass der Bund nur dann bereit ist, jährlich 200 Millionen, in der Gesamtlaufzeit 1,6 Milliarden, für das Saarland zu übernehmen, wenn wir unsere Anteile abgeben. Das ist eine Konditionierung, die in der Vereinbarung festgehalten ist. Für uns ist das sicherlich schmerzlich gewesen. Man darf bitte auch nicht vergessen, dass die Saarberganteile, die jetzt für eine Mark übertragen werden, natürlich nach unserer Meinung und auch nach Meinung des Unternehmens, das Prüfung und Bewertung durchgeführt hat, Roland Berger & Partner, eine Größenordnung von mehr als einer Milliarde ausmachen. Insofern haben wir natürlich einen realen Verlust, indem wir unseren Anteil für eine Mark übertragen. Das darf man bitte nicht vergessen.

 

Es blieb uns aber auch nichts anderes übrig, um es noch einmal deutlich zu sagen. Ich kann mich noch an die Gespräche erinnern, die wir - und wahrscheinlich auch Sie - geführt haben mit dem Unternehmen selber, was bei dem - es ist ja immer möglich und bei uns eingerissen, Anglizismen zu verwenden - so genannten Stand-alone-Fall, dass man sagt, was machen wir denn jetzt mit den Beschlüssen, wenn es zu keinem Zusammengehen mit der Ruhrkohle kommt, was bedeutet das für uns, herausgekommen wäre. Das hätte bedeutet, dass wir jetzt schon mit Grubenschließungen bei uns hätten beginnen müssen und einen wesentlich tieferen Einschnitt hätten hinnehmen müssen. Deswegen gab es diese Alternative in Wirklichkeit eben nicht.

 

Es ist auch, Kollege Feibel, eine Konsequenz aus den Vereinbarungen im März des vergangenen Jahres, dass die Ruhrkohle aus ihrem so genannten weißen Bereich ab dem Jahr 2001 jeweils 200 Millionen zur Finanzierung der Kohleförderung beitragen muss. Jetzt zu verlangen, dass dabei die Saarbergwerke (neu) völlig aus dieser Verpflichtung herausgenommen werden, das wäre, glaube ich, unbillig, weil das einfach eine Konsequenz aus dem ist, was wir nicht gefordert haben, was von uns nicht gewünscht wurde, auch von den Unternehmen nicht gefordert, von den Unternehmen nicht gewünscht wurde, von den Gewerkschaften nicht gefordert, von den Gewerkschaften nicht gewünscht wurde.

 

Es ist ein Ergebnis von Verhandlungen, in denen es eben keine Chance gab, etwas in dem Bereich zu verändern. Wenn es uns gelingt, gemeinsam die Veränderung durchzusetzen, dass die entsprechende Verpflichtung und Last auf der Ruhrkohle AG, auf dem neuen Konzern, der jetzt gebildet wird, weggenommen wird, weil der Bund darauf verzichtet, dass diese 200 Millionen eingezahlt werden, der so genannte Selbstbehalt, dann sind wir gerne damit einverstanden. Aber dort ist dann die politische Zielsetzung zu suchen. Dieses vertraglich ändern zu wollen, würde ich von meiner Seite aus für unbillig halten und nicht zu Recht als Forderung an die Ruhrkohle gerichtet.

 

Meine Damen und Herren, es ist über die Essentials hinaus meines Erachtens vieles gut verhandelt worden. Deswegen möchte ich dem Unternehmen, der Geschäftsführung und den Betriebsräten hier ausdrücklich danken, die bereits im Vorfeld angefangen haben, miteinander zu reden, in Arbeitsgruppen diskutiert haben und dabei, meine ich, eine ganze Menge erreicht haben. Der Dank gilt auch der IGBE, jetzt IGBCE, die als neu formierte Gewerkschaft weiterhin die Zuständigkeit haben wird. Da geht mein Dank - das möchte ich durchaus einmal sagen, weil er nun in einem anderen Arbeitsgebiet tätig ist - an Gerd Zibell, der, meine ich, die Arbeit mit seiner Gewerkschaft und mit seinen Kolleginnen und Kollegen hervorragend gemacht hat. (Beifall bei der SPD.)

 

Wir hoffen, dass wir mit seinem Nachfolger, Michael Riedel, genauso zurechtkommen und dass wir auch weiter gemeinsam im Interesse der Saarbergleute und unseres Landes arbeiten können. Das ist unabhängig von der parteipolitischen Orientierung, die ich habe und die möglicherweise der eine oder andere in den Gewerkschaften gemeinsam oder konträr hat. Ich glaube, hier müssen beide Organisationen - und ich wünschte mir, dass sich auch die Oppositionsparteien dazu in der Lage sähen - gemeinsam an einem Strang ziehen, um unsere gemeinsamen Interessen nach außen zu vertreten. (Beifall bei der SPD.)

 

Ich möchte auch nicht mit Lob sparen für die Landesregierung, die in die Gespräche miteingebunden und beteiligt war, wenn es darum ging, die Ergebnisse vom März vergangenen Jahres umzusetzen. Hier ist, glaube ich, auch einiges mit an zusätzlichen Maßnahmen erreicht worden, die unserem Lande zugute kommen.

 

Folgende Punkte möchte ich ausdrücklich erwähnen. Einmal hat die DSK eine Regionalorganisation an der Saar, das heißt, auch Leitungsfunktion vor Ort. Ich halte das für einen ganz zentralen Punkt, und zwar auch im Zusammenhang mit dem anderen Thema, über das ich mit Ihnen inhaltlich völlig einer Meinung bin, wenn es darum geht, die Zulieferindustrie bei uns im Lande miteinzubeziehen, in ihren Lieferbeziehungen zu erhalten und möglichst auch noch Zukunftsperspektiven für sie zu entwickeln. Wenn es darum geht, dass vor Ort eine regionale Führungsstelle ist, die hier operiert und die Zusammenhänge kennt und sicherlich auch in solchen Fragen miteingeschaltet ist, dann ist das eine zusätzliche Sicherheit. Wir können sicherlich nicht verlangen, dass nachher Verträge mit den Zulieferern auf die nächsten Jahre vertraglich festgelegt werden, wenn sichergestellt ist - und davon gehe ich jetzt aus -, dass der neue Partner und dass die neue Konfiguration nicht versuchen werden, bei Ausschreibungen praktisch die saarländischen Zulieferer auszuschmieren.

 

Das ist, glaube ich, ein schlechter Beginn einer solchen Partnerschaft, wenn man das von vornherein schon unterstellt. Ich gehe davon aus, dass wir die Aufgabe haben, die Zulieferer, die traditionell ihre Beziehungen bei uns hier im Lande hatten, auch zukünftig im Geschäft zu halten. Das gilt dann auch für die Ruhr. Sie wird auch ihre Zulieferer, die es dort gibt, im Geschäft halten wollen - und zu Recht.

 

Dann gibt es ein Problem. Das Problem liegt darin, dass die Förderung insgesamt schrumpft. Mit weniger Bergwerken haben wir natürlich auch weniger Auftragsvolumen bei weniger Förderung für die Zulieferindustrie. Das ist klar, das ist dann das Thema, das wir schon oft diskutiert haben, wenn es um Aufbau- und Opfergleichheit in anderen Zusammenhängen ging. Aber ich möchte einen Schritt weitergehen. Ich sehe die große Chance, dass man nicht nur die gewachsenen Beziehungen erhält, Strukturen erhält, sondern dass man darüber hinaus gemeinsam in einem stärker, größer gewordenen Konzern mit dem eigenen Unternehmen zusätzliche Exportoffensiven unternehmen kann, um unsere Zulieferer in einem stärkeren Maße auf anderen Märkten zu verankern, damit das, was an Produktionsausfall durch die Entscheidungen, die politisch zu verantworten sind, entstanden ist, ergänzt wird, möglicherweise sogar noch überstiegen wird durch das, was wir an zusätzlichen Aufträgen auf den Weltmärkten hereinholen.

 

Für uns ist wichtig, dass die Kokerei Fürstenhausen weitergeführt wird. Das ist ein auch vom Arbeitsplatzgesichtspunkt her wichtiger Punkt. Ich bin dankbar, dass bei dem so zentralen Thema Ausbildung sichergestellt ist, dass 150 Ausbildungsplätze weiterhin bleiben. Ich bin dankbar, dass das vertraglich festgeschrieben werden konnte. Ich bin auch der Meinung, dass es gut für uns ist, wenn die nicht mehr genutzten und gebrauchten - für die Förderung gebrauchten - Grundstücke an Saarberg (neu) übertragen werden und insofern die Möglichkeit besteht, sie über Saarberg (neu) wieder für neue gewerbliche Nutzung zu vermarkten.

 

Dabei bin ich bei einem weiteren wichtigen Punkt, der Bildung eines eigenständigen Teilkonzerns Saarberg (neu) mit Sitz in Saarbrücken. Bisherige Bereiche wie der Kohlehandel - ein kleiner Bereich - gehen weg zur Ruhrkohle, aber dafür kommt der Mineralölhandel der Ruhrkohle zu uns herunter und der Umweltbereich der RAG. Von meiner Seite aus erkläre ich noch einmal eindeutig, dass wir erwarten, dass selbstverständlich die in den Umweltbereich gehörenden Unternehmen nur dann Saarberg (neu) eingegliedert werden, wenn sie auch funktionsfähig sind. Man darf nicht glauben, dort, wo noch Sanierungsbedarf ist, diesen Sanierungsbedarf nachher dem neuen Unternehmen anhängen zu können. Das muss klar sein, dass das nur von uns akzeptiert werden kann, wenn man die Bereiche, die auch funktionsfähig sind, rüberbringt und von der Saar aus führt, um auf diese Weise faire Partnerschaft auch wirklich in diesem Sektor zu praktizieren.

 

Die Verträge, die vorgelegt worden sind, sind für mich auch ein Beleg für eine faire Partnerschaft mit Nordrhein-Westfalen und der Ruhrkohle selber. Ich habe keinen Grund, an das, was jetzt vorgelegt worden ist, Misstrauen zu knüpfen, denn die Verträge atmen die Einsicht in die besondere Lage des Saarlandes. Für Nordrhein-Westfalen ist das ja auch kein einfacher Vorgang. Wenn es um die Schließung von Bergwerken geht, dann hat es ja, wenn man mathematisch rechnet, durchaus Überlegungen gegeben, ob man die Saar nicht zu günstig hat wegkommen lassen. Aber bei einer Halbierung der Förderung kann man Bergwerke, wenn man drei hat, nicht halbieren, um sie funktionsfähig zu halten. Es ist wichtig und für uns auch zu begrüßen - ich sage das noch einmal ausdrücklich -, dass es das Einverständnis gegeben hat und dass es nie in Frage gestellt worden ist, dass eben an der Saar zwei Bergwerke erhalten bleiben und bei uns nur eines geschlossen wird, während in einem wesentlich größeren Umfang Bergwerke in Nordrhein-Westfalen geschlossen werden müssen. Ich möchte ausdrücklich hier meine Anerkennung dafür aussprechen, dass auch Rücksichtnahme aus Nordrhein-Westfalen unserem Revier gegenüber aufgebracht worden ist. (Beifall bei der SPD.)

 

Das ist mehr Einsicht, als wir sie jetzt vom Bund erfahren haben. Auch das hat der Ministerpräsident vorgetragen, dass entgegen den vorherigen Ankündigungen und Erwartungen, die man bei uns geschürt hat, indem man gesagt hat, es gibt Ausgleichsmaßnahmen für die Revierländer im Umfang dessen, was man an Subventionen einspart, um auf diese Weise den Umstrukturierungsprozess begleiten und befördern zu können, dies leider nicht geschehen ist. Ich gehe davon aus, dass auch in diesem Fall die Finanzprobleme des Bundes das hervorgerufen haben. Denn wenn man weiß, mit welchen Schwierigkeiten der Bund zu kämpfen hat, dann sieht man, welche Probleme bestehen, um dafür die notwendigen Gelder lockerzumachen. Aber es bleibt einfach festzuhalten, dass das nicht eine Frage ist, dass vielleicht die Landesregierung schlecht verhandelt hätte, sondern dies ist ausdrücklich darin zu suchen, dass der Bund die vorher gegebenen Zusagen wieder einkassiert hat und sich plötzlich gegen seine Versprechungen nicht mehr in der Lage sieht, den Umstrukturierungsprozess bei uns gesondert zu begleiten. (Beifall bei der SPD.)

 

Statt dessen müssen wir einen weiteren Abbau der Förderung hinnehmen. Auch die Gemeinschaftsaufgabe hat weniger Geld, als das vorher der Fall war. Wir müssen den schwierigen Umstrukturierungsprozess immer noch stärker aus eigenen Kräften finanzieren, und wir müssen erkennen, dass der Bund weiter bei seinem Abbau von Arbeitsplätzen auf unsere Situation wenig Rücksicht nimmt und immer weitere Einrichtungen von hier abzieht und dann, wenn er konzentriert, nicht bei uns zu unserem Nutzen konzentriert, sondern anderswo zu unserem Schaden konzentriert. Das muss hier einmal kritisch in der jetzigen Debatte angemerkt werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD.)

 

Zusammenfassend möchte ich Folgendes werten. Der Bergbau an der Saar und an der Ruhr bleibt zukunftsfähig auf einem niedrigeren Niveau. Ich bin der Meinung, dass man dieses Niveau nicht weiter unterschreiben kann, wenn man einen wirklich vernünftigen Bergbau aufrechterhalten will.

 

Unsere Aufgabe wird es sein, das, was bis zum Jahre 2005 gesichert ist, über das Jahr 2005 bis zum Jahre 2050 - ich nenne mal diese Zahl - zu sichern, damit die klaren Rahmenbedingungen da sind, unter denen man weiß, wo man investiert, wie man investiert; und damit diejenigen, die immer noch mit jungen Jahren dort arbeiten, eben nicht die Sorge haben müssen, dass nach dem Jahre 2005 das ganze Elend schon wieder von vorne losgeht. Deswegen müssen wir jetzt gemeinsam daran arbeiten, dass es sehr schnell zu klaren, verbindlichen Erklärungen auch für den Bergbau über das Jahr 2005 hinaus kommt. (Beifall bei der SPD.)

 

Ich will nicht verhehlen, dass das auch eine Frage der politischen Konstellation ist. Als es Versuche gegeben hat, wieder einmal von Bayern inszeniert, die Kohle noch mal erneut zu drücken über den Bundesrat, haben die sozialdemokratisch geführten Länder einhellig zu den Beschlüssen gestanden. Ich kann hier sagen, dass wir uns auf unsere Kolleginnen und Kollegen in den Ländern, in denen sozialdemokratische Ministerpräsidenten und eine Ministerpräsidentin regieren, verlassen können, dass wir auf deren Solidarität vertrauen können.

 

Zu dem, was für die Zukunft zu sagen ist, glaube ich, dass Saarberg (neu) alle Chancen hat und dass man die Chancen für dieses Unternehmen jetzt beherzt und mutig anpacken muss, dass man sich jetzt nicht wieder in neuen Grämlichkeiten ergehen sollte, was man eventuell noch hätte besser haben können. Ich glaube, so wie es zusammengefasst worden ist, sitzt da Kraft und Power drin, die nach vorne gehen kann. Das gilt zum Beispiel auch für das SaarGummi-Werk, das mittlerweile, wie ich weiß, schwarze Zahlen schreibt.

 

Was im Zuge der bei uns bestehenden Automobil- und Automobilzulieferindustrie weitere Zukunftschancen haben wird, ist der Bereich der Energie. Energie ist ein Wachstumsmarkt. Und auf diesen Wachstumsmärkten kann dann das Unternehmen zukünftig operieren. Wir wünschen uns, dass gerade auch im Sinne der Verknüpfung mit der Ökologie etwa die Fernwärme noch zusätzliche und weitere Chancen bekommen wird, um damit nicht nur einen wirtschaftlichen, sondern auch einen ökologischen Beitrag zusätzlich zu all unseren Anstrengungen leisten zu können. (Beifall bei der SPD.)

 

Der Umweltbereich ist ein Wachstumsmarkt. Wir sollten die damit verbundenen Chancen und Möglichkeiten nutzen. Wir haben Unternehmen wie die SOTEC, die auch über die Landesgrenzen weg mit technischen Innovationen sich auf den Märkten behaupten können. Ich bin absolut sicher, dass die Kohletechnologie, die wir haben und die durch SaarTech in dem neuen Unternehmen repräsentiert ist, auch ein Wachstumsmarkt sein wird, so dass wir auch dort neben dem Arbeitsplatzabbau im klassischen Kohlebereich den Aufbau von neuen Arbeitsplätzen bei Saarberg (neu) gemeinsam steuern und erleben können. Insofern, meine Damen und Herren, nach ausführlichen Beratungen in der Montanfraktion unter der Federführung von Kurt Hartz: Angesichts der Umstände, unter denen wir diese Entscheidung zu treffen haben, und angesichts auch der vorgelegten Verträge, mit denen wir uns einverstanden erklären können, stimmt die SPD-Fraktion der Übertragung der Anteile zu. Ich hoffe, dass es uns allen zum Nutzen gereichen wird. Glück auf! (Anhaltender Beifall bei der SPD.)

 

Vizepräsident Meyer:

 

Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Hubert Ulrich.

 

Abg. Ulrich (B 90/Grüne):

 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über eine für das Saarland wirklich historische Entscheidung. Es ist eben bereits ausgeführt worden von den Kollegen der CDU, auch von den Kollegen der SPD, dass die Saarbergwerke seit rund 200 Jahren ein Staatsbetrieb waren. Heute wird hier vom saarländischen Landtag die Entscheidung getroffen, dass die Saarbergwerke privatisiert werden. Früher, bis vor rund 30 Jahren, war es noch so in diesem Lande, dass der Bergbau dem Land Wohlstand gebracht hat; da hat er dafür gesorgt, dass das Saarland als eine prosperierende Region galt. Innerhalb der letzten 30 Jahre hat sich das gewandelt. Für das Saarland, auch für die Bergleute hat es sich leider gewandelt. Mittlerweile ist es so, dass der Saarbergbau vollständig von Subventionen abhängt, wie auch der Bergbau an der Ruhr, wie der mitteleuropäische Bergbau insgesamt. Die Unterstützung durch den Bund hat eine lange Geschichte. Ich habe mir mal vier Stationen herausgeschrieben, an denen sich festmachen lässt, wie lange eigentlich schon der Leidensweg des deutschen Steinkohlenbergbaus in der Kostenfrage geht.

 

1958 wurden beispielsweise die ersten Maßnahmen zur Verbesserung des Steinkohlenabsatzes beschlossen. 1963 dann wurde ein Gesetz zur Förderung der Rationalisierung im Bergbau erlassen. 1965 folgte ein Gesetz zur Förderung des Absatzes im deutschen Steinkohlenbergbau. Und 1968 folgte ein Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus, wie das damals hieß. All diese Versuche und Unterstützungsmaßnahmen haben eines nicht verhindern können: den kontinuierlichen Schrumpfungsprozess des deutschen Steinkohlenbergbaus. Ich will das jetzt gar nicht werten als positiv oder negativ, ich versuche einfach nur mal die Fakten darzustellen, vor deren Hintergrund wir heute hier diese historische Entscheidung treffen müssen.

 

Es gab dann eine kurze Erholung in den siebziger Jahren durch die beiden Ölpreiskrisen. Dann gab es wieder ein langes Tal der Tränen, das letztendlich in der Kohlerunde 1991 endete, in der damals das hochgelobte Dreistandortemodell geboren wurde, bei dem gesagt wurde: Viel mehr kann man eigentlich nicht mehr schrumpfen. Damals wurde klar gesagt: Durch das Dreistandortemodell ist der saarländische Kohlenbergbau, ist der Bergbau in Deutschland insgesamt jetzt endlich langfristig gesichert. Das hat dann gehalten bis 1994, drei Jahre also. Dann kam das Artikelgesetz, die Plafonierung - damals schon eine völlig andere Grundlage als die Kohlerunde. In der Kohlerunde wurde noch festgeschrieben, dass eben 50 Millionen Jahrestonnen Steinkohle in der Bundesrepublik Deutschland gefördert werden. Die Plafondierung dann war insofern eine völlig andere Grundlage, als dort festgelegt wurde, dass nur noch eine bestimmte Summe Geld für den Steinkohlenbergbau in Deutschland zur Verfügung gestellt wird.

 

Damals wurde insbesondere von der SPD, die sich für dieses Dreistandortemodell stark gemacht hatte, dieses Modell als großer Erfolg insbesondere für den saarländischen Bergbau dargestellt. Herr Klimmt, gehen Sie heute mal nach Göttelborn und erzählen Sie den Bergleuten in Göttelborn noch einmal von diesem großen Erfolg. Der Erfolg hat nicht lange gehalten. Unsere Befürchtungen, die wir damals bereits als Grüne geäußert haben, sind leider eingetroffen. (Beifall bei B 90/Grüne.)

 

Bei jeder Kohlerunde wurde von Seiten der Sozialdemokratie hier an der Saar argumentiert, nun gehe es aber wirklich nicht mehr kleiner. Leider Gottes ist festzustellen, es geht immer noch mal eine Runde kleiner. (Abg. Gillo (SPD): Wie hätten Sie es denn gern?)

 

Wie ich es gern hätte, wie wir es gern hätten, Herr Gillo, das werde ich Ihnen gleich noch einmal darlegen, und das nicht zum ersten Mal in diesem Hause.

 

Schließlich endete die ganze Auseinandersetzung um die Steinkohleförderung in Deutschland im Kohlekompromiss vom März des Jahres 1997. Und dieser Kohlekompromiss - das muss man wieder mit dem Wort "leider" verbinden - ist der Trümmerhaufen der sozialdemokratischen Kohlepolitik in diesem Lande.

 

Herr Lafontaine, Sie haben eben gesagt, das Schlimmste ist für die Bergleute bei dieser Kohlerunde 1997 nicht eingetroffen. Das Schlimmste wäre gewesen, die Kohlegruben alle auf einen Schlag wegzuhauen. Sie haben recht, das Schlimmste ist wirklich nicht eingetroffen. Dafür ist der zweitschlimmste Fall eingetroffen.

 

Der zweitschlimmste Fall bedeutet, dass bis zum Jahre 2005 rund 50 Prozent aller Arbeitsplätze im Bergbaubereich hier im Saarland wegfallen. Das Problem dabei ist, Herr Gillo - und das ist unsere Position -, dass für den Wegfall dieser rund 6.000 Arbeitsplätze kein wirklicher Ersatz geschaffen wird innerhalb des Saarbergkonzerns, dass kein wirklicher Ersatz geschaffen werden kann, weil die politischen Weichen von Seiten der SPD immer nur auf eine Sache ausgerichtet werden: auf die Förderung von Kohle. Die so genannten weißen Bereiche, aber auch viele andere Bereiche hier im Saarland, die förderbar wären wie insbesondere der Mittelstand und insbesondere die Kleinbetriebe, wurden einfach völlig vergessen. Ausbaden müssen das die Menschen, die heute noch bei Saarberg ihren Lohn, ihr Brot finden und in Zukunft - das ist zu befürchten - zumindest zum Teil auf der Straße stehen werden. Das ist genau die Sache, die wir als Bündnisgrüne verhindern wollen; da nehmen wir eben eine klare Position ein. An diesem Punkt fordere ich die SPD von dieser Stelle aus noch einmal auf, den Bergleuten nicht immer noch einmal Honig ums Maul zu schmieren, sondern endlich den Bergleuten reinen Wein einzuschenken. (Abg. Stritter (SPD): Kapitulation also?)

 

Herr Klimmt hat gerade eben ein wirklich aktuelles Beispiel geliefert, wie man den Bergleuten an der Saar, den Beschäftigten von Saarberg nach wie vor baren Unsinn erzählt. Herr Klimmt hat eben gesagt, es muss darum gehen, die Kokerei in Fürstenhausen zu erhalten. Diese Position kann man ja einnehmen. Nur, wir haben letzte Woche im Ausschuss alle gehört, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder führt man die Kokerei in Fürstenhausen fort, dann muss man aber irgendwann das Westfeld stoppen, weil dieses unter die Kokerei geht; oder man führt das Westfeld weiter, dann muss man die Kokerei schließen, weil die Kokerei dann von massiven Bergschäden betroffen ist. Herr Klimmt, das ist doch die Wahrheit. Davon haben ich eben von Ihnen nichts gehört, leider nichts gehört.

 

Es gibt eine zweite Sache, eine zweite grundsätzliche Position, in der die Sozialdemokratie hier im Lande immer wieder und sehr nachhaltig versucht, die gesamte Öffentlichkeit in die Irre zu führen, nämlich in der Frage der so genannten Energiereserve. Sie suggerieren der Öffentlichkeit und Sie suggerieren immer noch vielen Menschen innerhalb des Saarbergkonzerns, dass eine realistische Chance bestehen würde, dass die deutsche Steinkohle innerhalb der nächsten zehn, zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre noch einmal die wirtschaftliche Chance erhalten würde, in die Nähe, auch nur in die Nähe der Weltmarktpreise zu kommen. Und Sie suggerieren, dass die Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland in der heimischen Steinkohle ein wirklich sicheres Fundament finden könnte, wenn es noch einmal zu einer irgendwie gearteten Energiekrise käme, sprich Ölpreiskrise, oder wenn wir kein Gas mehr geliefert bekommen oder Ähnliches. Das suggerieren Sie, und das ist natürlich eine bodenlose Falschaussage. (Unruhe und Zurufe von der SPD.)

 

Eine bodenlose Falschaussage, Herr Lafontaine und Herr Klimmt. Herr Lafontaine, Sie vertreten ja die gleiche Position.

 

Die Realität. Ich will Ihnen an dieser Stelle noch einmal die Zahlen nennen, wie es denn weltweit mit der Kohleförderung aussieht. Man muss sich klarmachen: Hier in der Bundesrepublik Deutschland wird gerade mal ein Prozent des Weltkohlebedarfs gefördert. Wir fördern gerade mal zehn Prozent der Steinkohle im Überseehandel. Durch die vielen Anbieter hat das zur Folge, dass der gesamte Steinkohlemarkt ein klassischer Käufermarkt ist, das heißt, es gibt sehr viele Anbieter. Und wenn ein Anbieter wegfällt - Herr Klimmt, das ist ja auch immer wieder eines Ihrer Standardargumente -, dann ändert das nun einmal am Preis nichts. Das ist genauso, als wenn Ford die Automobilerzeugung einstellt. Die Folge wäre, dass VW, Opel, Mercedes und BMW eben mehr Autos produzieren würden. Mehr würde da nicht passieren. Es ist völlig falsch zu argumentieren, wenn wir keine Kohle mehr fördern, wird die Kohle auf dem Weltmarkt teurer. Das wird nicht passieren. - Ich heiße das gar nicht gut; ich stelle das nur als Faktum hier klar.

 

Das zweite Argument in dieser Diskussion - Herr Lafontaine, Sie haben es eben auch wieder angeführt - ist einfach, die Steinkohle wäre oder ist die Energie, die die größte Reichweite hat. Herr Lafontaine, dieses Argument stimmt natürlich vordergründig. Die Steinkohle ist die Energie, die für die nächsten zwanzig bis dreißig Jahre ausreichen wird auf diesem Planeten. Aber Sie haben vergessen, dabei zu sagen, dass die saarländische Kohleförderung zu halbwegs erschwinglichen Preisen - ich rede jetzt von der Anlage in Ensdorf, die immer noch die geringsten Förderkosten erwirtschaftet von 160 bis 180 DM pro Tonne - in zwanzig, spätestens in fünfundzwanzig Jahren zu Ende sein wird. Mit unserer saarländischen Steinkohle werden wir einen solchen Zeitraum nicht überbrücken können. Das heißt automatisch, eine wirkliche Perspektive für unsere heimische Steinkohle, was die langfristige Energiesicherheit angeht, gibt es nicht.

 

Für Bündnis 90/Die Grünen wie auch für mich persönlich ist die Steinkohle natürlich die Übergangsenergie für die nächsten zwanzig bis vierzig Jahre. Was denn sonst? Das ist doch völlig unbestritten. Nur, der Punkt ist ein völlig anderer: Welche Steinkohle ist denn volkswirtschaftlich finanzierbar? Das muss ich jetzt noch einmal in zwei Problemkreise trennen. Das Eine ist unsere Diskussion hier im Saarland, unsere Arbeitsmarktdiskussion. Und vor diesem Hintergrund ist es für mich natürlich auch ein völlig klarer Fall, dass man die Arbeitsplätze bei Saarberg so lange sichern muss, wie das irgendwie geht. Das muss ich aber völlig abtrennen von der Frage, wer denn letzten Endes die Gelder zur Verfügung stellt für unsere Region. Und genau da, Herr Gillo, unterscheiden sich die SPD und die Grünen. Wir sagen nämlich, man muss in Bonn - und in Bonn wird das letztendlich entschieden - eine Konzeption vorlegen, die wirklich zukunftsfähig ist, die einen Weg aus der Steinkohleförderung hinausweist und die klarmacht, in welche Richtung der Saarbergkonzern entwickelt werden kann.

 

Da bleiben natürlich zuvörderst die so genannten weißen Bereiche von Saarberg, nämlich der gesamte Energie- und Umweltbereich, die eine echte Überlebenschance haben. Solange aber die Position hier im Saarland die ist, dass wir auf einen unbegrenzten Bergbau noch im Jahre 2020 setzen, egal was es kostet, so lange haben wir außerhalb des Saarlandes, so lange haben wir auch außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen schlechte Karten. Da stehen nun einmal zwei Bundesländer gegen vierzehn Bundesländer. Das ist doch unser Hauptproblem. Damit müssen wir doch umgehen. Das negiert die saarländische SPD völlig, und das aus rein wahltaktischen Gründen. Das ist traurig. (Beifall des Abgeordneten Dr. Pollak (B 90/Grüne).)

 

Ziel der SPD ist es leider Gottes nur, die Stimmen der Bergleute auch bei der nächsten Landtagswahl zu gewinnen aufgrund dieser Position. Der Rest des Landes und im Prinzip auch die Interessen der Bergleute nach dem Wahltermin in zwei Jahren wird völlig vergessen, wird völlig außen vor gelassen. (Abg. Gillo (SPD): So ein dummes Gelalle.)

 

Weiteres Argument sind immer wieder die Zulieferer von Bergbautechnologie. Im letzten Jahr haben wir nun mit unserer Fraktion einige Zulieferer besucht. Was man uns da berichtet hat, das hörte sich zunächst gar nicht so furchtbar dramatisch an. Die saarländischen Zulieferer sind - das war zumindest zwischen den Zeilen herauszuhören - gar nicht so sehr davon überzeugt, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig sein werden auf dem Weltmarkt bei anderen Bergbauunternehmen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, wenn sie hier keine Referenzanlagen haben. Die sagen: Natürlich wird das etwas schwieriger. Ich halte diese mittelständischen Betriebe auch für beweglich genug, dass sie sich auf diesem in der Tat prosperierenden Weltmarkt des Bergbauzulieferbereiches weiterhin werden behaupten können. Das hoffe ich und denke, das wird nicht die zentrale Frage sein.

 

Die zentrale Frage wird aber sein - oder wäre in der Vergangenheit gewesen; ab dem heutigen Tag erledigt sich das ja in gewisser Weise -: Was ist das Szenario, das ich als Landesregierung aufmachen muss?

 

Natürlich üben wir als Bündnis 90/Die Grünen auch in so manchem inhaltlichen Punkt eine barsche Kritik an dem Saarbergkonzern, eine Kritik, die aber im Wesentlichen damit zusammenhängt, dass die Saarbergkonzernleitung zumindest in der Vergangenheit - vielleicht bessert sich das in Zukunft; Ansätze gibt es da - mit der öffentlichen Meinung, mit der Information der Öffentlichkeit und der betroffenen Bürgerinnen und Bürger doch etwas - sagen wir - seltsam verfahren ist. Das führt dazu, dass sich bei einigen Projekten, über die man wirklich trefflich streiten kann, wie beispielsweise über den Absinkweiher 9 in Saarlouis-Fraulautern, ein großer Widerstand in der betroffenen Bevölkerung formiert hat.

 

Ähnliches gilt auch für das Abbaugebiet Primsmulde. Auch dort gibt es natürlich berechtigte Interessen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, wenn nach dem Jahr 2005 der Saarbergkonzern wirklich in diesem Bereich einen Abbau betreiben will. Oder ich erinnere an die Erschütterungen in der vergangenen Woche im Bereich der Gemeinde Saarwellingen. Auch dort hat die Saarbergkonzernleitung sehr ungeschickt agiert, was ihre Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit betrifft. Wir als Bündnis 90/Die Grünen halten es für unsere Pflicht, den Saarbergkonzern in diesen Fragen zu kritisieren, aber auch konstruktiv zu kritisieren. Das hat nichts damit zu tun - das möchte ich hier noch einmal deutlich machen -, dass wir der Meinung sind, den Saarbergkonzern als Ganzes zu erhalten, um eben die Jobs, um die Arbeitsplätze an der Saar zu sichern. (Beifall bei B 90/Grüne.)

 

Der Kohlekompromiss von 1997 ist die Grundlage der Diskussion, die wir heute hier führen. Dieser Kohlekompromiss wurde in unseren Augen seitens der SPD wieder mit der gleichen Einäugigkeit verhandelt wie alles, was vorher in Sachen Saarbergbau mit Bonn verhandelt wurde. Man hat wieder nur auf den Bereich Kohle geschielt, alle anderen Bereiche wurden vergessen. Insbesondere wurde vergessen, die regionalpolitische Flankierung einzufordern, die nur zusammen mit dem Kohlekompromiss wirklich verhandelbar war. Wir haben zwar im Nachklapp im saarländischen Landtag versucht, über das Saar-Memorandum diese regionalpolitische Flankierung einzufordern. Aber allen Beteiligten war von Anfang an klar, dass das ein Luftschloss ist, dass sich die Bonner Regierungskoalition auf diese Forderung im Nachgang nicht mehr einlassen würde. Denn für den Kohlebereich war bereits das damals Maximale zugesagt. Einen weiteren Spielraum lässt der Bundeshaushalt bei der desolaten Haushaltslage, die in Bonn nun einmal vorherrscht, leider Gottes nicht zu.

 

Der Vertrag, über den wir heute zu befinden haben, beinhaltet natürlich eine ganze Menge wirklich dicker Hypotheken für den an sich zukunftsfähigen Bereich Saarberg (neu). Das Hauptproblem dabei sind die Gewinnabführungsverträge, die dazu führen, dass die Beteiligungsbereiche der Ruhrkohle AG - dazu gehört auch die Steag, dazu zählt natürlich auch Rütgers - pro Jahr runde 200 Millionen DM erbringen müssen, um eben den Selbstbehalt der DSK, der im Kohlekompromiss mit verhandelt wurde, zu erbringen. Das ist eine massive Hypothek für diese Beteiligungsbereiche.

 

Natürlich gibt es solche Gewinnabführungsverträge auch in anderen Branchen. Der große Unterschied zu anderen Konzernen bzw. zu anderen Branchen ist eben der, dass diese Gewinnabführungen innerhalb der Konzerne in aller Regel zu Investitionen genutzt werden, dass diese Gewinnabführungen zur Innenfinanzierung verwendet werden, die auch dringend notwendig ist, wenn man ein Unternehmen nach vorne bringen will, wenn man ein Unternehmen weiterbringen will. All das wird aber bei Saarberg (neu) nicht der Fall sein. Diese Gewinnabführung wird einfach in die Kasse des Bundes fließen und wird das Unternehmen insgesamt massiv behindern. (Beifall bei B 90/Grüne.)

 

Ein weiteres Problem ist natürlich die nach wie vor drohende Gefahr, dass der Edelhoff-Konzern, der eine hundertprozentige Tochter der VEW ist - diese wiederum wird getragen von den nordrhein-westfälischen Kommunen -, mit den Umweltbereichen der Ruhrkohle AG und somit dann auch durch die Hintertür mit den Umweltbereichen der Saarbergwerke fusioniert wird. Das würde bedeuten, dass hier ein Umweltgigant entsteht mit zwei Milliarden DM Jahresumsatz, der aber seinen Schwerpunkt ganz klar an der Ruhr haben wird und nicht an der Saar.

 

Natürlich ist in diesem Vertrag der Saarberg (neu)-Bereich und somit der Umweltbereich, der von der Saar aus geführt werden soll, mit verhandelt worden. Nur ist es eine Milchmädchenrechnung, sich auszumalen, wohin die Tendenz insgesamt gehen wird, wenn eben die Masse des Umsatzes an der Ruhr und nicht an der Saar gemacht wird. Da kann ruhig hier in Saarbrücken ein Büro sein, in dem Herr Störmer oder ein anderer von der Saar sitzt und den Konzern auf dem Papier führt. Die Entscheidungen werden letztlich doch an der Ruhr getroffen zum Nachteil unserer Region. Damit ist genau das geschehen, was wir als Bündnis 90/Die Grünen nicht wollten. Der zukunftsfähige Bereich von Saarberg, nämlich Saarberg (neu), wird in Zukunft eher kleiner als größer. Es werden dort eher weniger als mehr Arbeitsplätze entstehen.

 

Natürlich hat dieser Kohlekompromiss auf dieser Basis noch eine weitere große Hypothek, nämlich die - ich will es ja nicht hoffen, aber die Gefahr besteht immerhin -, dass die CDU/FDP-Koalition die Bundestagswahl noch einmal gewinnt. Ich persönlich gehe davon aus, wenn dieser Fall eintritt, werden wir spätestens in einem oder anderthalb Jahren - vielleicht wird dann der Bundeskanzler Schäuble der CDU noch ein Jahr Zeit geben bis nach der Landtagswahl 1999 -, spätestens nach der Landtagswahl 1999 an der Saar über eine neue Kohlerunde diskutieren dürfen.

 

Das einzig Positive, was ich dieser Vertragsgestaltung abgewinnen kann, ist die vertragliche Festschreibung, dass an der Saar nach wie vor 150 Ausbildungsplätze bei Saarberg in Fenne erhalten bleiben. Das ist eine Sache, die man wirklich lobend erwähnen sollte, und dafür muss man auch einmal die Landesregierung loben; sie macht nicht nur Fehler.

 

Trotz unserer Kritik an den Ergebnissen der Kohlerunde 1997 werden wir dem Verkauf des 26-prozentigen Anteils des Landes an die DSK zustimmen. Wir werden vor allen Dingen deshalb zustimmen, weil wir uns völlig darüber im Klaren sind, dass der Kohlekompromiss nicht mehr zu revidieren ist. Es wäre völlig utopisch anzunehmen, dass man jetzt noch einmal in eine neue Verhandlungsrunde eintreten könnte, dass man alles das wieder herausverhandeln könnte, was die SPD-Landesregierung vor rund einem Jahr bei diesen Verhandlungen bewusst nicht getan hat.

 

Wenn die Mehrheit in diesem Hause zu der Überzeugung käme, die Anteile nicht zu verkaufen, würde dies dazu führen, dass der Kohlekompromiss insgesamt neu verhandelt werden müsste. Aber was wäre die Folge davon? Die Folge davon wäre, dass die Kohlesubventionen vor dem Hintergrund der derzeitigen Haushaltslage in Bonn noch einmal heruntergefahren würden und dass ein positives Element, das erreicht wurde, nämlich dass zumindest zunächst keine betriebsbedingten Kündigungen durchgeführt werden müssen, unserer Meinung nach dann fallen würde.

 

Wir haben aber eine weitere Hoffnung, und das ist auch ein Grund für unsere Zustimmung. Ich habe die - ich denke - berechtigte Hoffnung, dass die nächste Bundesregierung in Bonn eine rot-grüne ist. Dann kann die Welt sehr schnell anders aussehen, dann hielte ich es für durchaus möglich, dass man in Bonn über den Kohlekompromiss ernsthaft nachverhandelt und dass man für eine Region wie das Saarland eine echte regionalpolitische Flankierung durchsetzt, dass man dann auch zum Beispiel durchsetzt, dass der Selbstbehalt aus den Verträgen verschwindet. Dann könnte man von dieser unsäglichen Gewinnabführung bei den Beteiligungsbereichen wegkommen. (Beifall bei B 90/Grüne.)

 

Es gibt einen weiteren Grund zuzustimmen, und zwar den, dass dieser Vertrag beinhaltet, dass die weißen Bereiche von den Kohlebereichen innerhalb des Saarbergkonzerns getrennt werden. Ich denke, das ist grundsätzlich mal weg von der detaillierten Ausgestaltung ein Schritt in die richtige Richtung. Wir halten es auch grundsätzlich für richtig, dass die Kohlebereiche an der Ruhr und an der Saar zusammengeschlossen werden.

 

Das sind die Gründe, warum wir trotz harter Kritik dem Verkauf dieser Anteile zustimmen werden, obwohl ich befürchte, dass das, was der Ministerpräsident eben gesagt hat, dass mit der Kohlerunde 1997 die quälende Ungewissheit der Bergleute ein Ende gefunden hat, nicht zutrifft. Ich denke, die quälende Ungewissheit der saarländischen Bergleute geht leider Gottes weiter, weil die Perspektiven für den Saarbergbau wirklich nicht besonders rosig aussehen.

Die CDU-Landtagsfraktion hat einen Zusatzantrag gestellt mit vier Bedingungen, unter denen sie bereit wäre, diesem Verkauf zuzustimmen. Mit drei von diesen vier Bedingungen haben wir als Bündnis 90/Die Grünen keine Probleme. Probleme haben wir lediglich mit dem ersten Punkt, der da lautet, dass die Wahrnehmung der Interessen der saarländischen Bergbauzulieferer durch eindeutige und einklagbare Rechtsregelungen sicherzustellen sind. Ein solcher Antrag aus dem Mund der CDU-Fraktion hat schon etwas Seltsames; das muss ich gestehen, Herr Feibel. Wenn Sie das Ihrem früheren Bundeskanzler Ludwig Erhard erzählen könnten, ich glaube, der wäre erschüttert - - (Zuruf.)

 

Ja, der wäre erschüttert von so wenig Sinn für das, was von der CDU so hoch gehalten wird, nämlich der Begriff Marktwirtschaft. Wir könnten Ihrem Antrag ja noch zustimmen, wenn hier eindeutig in schriftlicher Form niedergelegt wäre, um was es Ihnen offenbar im Kern geht, nämlich um das Festlegen eines Submissionsverfahrens, wie es von der öffentlichen Hand durchgeführt wird. Aber das steht hier nicht, Herr Feibel. Hier steht etwas Anderes, und diese Formulierung können wir so an dieser Stelle nicht mittragen. Wir werden aber auch nicht gegen Ihren Antrag stimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten, weil er insgesamt sinnvolle Dinge enthält. Wenn Sie bereit wären, den Punkt 1 entsprechend umzuformulieren, dass die Submissionsverfahren klar würden in der Formulierung, würden wir Ihrem Antrag auch zustimmen. Aber das steht hier nun einmal nicht. Wie eben bereits gesagt, insgesamt werden wir aus den genannten Gründen der Veräußerung des 26-Prozent-Anteils der Saarbergwerke an die DSK zustimmen. - Vielen Dank. (Beifall bei B 90/Grüne.)

 

Vizepräsident Meyer:

 

Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Willi Gehring.

 

Abg. Gehring (CDU):

 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte es mir verkneifen, jetzt auf einige grundsätzliche Dinge hier einzugehen, die von den Vorrednern, insbesondere von der Regierungsfraktion und von der Regierung angesprochen worden sind. Wir brauchen uns jedenfalls als CDU Saar von keinem hier im Hause den Vorwurf machen zu lassen, wir hätten für die Bergleute im Saarland nicht gekämpft. (Beifall bei der CDU.)

 

Wir haben gestanden für diesen Kompromiss, den auch die IG Bergbau in der letzten Phase auf der Grundlage ihres eigenen Papiers gewollt hat, und wir haben gekämpft und gestanden für die Nachbesserungen, die unbedingt erforderlich waren und die ausgeschlossen haben, dass es zu der dramatischen Situation von Massenentlassungen gekommen wäre. Darauf sind wir als CDU Saar auch stolz, dass wir diese Leistungen miterbracht haben.

 

Hans Berger hat am 13. März gesagt: "Der Absturz des Bergbaus ist verhindert, der Kampf hat sich gelohnt." Und er hat gesagt: "Es wird keinen Auslaufbergbau und auch keinen Museumsbergbau geben. Mit den vereinbarten Finanzhilfen werden wir im Jahre 2005 einen Bergbau haben, der mindestens 30 Millionen Tonnen fördern kann; das ist ein Bergbau, der diesen Namen noch verdient; das ist ein Bergbau, der den Zugang zu den Lagerstätten erhält und damit seine Entwicklungsfähigkeit sichert; das ist ein Bergbau, in dem alle Reviere eine Zukunft behalten." Da Hans Berger dies erklärt hat im Saarbergtelegramm, einer offiziellen Verlautbarung von Saarberg am 13. März 1997, glaube ich, dass man solchen Leuten glauben kann. Es stört schon gewaltig, wenn das Gejammere heute Morgen von Seiten der Sozialdemokratie wieder aufs Neue losgeht und alles, was damals vereinbart worden ist, wieder in Frage gestellt wird, anstatt die Ärmel hochzukrempeln und auf der Basis dessen, was Hans Berger gesagt hat, jetzt an der Zukunft dieses Landes und an der Zukunft der Kinder dieses Landes zu arbeiten. (Beifall bei der CDU.)

 

Ihr Gejammer endet immer wieder im Tiefflug: Tiefflug bei Saarstahl, platte Bauchlandung, große Versprechungen; Tiefflug bei Saarberg, viel mehr versprochen, als wir alle gemeinsam erreichen konnten; Tiefflug bei ABB; Tiefflug beim Ausbesserungswerk; Tiefflug bei der Bundesbahn. Sie versprechen viel, aber Sie setzen wenig durch. Sie werden jedoch letztlich an dem gemessen, was Sie durchsetzen, was Sie für dieses Land erarbeiten, und nicht an dem, was Sie versprechen. Es war in den letzten Tagen in der überregionalen Presse vieles über die Verhandlungsleistungen der Landesregierung in den letzten Monaten seit dem 13. März zu lesen. Herr Kollege Schmitt - - (Abg. Klimmt (SPD): Du warst auf der falschen Veranstaltung heute den ganzen morgen. - Zurufe.)

 

Sie werden es nicht schaffen, dass ich mich einer solchen Dummheit anpassen werde. Sie werden das nicht schaffen. (Abg. Klimmt (SPD): So hoch kommst du nicht!)

 

Die Landesregierung begründet die Zustimmungsfähigkeit zur Veräußerung des 26-Prozent-Anteiles des Saarlandes an der Saarbergwerke AG unter anderem mit folgenden Punkten: Schließung des Verbundbergwerks Ost nicht vor Ende 2000; Bestandsgarantie für die verbleibenden beiden Bergwerke zumindest bis zum Jahre 2005 bei Aufrechterhaltung einer angemessenen Mindestförderkapazität; drittens Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen.

Die Landesregierung verweist in der heute vorliegenden Drucksache 11/1495 vom 15. 1. darauf, dass dies Ergebnisse Ihrer Verhandlungen zur Wahrung der Interessen des Saarlandes sind. Ich will seitens unserer Fraktion hierzu feststellen.

 

Erstens. Bereits am 13. März 1997 hat der damalige Vorsitzende der IG Bergbau und Energie, Hans Berger, wörtlich erklärt und Gerd Zibell hat die Bergleute im Kölner Stadion mit den Worten verabschiedet, wie Hans Berger es dann auch öffentlich erklärt hat und schriftlich niedergelegt hat: "Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen."

 

Auch der Vorstandsvorsitzende der Saarbergwerke hat am gleichen Tag wörtlich erklärt: Durch den am 13. März 1997 erzielten Kohlekompromiss sind die Voraussetzungen geschaffen worden, um die Anpassung der Belegschaft in den kommenden Jahren sozialverträglich, ohne betriebsbedingte Kündigungen durchzuführen. Was also am 13. März 1997 von Gewerkschaft und Unternehmen übereinstimmend schon erklärt wurde, legt die Landesregierung nun heute, fast ein Jahr später, hier als so genannten Verhandlungserfolg vor.

 

Zweitens. Bereits am 13. März 1997 hat der Vorstandsvorsitzende der Saarbergwerke erklärt - ich zitiere -: "Bis einschließlich 2000 werden an den drei saarländischen Standorten jährlich sieben Millionen Tonnen Steinkohle gefördert." Die Erkenntnis, dass erst Ende 2000 eine Grube an der Saar stillgelegt werden muss, war am 23.6.97 nach den Worten des SPD-Fraktionsvorsitzenden Reinhard Klimmt "das Bestmögliche, was im Rahmen des Kompromisses vom 13. März 1997 inhaltlich umgesetzt werden konnte". Ich sage also auch hier: Was am 13. März 97 im Kohlekompromiss erreicht wurde und am 23.6. vom SPD-Fraktionsvorsitzenden als das Bestmögliche bezeichnet wurde, legt die Landesregierung nun fast ein Jahr später dem Parlament als so genannten Verhandlungserfolg vor. (Zuruf.)

 

Steht doch alles hier drin, dass Sie nach langwierigen schwierigen Verhandlungen das alles erreicht hätten.

 

Drittens. Am 7.4.97 erklärte der Vorstandsvorsitzende der Saarbergwerke AG wörtlich: "Der Kohlekompromiss eröffnet die realistische Perspektive, dauerhaft an zwei Standorten an der Saar Steinkohle zu fördern." Auch hier gilt, was aufgrund des Kohlekompromisses vom 13.3.97 schon klar war. Die Landesregierung legt ein Jahr später diesen Punkt als Verhandlungserfolg vor.

 

Keine Schließung einer Grube vor Ende 2000, Perspektive zur dauerhaften Erhaltung zweier Grubenstandorte, sozialverträgliche Anpassungen und keine betriebsbedingten Kündigungen, das alles wurde am 13. März 97 erreicht von der Gewerkschaft und vom Unternehmen, entsprechend öffentlich erklärt, und nicht erst durch die Verhandlung der Landesregierung seit dem 13. März 97, wie fälschlicherweise der Eindruck aufgrund der Beschlussvorlage und auch mancher Rede hier erweckt wird. Was heute diesbezüglich im Vertragstext oder in den Vertragstexten steht zwischen Ruhr und Saar, ist nicht mehr als das, was vor einem Jahr schon von Gewerkschaft und Unternehmen erklärt wurde.

 

Ich will nun zu den Bergbauzulieferern ein paar kurze Bemerkungen machen. Im Vertragstext steht der lapidare Satz: "Die Interessen der saarländischen Bergbauzulieferer werden - soweit wettbewerbsrechtlich zulässig - gewahrt; diese Unternehmen werden bei entsprechenden Angeboten berücksichtigt." Herr Kollege Klimmt, das sind zweieinhalb Zeilen zu einem wichtigen und zukunftsfähigen saarländischen Wirtschaftsbereich, der wesentlicher Teil Ihrer Rede vorhin war. Es geht um Zukunftsgestaltung mit modernen Produkten und um eine Chance für die Saarwirtschaft. Immerhin beschäftigen die saarländischen Bergbauzulieferer 5.000 Menschen. Die zweieinhalb Zeilen mit der äußerst banalen Aussage, dass bei entsprechenden Angeboten ihre Interessen berücksichtigt werden - nach dem Motto, gebt mal ein Angebot ab, wir schauen dann mal -, sind für uns bei weitem nicht genug, weil ganz besonders von Ihnen, Herr SPD-Fraktionsvorsitzender Klimmt, im vergangenen Jahr anderes eingefordert und eingeklagt wurde bezüglich der Zukunftsperspektive und der Anbindung der Bergbauzulieferer an den neuen Konzern. Sie haben gesagt, es muss ein Weg gesucht werden, die Chancen der Bergbauzulieferer "vertraglich" abzusichern. Dieses Wort stammt von Ihnen. Sie haben gesagt, es muss von der Ruhrkohle AG eine "Beschaffungsgarantie" für die saarländischen Bergbauzulieferer gegeben werden. (Zuruf des Abgeordneten Klimmt (SPD).)

 

Sie hätten dann vorhin wenigstens sagen können, ich habe meine ehemaligen Forderungen revidieren müssen. Aber uns den Vorwurf zu machen, wir turnten auf einem Kuckucksei herum oder entwickelten illusionäre Vorstellungen, können wir nicht akzeptieren. Die Forderungen haben Ihre Handschrift. (Beifall bei der CDU.)

 

Sie möchten ja einmal Ministerpräsident werden, Herr Klimmt. Ihre Forderungen sind wesentliche Forderungen. Sehen Sie noch einmal nach, was Sie über die Bedeutung der saarländischen Bergbauzulieferer für die Zukunftsfähigkeit der saarländischen Wirtschaft gesagt haben. (Zurufe der Abgeordneten Klimmt (SPD) und Gillo (SPD).)

 

Wenn Sie schon nach einem halben Jahr von Ihren Forderungen nach vertraglicher Absicherung und Beschaffungsgarantie für die Bergbauzulieferer abrücken, ist das ein trauriges Zeichen für die Zukunftsfähigkeit dieses Vertrages. (Beifall bei der CDU. - Abg. Klimmt (SPD): Gestatten Sie eine Zwischenfrage?)

 

Das machen wir nachher. (Abg. Klimmt (SPD): Ich möchte ein Missverständnis aufklären.)

 

Ja bitte.

 

Abg. Klimmt (SPD):

 

Wenn Sie mir genau zugehört hätten, hätten Sie mitbekommen, dass ich gesagt habe, einiges in Ihrem Antrag wäre wünschenswert gewesen. Natürlich wäre mir eine vertragliche Regelung, in der solche Dinge geklärt sind, lieber. Aber man kann nicht alles haben. Da muss man sich entscheiden, ob man an einem solchen Punkt das Ganze platzen lässt oder ob man sagt, ich akzeptiere das, was ausgehandelt worden ist. Ich habe nicht am Verhandlungstisch gesessen. Insofern ist das kein Widerspruch zu meinen Ausführungen, die ich vorher gemacht habe. (Zuruf des Abgeordneten Schmitt (SPD).)

 

Abg. Gehring (CDU):

 

Es war unser großes Interesse, dass SaarTech ein Bestandteil von Saarberg (neu) bleibt, um eine enge Verknüpfung mit den saarländischen Bergbauzulieferern zu ermöglichen. Aber allein darauf zu hoffen, Frau Ministerin - wie es die Landesregierung offensichtlich tut -, dass diese Selbständigkeit gleichzeitig beinhaltet, dass damit quasi von der Ruhrkohle eine Beschaffungsgarantie für die saarländischen Bergbauzulieferer gegeben ist, halten wir einfach für unzureichend und gelinde gesagt für naiv.

 

Zum Dritten. Weil es im Vertragstext an keiner Stelle steht, bleibt es fraglich, ob die Regionalorganisation DSK auch mit der Kompetenz eines eigenen Einkaufs ausgestattet ist, worin die Interessen der saarländischen Bergbauzulieferer eingebunden werden müssten.

 

Das Fazit, das wir daraus ziehen: Die Interessen der saarländischen Bergbauzulieferer sind nach unserer Meinung nicht genügend abgesichert. Damit sind saarländische Interessen bei weitem nicht gewahrt. Die zweieinhalb Vertragszeilen reichen nicht aus. Wir fordern geschickte, sinnvolle, das Wettbewerbsrecht nicht verletzende Nachverhandlungen und entsprechend geschickte und intelligente Vereinbarungen, die uns Sicherheit bei der Zukunftssicherung der Bergbauzulieferer geben. (Zuruf von der SPD.)

 

Nächster Stichpunkt: Gewinnabführung. Der Bereich Saarberg (neu) mit den Sparten Energie, Umwelt, Handel, Dienstleistungen und Gummi eröffnet im Verbund mit der Ruhr bessere Entwicklungsmöglichkeiten im Hinblick auf Marktpräsenz, Wettbewerbsposition und Ertragskraft. Damit kann Saarberg in klar abgegrenzten Geschäftsbereichen unter eigener unternehmerischer Verantwortung seine Aufgabe wirkungsvoller erfüllen und den Umstrukturierungsprozess im Saarland durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze außerhalb der Kohle besser unterstützen. Ob es dabei aber hilfreich sein kann, den Unternehmen in Saarberg (neu) die Gewinne abzuschöpfen und damit den Handlungs-, Investitions- und Entwicklungsspielraum einzuschränken, bleibt für uns äußerst zweifelhaft. Es nutzt auch nichts, darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung hierzu Vorgaben gemacht hat. Wir meinen jedenfalls, dass hier Nachverhandlungsbedarf besteht. Die Trennung des schwarzen Bereichs, der Kohle, die auch künftig Subventionen benötigt, vom weißen Bereich, in dem ein wachsendes Ergebnis erzielt werden soll, ist unserer Meinung nach nur konsequent, wenn sich der weiße Bereich unabhängig von den Risiken des Bergbaus weiterentwickeln kann.

 

Ab 2000 müssen Jahr für Jahr 200 Millionen DM Erträge aus dem weißen Bereich in den Bergbau umgeschichtet werden. Das ist für Saarberg (neu) ein Volumen von rund 30 Millionen DM pro Jahr, welches dem Handlungs-, Investitions- und Entwicklungsspielraum entzogen wird. Das hat nichts mit betriebswirtschaftlicher Optimierung und dem Neuaufbau und der Sicherung zukunftsfähiger Arbeitsplätze zu tun. Wenn schon der Grundsatz richtig sein soll, dass jedes einzelne Geschäftsfeld in einem Konzern sich selbst tragen und selbst Wert schöpfen muss, dann ist es nicht verständlich, warum der Bereich Saarberg (neu) mit seinen aussichtsreichen Geschäftsfeldern von vornherein durch Quersubventionierung belastet wird.

 

Jetzt kommt ein Punkt, der im Antrag der CDU-Fraktion nicht angesprochen ist, den ich aber persönlich hier ansprechen möchte. Es ist die Montanmitbestimmung. Den Unternehmen bei Saarberg (neu) wird nicht nur ein Teil der Gewinne weggenommen, sondern den dort beschäftigten Arbeitnehmern wird auch noch die Montanmitbestimmung weggenommen. Es geht immerhin um rund 3.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Zuruf des Abgeordneten Schmitt (SPD).)

 

Herr Kollege Schmitt, auch wenn Sie es am Liebsten hätten, dass Sie regeln könnten, was ein Abgeordneter hier sagt und welcher Abgeordnete hier spricht, darf trotzdem ein Abgeordneter der CDU-Fraktion immer noch einen persönlichen Punkt einfügen, wenn er auch nicht im Antrag seiner Fraktion steht. Diese Freiheit erlauben wir uns. Bei Ihnen mag das anders sein. (Beifall bei der CDU. - Abg. Schmitt (SPD): Ich wollte doch nur wissen, warum Ihr einen solchen Antrag stellt.)

 

Bei dem vielen Knoddern, dass Sie schon seit zehn Uhr heute Morgen hier abhalten, wissen Sie sowieso nicht mehr, was Sie reden. (Abg. Schmitt (SPD): Ich will nur wissen, warum Ihr einen solchen Antrag stellt. Da gibt es eine Doppelstrategie: Der Eine stellt einen Antrag, und Herr Gehring stellt sich hier hin - - )

 

Vizepräsident Meyer:

 

Das Wort hat Herr Kollege Willi Gehring.

 

Abg. Gehring (CDU):

 

Noch einmal zur Montanmitbestimmung. (Weiterer Zuruf des Abgeordneten Schmitt (SPD).)

Ich habe Zeit, Herr Kollege, auch wenn Sie Hunger haben. (Zuruf des Abgeordneten Klimmt (SPD).)

 

Dem Unternehmen Saarberg (neu) sollen nicht nur weiterhin Gewinne abgenommen werden, die immer auch ein Ergebnis des Fleißes und des Könnens der dort beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind, nein, den rund 3.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Bereich Saarberg (neu) werden auch noch die Rechte aus der Montanmitbestimmung genommen.

 

Nun erwarte ich natürlich den Hinweis, dass die Sicherung der paritätischen Mitbestimmung kein Bestandteil der Verträge zwischen Ruhr und Saarland sein könne, sondern zwischen den Tarifpartnern vereinbart werden müsse. Ich hätte dennoch erwartet, dass in die Verträge zumindest sinngemäß hineingeschrieben worden wäre: "Es besteht Einvernehmen, dass die bisherigen Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Saarberg (neu) erhalten bleiben."

 

Ich brauche keinen Vortrag darüber zu halten, welche Errungenschaft für jeden einzelnen Arbeitnehmer, für jede einzelne Arbeitnehmerin die paritätische Mitbestimmung ist. Mit ihr wurden in der Vergangenheit große Herausforderungen erfolgreich bewältigt zum Vorteil von Unternehmen, von Arbeitnehmern und ganzen Regionen. Auch die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Saarland haben in der Entwicklung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Bedingungen und von der Montanmitbestimmung sehr viel profitiert. Dass bei Saarberg (neu) ausgerechnet mit der Abschaffung der paritätischen Mitbestimmung begonnen wird und das bei gleichzeitiger Verpflichtung, die Betriebserträge abzugeben, ist für uns nicht nachvollziehbar (Abg. Schmitt (SPD): Für dich!) und wirft ein zweifelhaftes Licht auf sozialdemokratische Verlässlichkeit. (Lachen bei der SPD.)

 

Da helfen auch keine geschönten Unbekannten - - Ich glaube, die beiden sind besoffen, Herr Präsident, es könnte sein. Da sollte man mal eine Blutprobe machen. - Bitte, Kollege Ulrich.

 

Abg. Ulrich (B 90/Grüne):

 

Ich glaube, Sie unterliegen einem Irrtum. Ich habe an der Ausschusssitzung teilgenommen, und da wurde ganz klar gesagt, dass die Montanmitbestimmung innerhalb von Saarberg erhalten bleibt. Vielleicht habe ich das falsch verstanden.

 

Abg. Gehring (CDU):

 

Das haben Sie falsch verstanden. Das ist auch nicht sehr laut besprochen worden und ist auch in den Papieren höchstens zwischen den Zeilen zu lesen. Das ist mit ein Grund, weshalb ich das offiziell anspreche, damit die Öffentlichkeit das auch einmal mitbekommt.

 

Meiner Meinung nach helfen keine geschönten betriebsinternen Abmachungen, die nun als Ersatz für die Wegnahme des Rechtsbereiches der Montanmitbestimmung und zur Beruhigung der betroffenen Mitarbeiter konstruiert werden. (Abg. Schmitt (SPD): Bei dem Gespräch wird man wirklich besoffen.)

 

Vizepräsident Meyer:

 

Herr Kollege Gehring, ich bitte Sie, Ihre Rede fortzusetzen. Sie haben das Wort.

 

Abg. Gehring (CDU):

 

Ich beende hier meine Rede. Ich habe versucht, in der gebotenen Sachlichkeit ein schwieriges Thema abzuhandeln. Die Art und Weise, wie ich insbesondere von Ihnen, Herr Kollege Schmitt, ununterbrochen gestört werde, macht es mir nicht möglich, meine Rede fortzusetzen. Es tut mir sehr Leid. Mögen Sie selber nachdenken über Ihre Art, Parlamentarismus auszuüben. (Beifall bei der CDU.)

 

Vizepräsident Meyer:

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde herzlich darum bitten, dass wir dieses sehr wichtige Thema mit der gebotenen Seriosität zu Ende bringen. Herr Kollege Schmitt, damit spreche ich auch Sie persönlich an. - Ich erteile das Wort Herrn Dr. Tabillion.

 

Abg. Dr. Tabillion (SPD):

 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es gibt keinen Anlass zur Beschwerde. Gerade der Kollege Gehring teilt oft und gerne aus, da muss man ab und zu auch einmal einen Zwischenruf einstecken können, wenn man in einem Parlament ist. (Zurufe von der CDU.)

 

Einiges von dem, was mein Vorredner gesagt hat, kam mir vor wie Ihr Hemd heute, Kollege Gehring: klein kariert. Vieles war auch ganz einfach falsch oder unsinnig. Ich werde in meiner Rede darauf eingehen.

 

Ich will darauf verzichten, die Rolle der CDU im März 1997 näher zu analysieren. Ich sage Ihnen, Ihr persönliches Engagement für den Bergbau habe ich immer akzeptiert, ich nehme Ihnen das ab. Es gab andere in Ihrer Partei, denen die freie Fahrt auf der Autobahn wichtiger war als der Erfolg der Bergleute. Diese sind auch heute noch in Ihren Reihen. Das muss auch einmal gesagt werden. (Beifall bei der SPD. - Zurufe von der CDU.)

 

Wenn Sie jetzt von Gejammer reden, werden Sie uns nicht davon abbringen, dass wir klar bei unserer energiepolitischen Linie bleiben. Wir werden sie nicht aufgeben. Unsere energiepolitische Linie heißt: Wir sind für die Kohle, wir wollen, dass die deutsche Kohle über 2005 hinaus in der deutschen Energiepolitik eine Rolle spielt. (Zuruf: Heuchelei!)

 

Diese ehrliche Haltung gegenüber den Bergleuten werden wir nicht aufgeben. Sie ist ehrlich, sie ist so gemeint, weil wir überzeugt davon sind, dass wir energiepolitisch und industriepolitisch richtig liegen. Wenn Sie gegen Atomkraft sind, Kollege Ulrich, können Sie nicht gleichzeitig gegen die Kohle sein. Ich verstehe an dieser Stelle Ihre Politik nicht. (Zurufe von B 90/Grüne.)

 

Wir sind gemeinsam für die Entwicklung regenerativer Energien. Wir sind gemeinsam dafür, dass wir die Solarenergie in enormem Maße fördern. Aber bis wir sie so weit entwickelt haben, dass sie einen wesentlichen Beitrag leisten kann, brauchen wir die Kohle. Da dürften wir uns alle einig sein. (Beifall bei der SPD.)

 

Im Rahmen dessen, was die jetzigen politischen Verhältnisse zulassen, ist das Mögliche erreicht worden. Es ist ein sehr gutes Verhandlungsergebnis im Interesse der Belegschaft, aber auch im Interesse des Saarlandes. Es hat uns als Fraktion sehr beruhigt, dass auch der Gesamtbetriebsrat in der Kohle- und Stahlfraktion deutlich gemacht hat, dass er mit dem Ergebnis zufrieden ist. Das ist eine wichtige Aussage. Er hat deutlich gemacht, dass er sehr gut mit diesem Ergebnis leben kann. Das beruhigt uns.

 

Ich möchte an dieser Stelle die Diskussion über die Mitbestimmung aufgreifen. Es war falsch, was der Kollege Gehring erklärt hat, als er sagte, dass einem Unternehmen Saarberg (neu) die Montanmitbestimmung genommen wird. Es ist doch wohl so, dass aufgrund der Konstruktion die Montanmitbestimmung diesem neuen Unternehmen nicht automatisch zufällt, sondern dass sie, wie im Ausschuss mitgeteilt wurde, für das Unternehmen Saarberg (neu) vertraglich geregelt wird, soweit möglich auch für die einzelnen Spartengesellschaften.

 

Das ist unserer Auffassung nach ein Wort. Es ist der einzig gangbare Weg. Wir vertrauen insbesondere auf die Gewerkschaft, dass sie nicht nachgeben wird und diese vertraglichen Regelungen im Sinne der Mitarbeiter von Saarberg durchsetzen wird. (Beifall bei der SPD.)

 

Ich will noch einmal sagen, dass die Bergleute selbst einen Riesenanteil an diesem Erfolg haben, zum einen durch ihren konsequenten Protest vom März 1997, zum anderen aber auch durch ihren persönlichen Verzicht, den sie über Jahre hinweg für die Regelung der Dinge im Bergbaubereich leisten, und schließlich durch ihre beruflichen Höchstleistungen, die sie erbringen. Letzteres betrifft insbesondere die Kolleginnen und Kollegen von Göttelborn-Reden, die um den Bestand ihres Bergwerkes gekämpft haben, leider umsonst, wie wir wissen. Aber alles, was von dieser Belegschaft gemacht worden ist, verdient Dank und Anerkennung. (Beifall bei der SPD.)

 

Dank und Anerkennung habe ich aber nicht für die Haltung der CDU-Fraktion. Ich bedauere es sehr, dass die Partei Franz-Josef Röders und Werner Scherers heute nicht die Größe aufbringt, ganz einfach dem, was die Landesregierung vorgelegt hat und was auf den zwischen der Bundesregierung, der Ruhrkohle, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland ausgehandelten Vereinbarungen fußt, zuzustimmen. Ich bedauere sehr, dass dies heute nicht möglich war, sondern dass Sie zum Teil an den Haaren herbeigezogene Gründe anführen, um dieser Vereinbarung nicht zustimmen zu müssen, nur weil Sie der Landesregierung diesen Erfolg nicht gönnen. Es ist gut verhandelt worden im Sinne des Saarlandes und der Belegschaft. (Beifall bei der SPD.)

 

Deshalb ist Ihr Verhalten in dieser wirklich historischen Stunde eigentlich nicht angemessen. Aber das ist eine Folge Ihres Verhaltens, das schon in der Haushaltsberatung begonnen hat. Sie setzen das fort und damit müssen Sie leben. Wir stimmen den Vereinbarungen jedenfalls vorbehaltlos zu.

 

Jetzt zu den Zulieferern. Es ist klar, dass versucht worden ist, in den Verträgen die Interessen der Zulieferer noch etwas stärker zu berücksichtigen. Aber das ist von der Bundesregierung nicht akzeptiert worden. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Es ist versucht worden, aber es ist nicht akzeptiert worden. Und das liegt auch daran, dass die Ruhrkohle und die Deutsche Steinkohle AG jetzt private Unternehmen sind, denen man nicht alles aufdrücken kann, was man gerne hätte. Ich erinnere mich, dass der Vorsitzende der CDU Saar einer der ersten war, der hier vehement gefordert hat, dass wir die Saarbergwerke privatisieren. Dann kann man, wenn das geschehen ist, sich über die Folgen der Privatisierung und dass dann ein rauerer Wind weht, ganz einfach nicht beschweren. Also Sie schon gar nicht! (Beifall bei der SPD.)

 

Das größte Problem für die Zulieferer, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht die Formulierung in diesem Antrag. Das größte Problem für die Zulieferer sind die Bergwerke, die geschlossen werden, der Absatz, der einfach wegbricht. Das Bergwerk Göttelborn-Reden wird nach dem Jahr 2000 für die Zulieferer fehlen. Das ist das massive Problem für den Bereich unserer Wirtschaft. Da gibt es überhaupt nichts zu lachen. Der Förderrückgang trifft unsere Zulieferer ganz massiv, und das ist das eigentliche Problem. Wir werden die Zulieferer mit unserer Wirtschaftspolitik intensiv unterstützen. Wir sehen es sehr gerne, dass sie in aller Welt tätig werden, sie haben ein hervorragendes Know-how. Wenn wir jetzt in der Zeitung gelesen haben, was in Cayirhan in der Türkei passiert, dann zeigt das die Zukunft, und wir sind froh und auch sehr hoffnungsvoll, dass die Zulieferer diese schwierige Phase überstehen werden.

 

Zum sozialverträglichen Abbau von Arbeitsplätzen. Auch dazu haben Sie etwas gesagt, Sie haben von den neuen Instrumenten gesprochen. Ich gehe einmal davon aus, dass das, was im Vertrag drinsteht und wozu sich auch die Ruhrkohle AG bekannt hat, dass ein sozialverträglicher Abbau möglich ist, auch durchgeführt wird. Wir wissen aber alle, dass das auch davon abhängt, dass diese Instrumente zur Verfügung stehen. Aber wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik immer mehr reduziert worden sind. Das können Sie an der Zahl derer, die von Saarberg in der Qualifizierung sind, ablesen. Das sind immer weniger, weil immer weniger Geld für derartige Dinge zur Verfügung steht. Das passt eigentlich nicht zusammen. Wenn ich hier einen Industriebereich schrumpfen lassen will, dann muss ich auch Bedingungen schaffen, dass das sozialverträglich geht. Und da ist die derzeitige Politik kontraproduktiv.

 

Die Gemeinschaftsaufgabe ist schon erwähnt worden. Ich will hier nur noch einmal das Stichwort Saar-Memorandum nennen. Dazu hat der Kollege Müller beim Kollegen Gehring auf der Veranstaltung gesagt, es wäre alles gut, wenn die SPD den Forderungen der CDU über ein Strukturhilfeprogramm zugestimmt hätte. Das stellt ja nun die Dinge wirklich auf den Kopf. Wir haben das, was die gesellschaftlichen Kräfte des Landes vereinbart haben, im Saarland gemeinsam beschlossen, nach Bonn geschickt, aber wir haben bis heute keine Antwort bekommen. Das ist eine Tatsache. Ich gehe davon aus, dass Sie als CDU-Fraktion, die Sie ja in Bonn Einfluss haben sollten, bisher nichts getan haben, damit dieses Saar-Memorandum kommt. Kollege Feibel, geben Sie zu, dass das Saar-Memorandum eine wesentliche Grundlage für sozialverträglichen Personalabbau auch bei Saarberg ist. Wir sollten uns hier darauf verständigen - - (Zuruf von der CDU.)

 

Sie haben der Projektliste zugestimmt. Ich appelliere an Sie, auch im Interesse der weiteren Geschehnisse im Bergbau, dass Sie sich dafür einsetzen, dass wir eine positive Antwort aus Bonn bekommen und dass man uns dort nicht hängen lässt. Nachdem man den Bergbau klein gemacht hat, schlägt man uns jetzt auch noch die Mittel aus der Hand, um das zu händeln. Das ist nicht in Ordnung. (Beifall bei SPD und Bündnis 90/Grüne.)

 

Nun hat der Kollege Müller auf dieser Veranstaltung auch davon gesprochen, dass wir über die Zeit nach 2006 eigentlich gar nicht reden sollten, das wäre nicht das Thema, sondern wir sollten darüber reden, wie man denn für 12 000 Bergleute dauerhafte und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen will. Diese Zahl hat mich etwas stutzig gemacht. (Zuruf des Abgeordneten Vogtel (CDU).)

 

Ich lese hier aus der Saarbrücker Zeitung vor. Ich war nicht dabei, aber ich sage einmal, wenn diese Zahl so stimmt, dann steht dahinter, dass der Kollege Müller davon ausgeht, dass wir unmittelbar nach dem Jahr 2005 mit dem Abbau weitermachen und dass hier insgesamt also 12 000 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Er ist heute leider nicht hier. Ich hätte heute gerne von ihm gewusst, was er damit ausdrücken wollte, ob das Auslaufbergbau ist, zu dem sich die CDU-Landtagsfraktion jetzt bekennt, oder ob Sie nach wie vor zumindest dazu stehen, dass wir nach dem Jahr 2005 im Saarland weiter einen nachhaltigen Bergbau betreiben.

 

Zum Schluss will ich noch einige Anmerkungen zur Gewinnabführung machen. Sie wissen alle, dass die Vereinbarung, 200 Millionen nach dem Jahr 2000 abzuführen, am 13. März inklusive eines Beitrages des Landes Nordrhein-Westfalen vereinbart worden ist. Das sind alles Dinge, die nach meiner Einschätzung völlig systemwidrig sind. Es ist falsch, das Unternehmen mit diesen 200 Millionen DM zu belasten. Das macht die Startschwierigkeiten für Saarberg (neu) nicht besser, und deshalb sind wir dagegen. Man hat uns aber gezwungen, das so reinzuschreiben. Genauso ist es mit den Beiträgen des Landes Nordrhein-Westfalen. Nach meiner Einschätzung ist die Subventionierung der deutschen Steinkohle Sache der Energiepolitik des Bundes und nicht der Länder. Aber auch das hat man hier reingedrückt, weil man expressis verbis an der Kohle sparen wollte. Ich frage an dieser Stelle: Was bezahlt denn zum Beispiel Bayern zum Eurofighter? Diese Frage könnte man ja stellen, wenn hier Länder oder Unternehmen zur eigenen Subventionierung etwas beitragen müssen. Was zahlt denn das Land Bayern dafür, (Zuruf des Abgeordneten Feibel (CDU)) dass es jetzt das, was an Kohlesubventionen eingespart worden ist, dafür erhält, um den Eurofighter bauen zu können? Das ist nicht in Ordnung und zeigt, dass wir insgesamt zuungunsten der Kohle eine politische Schieflage haben. An dieser Frage müssen wir arbeiten. Wir werden in diesem Jahr daran arbeiten, weil wir überzeugt sind, dass die Kohle nur eine Perspektive hat, wenn wir in diesem Jahr einen Politikwechsel schaffen.

 

Ich fasse zusammen. So wie das Vertragswerk von der Bundesregierung, von Nordrhein-Westfalen, von der Ruhrkohle AG und vom Saarland ausgehandelt worden ist, können wir diesem Paket zustimmen. Die Saarbergwerke sind einverstanden, der Gesamtbetriebsrat ist unter den gegebenen Bedingungen einverstanden, und deshalb ist die Geschichte nach unserer Auffassung akzeptabel; wir können damit leben. Entscheidend ist, dass wir heute nicht nur diesem Vertragswerk zustimmen, sondern dass wir auch für seine Umsetzung kämpfen und dass wir weiterhin für die Interessen des Steinkohlenbergbaus Einfluss nehmen und politisch kämpfen. In diesem Sinne ein herzliches Glückauf! (Beifall bei der SPD.)

 

Vizepräsident Meyer:

 

Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Dr. Pollak.

 

Abg. Dr. Pollak (B 90/Grüne):

 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte einen Aspekt in diesem Vertragswerk ein bisschen näher beleuchten, nämlich den Aspekt, dass es sich heute hier um eine historische Entscheidung handelt. Oskar Lafontaine hat heute Morgen hier aufgezeigt, wie sich die Historie des Bergbaus im Saarland darstellt, vom Wiener Kongress von 1815 über den Königlich-Preußischen Bergfiskus bis zur Régie des Mines de la Sarre und bis zum Jahre 1957. Seit 1957 haben wir die bis heute noch bestehenden Mehrheitsverhältnisse, 74 Prozent Bund und 26 Prozent Land. Die fast 200-jährige Tradition also, die heute Morgen des Öfteren nachgezeichnet worden ist, dass die Gruben Staatsbesitz sind, diese Tradition zeigt auf, welchen Stellenwert die Kohle bis heute als der Motor für die industrielle Revolution gehabt hat und vor allen Dingen, welche Bedeutung die Kohle als Einzige namhafte Energiereserve für Deutschland und auch für Frankreich gehabt hat. Deswegen gab es also den Staatsbesitz der Gruben.

 

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das macht im Umkehrschluss - und ich denke, das ist einer der ganz wesentlichen Punkte, auf die es heute hier ankommt - auch deutlich, dass die Kohle nach Abschluss des jetzt vorliegenden Vertrages, den wir hier diskutieren, genau diese Bedeutung eben nicht mehr hat. Das ist das Einschneidende an diesem Tag. Denn der Staat zieht sich als Anteilseigner jetzt zurück. Ich sage, liebe Freundinnen und Freunde von der SPD, lieber Herr Tabillion, Sie lügen sich in die eigene Tasche und Sie lügen sich in die Taschen der Bergleute, wenn Sie sich heute wie in mehreren Redebeiträgen hier hinstellen und die Notwendigkeit einer Kohlereserve für das nächste Jahrhundert anmahnen. Der Kollege Ulrich hat das eben schon angesprochen.

 

Ich darf in diesem Zusammenhang auf ein Gutachten des Instituts für europäische Wirtschaftspolitik verweisen. In dem haben die beiden prominenten Professoren Sievert und Streit schon 1964 - schon 1964! - wörtlich geschrieben: "Übrig bliebe die Möglichkeit, dass der Staat sich einen hochsubventionierten Bergbau leistet, um die Abhängigkeit von ausländischen Energiequellen in Grenzen zu halten." So weit, so gut. Dann der nächste Satz: "Darauf wird jedoch auf Dauer kein Verlass sein." Und dass auf Dauer darauf kein Verlass war und auch kein Verlass ist, das zeigt der heutige Tag in diesem Parlament.

 

Dass sich eine solche Erkenntnis, dass auf diese Dinge kein Verlass ist, in einem Lande, das über Jahrhunderte vom Bergbau geprägt war, nur sehr langsam durchsetzt, nur sehr langsam verbreitet, ist gesellschaftspolitisch und vor allem auch menschlich durchaus verständlich. Es kann aber im Nachhinein festgestellt werden, und das müssten wir auch am heutigen Tage hier im Saarland feststellen, dass das Festhalten am Bergbau nicht nur den Bergbau an der Saar nicht retten wird, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern dass diese falsche Weichenstellung schon bisher die gesamte wirtschaftliche Situation unseres Landes, so wie sie sich uns heute darstellt, in wesentlichen Teilen mitverursacht hat.

 

Es ist ohne Frage ein wichtiger Erfolg des Kohlekompromisses vom Frühjahr, wenn nicht gar der wichtigste Erfolg, dass wir ohne betriebsbedingte Kündigungen bei Saarberg davongekommen sind. Aber - und das muss uns hier klar sein - für die Kinder der Bergleute, für die Zukunft haben wir noch keine arbeitsmarktpolitische Alternative dazugewonnen. Und, lieber Herr Kollege Stritter, wenn Sie in der Saarbrücker Zeitung in diesen Tagen gesagt haben, es habe keinen Sinn, den Bergleuten zu sagen, es gäbe im Bergbau keine Perspektive, dann müssen Sie mir die Gegenfrage gestatten: Welchen Sinn macht es denn, bitte schön, diese Perspektive den Bergleuten zu versprechen? Auf welchen Fakten oder wenigstens auf welcher Hoffnung beruht denn eine solche Aussage? (Abg. Vogtel (CDU): Da ist der Wunsch der Vater des Gedankens.)

 

Es gibt sie, die Perspektive. Aber es gibt sie im Moment nur bis zum Jahr 2005. Und das Jahr 2005 kommt schnell, meine Damen und Herren. Genau diese Kurzsichtigkeit ist es, die wir der Landesregierung immer wieder vorwerfen. (Abg. Gillo (SPD): Was hätten Sie denn gern nach 2005?)

 

Lieber Herr Gillo, Sie haben immer noch nicht begriffen, dass das große Problem das ist, dass es nicht darum geht, dass das, was wir hier alle wollen oder was wir für wünschenswert halten, der Punkt ist. Es geht ganz einfach darum, dass es Einflüsse gibt von außen, denen wir uns stellen müssen. Sie wissen doch ganz genau, wir haben zwei kohlefördernde Länder im Konzert von sechzehn Bundesländern. Tun Sie doch nicht so, als könnten Sie dafür sorgen, dass dann in Bonn das Geld gedruckt wird, um Ihre wünschenswerten Dinge hier zu halten. Das ist doch Unsinn. Wir müssen uns doch den Realitäten stellen. (Beifall bei B 90/Grüne.)

 

Wir müssen uns den Realitäten genauso wie beim Saar-Memorandum stellen. Das Saar-Memorandum - ich sage das hier deutlich - haben wir in einem Kraftakt in einer Sondersitzung auf den Weg gebracht. Aber ich sage auch ganz deutlich, dieses Saar-Memorandum kam genau sechs Monate zu spät. Es kam nämlich dann in Bonn auf den Tisch, sechs Monate zu spät, als es nichts mehr zu verhandeln gab. (Beifall bei B 90/Grüne.)

 

Es kam auf den Tisch, als es nichts mehr zu verhandeln gab. Und genau so wurde dieses Saar-Memorandum dann auch in Bonn behandelt. Es ist, ganz egal, aus welchen Teilen es bestanden hat, in Bonn im Papierkorb gelandet. Wir haben bis zum heutigen Tage noch nicht einmal eine Antwort erhalten. (Abg. Stritter (SPD): Ist das Schuld der Landesregierung?)

 

Ich spreche die Tatsache an, lieber Herr Kollege Stritter, dass wir zu spät dran waren, dass zuerst verhandelt worden ist, und da wurde die regionalpolitische Flankierung vergessen. Der Kollege Ulrich hat es doch eben ausgeführt. Dann wurde das Saar-Memorandum nachgeschoben; es wurde nachgeschoben zu einer Zeit, als es einfach zu spät war. Das ist doch der Punkt. (Zuruf des Abgeordneten Stritter (SPD).)

 

Ich möchte - das will ich hier noch einmal sagen, und dabei will ich es auch bewenden lassen - die Gelegenheit des heutigen Tages nutzen, an die Mitarbeiter von Saarberg, an die Gewerkschaften, an die SPD zu appellieren, an alle zusammen: Meine Damen und Herren, nutzen Sie den gewonnenen kurzen zeitlichen Spielraum aus. Bauen Sie nicht neue Schützengräben auf vor dem Zweistandortemodell. Das Zweistandortemodell wird genauso Geschichte werden wie das Dreistandortemodell. Wir wissen das hier alle, das ist im Endeffekt so; das ist schade, aber es ist so. Deswegen: Nutzen Sie den gewonnenen kurzen zeitlichen Spielraum dazu, die Saarbergtöchter für den Markt fit zu machen, damit wir wirklich zukunftsfähige Arbeitsplätze für die nächste Generation hier an der Saar bekommen. Das muss das Ziel sein, dem wir uns hier alle an diesem wichtigen historischen Tag verpflichtet sehen müssen. - Vielen Dank. (Beifall bei B 90/Grüne.)

 

Vizepräsident Meyer:

 

Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Peter Hans.

 

Abg. Hans (CDU):

 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal meine Betroffenheit zum Ausdruck bringen, wie hier ein Kollege mundtot gemacht worden ist. (Oh! bei der SPD. - Zuruf des Abgeordneten Schmitt (SPD).)

 

Der Kollege weiß sich normalerweise sehr gut zu helfen; Herr Kollege Schmitt, Sie wissen das. Aber wenn es im Parlament nicht mehr möglich ist, Rücksicht darauf zu nehmen, dass dieser Kollege vor Kurzem eine Operation gehabt hat und daher vielleicht etwas weniger belastbar ist, dann ist das ein Armutszeugnis für den menschlichen Umgang miteinander in diesem Parlament.

 

Was hat der Kollege Gehring gemacht? Der Kollege Gehring hat auf Fragen verwiesen, die in der Belegschaft sehr wohl gestellt werden, die aber in den Verhandlungen bzw. in dem, was nach außen gesagt worden ist, aus welchen Gründen auch immer - ich unterstelle, aus Gründen des großen Konsenses -, nicht angesprochen worden sind. Ich versuche mir mal einen Moment vorzustellen, einer der Verhandlungspartner an diesem Tisch wäre eine CDU-geführte Landesregierung gewesen. (Abg. Schmitt (SPD): Das wirst du in den nächsten zwanzig Jahren nicht erleben.)

 

Da wäre ich einmal gespannt gewesen, wie man auf Seiten der Gewerkschaften dann in dieser Frage agiert hätte. Man hätte dort genauso gehandelt, wie zur Zeit die Gewerkschaft in der Frage Garzweiler II in Nordrhein-Westfalen agiert. In jeder anderen Konstellation hätte es dort riesige Demonstrationen gegeben, hätte man dort für die Arbeitsplätze der 50.000 Betroffenen demonstriert. Jetzt ist Ruhe verordnet aus politischen Gründen. Wenn hier jemand diese Nachfragen stellt, dann tut er das auch im Interesse der Belegschaft. Willy Gehring hat keinen Nachholbedarf, wenn es darum geht, die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu vertreten. (Beifall bei der CDU.)

 

Herr Kollege Tabillion, Sie haben hier einige Tatsachen in den Raum gestellt, die ich in der Darstellung für sehr, sehr oberflächlich halte, etwa die Haltung der CDU zur Frage der Blockade von Autobahnen mit der Bemerkung abzutun, hier haben diejenigen, die für freie Fahrt für freie Bürger sind, ihre Spielwiese. Meine Damen und Herren, Sie haben vielleicht nicht verstanden, dass es uns dabei um rechtsstaatliche Grundsätze gegangen ist, (Zurufe von der SPD) um rechtsstaatliche Grundsätze, die gerade eine Opposition hochzuhalten hat. Herr Kollege Schmitt, es ist darum gegangen zu verdeutlichen, dass in diesem Land niemand über dem Recht steht, sondern jeder unter dem Recht, (Beifall bei der CDU) ob wir mit einem Mann dastehen, mit fünf oder mit 5.000. Für alle - und das ist eine der großen Errungenschaften parlamentarischer Demokratie über die Jahrhunderte hinweg - gilt das gleiche Recht, und dafür werden wir uns ebenfalls einsetzen und kämpfen, egal, wie Sie das hier kommentieren. (Beifall bei der CDU.)

 

Meine Damen und Herren, Sie sagen hier, Herr Kollege Dr. Tabillion, wer Atomenergie nicht will, der muss die Kohle wollen. Was sagt denn Ihr Kollege im Bundestag, der Präsident von Euro-Solar, Herr Scheer? Herr Scheer entwickelt ein Szenario, in dem weder die Atomenergie noch die fossilen Energien vorkommen. Sie haben ihm einen Sonnenstich bescheinigt, Herr Kollege Dr. Tabillion, aber immerhin gibt es in Ihrer eigenen Fraktion ernst zu nehmende Politiker, einflussreiche Politiker, die sich jetzt im Sinne des Herrn Dr. Pollak die Zukunft, die Brücke in das kommende solare Zeitalter ohne die Träger Kohle vorstellen können. Sie sollten das dann hier nicht so leichthin abtun.

 

Ich erinnere Sie in dem Zusammenhang auch noch daran, dass die Energiewende in den siebziger Jahren, die bedeutet hat, dass damals der überwiegende Teil der Kernkraftwerke gebaut worden ist, dass man begonnen hat, auf Kernkraft zu setzen, dass diese Energiewende unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung vollzogen worden ist. Jeder weiß, dass man aus einem solchen Bereich nicht gerade ein- und aussteigen kann wie aus einem Zug.

Ein dritter Punkt, Herr Kollege Dr. Tabillion, den Sie hier angesprochen haben, sind die Deutungen der Aussagen des Kollegen Müller. Sie waren bei der Veranstaltung nicht dabei, Sie haben wahrscheinlich die SZ auch nicht so ganz genau gelesen. Der Kollege Müller hat dort davon gesprochen, dass bis zum Jahre 2005 6.000 Arbeitsplätze im Bereich des Bergbaues wegfallen und weitere 6.000 im Bereich der nachgelagerten Bereiche. Das sind die 12.000. Er hat nicht davon gesprochen, dass 12.000 Arbeitsplätze im Bergbau im Kernbereich wegfallen, wie Sie das hier darzustellen versuchen. Aber der Kollege Müller hat darin Recht, dass er sagt, bis zum Jahre 2005 sind die Dinge jetzt im Wesentlichen geregelt. Das wird ja hier gefeiert. Wir kümmern uns jetzt nicht primär darum, was nach dem Jahr 2005 sein wird, sondern im Moment liegt eine ganze Wegstrecke vor uns, wo wir für diese Menschen Alternativen finden müssen. Dort ist auch und gerade die Landesregierung gefordert. (Beifall bei der CDU.)

 

Ich möchte zum Abschluss noch einmal auf den Kern unseres Anliegens zurückkommen. Es ist gesagt worden: Sie besitzen nicht die Größe, zuzustimmen. Meine Damen und Herren, es ist keine Frage der Größe, sondern es ist eine Frage, wie man gewichtige Einwände zu werten hat. Ich habe den Eindruck, als angemessene Reaktion in Ihrem Sinne gilt nur die vorbehaltlose Zustimmung zu allem, was diese Landesregierung vorschlägt. (Beifall bei der CDU.)

 

Meine Damen und Herren, von mir aus hat dann die SPD-Mehrheitsfraktion angemessen reagiert. Das ist Ihr Markenzeichen, diese Angemessenheit im Sinne von Kadavergehorsam. Wir glauben, dass dieser Vorschlag, dieser Kompromiss nicht optimal verhandelt worden ist. Unser Antrag macht deutlich, wo wir die Schwachstellen sehen. Wir stimmen der Veräußerung zu. Das war unsere Position bisher im Gegensatz zu Ihrer Position, aber wir sind der Auffassung, dass hier die Landesregierung nicht optimal verhandelt hat, dass noch Nachbesserungsbedarf ist. Ich denke, das ist doch eine Haltung einer Opposition, die nachvollziehbar sein muss. Das ist doch kein Staatsverbrechen, das ist kein Verrat an einer gemeinsamen saarländischen Sache, sondern das ist ureigenste Aufgabe der Opposition, Schwachstellen herauszustellen und ihre Behebung einzufordern, und nichts anderes tun wir. (Beifall bei der CDU.)

 

Vizepräsident Meyer:

 

Das Wort hat Herr Kollege Hubert Ulrich.

 

Abg. Ulrich (B 90/Grüne):

 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Tabillion, ich muss das, was Sie eben hier in Sachen Energiepolitik der SPD Saar zum Besten gegeben haben, doch mit einem gewissen Schmunzeln zur Kenntnis nehmen. Sie haben mit Ihren Äußerungen zum Bereich Kohle alles das, was Ihr Umweltminister Leonhardt immer so propagiert vom Solarland Saarland, Zukunft der alternativen Energieform, völlig in Abrede gestellt. Sie haben es völlig ad absurdum geführt. Ihre Position ist natürlich: Wir verbrennen hier im Saarland in fünfzig Jahren noch, in hundert Jahren noch Steinkohle und sonst nichts. Steinkohle forever, das haben Sie eben herübergebracht. (Zuruf des Abgeordneten Dr. Pollak (B 90/Grüne).)

 

Wenn Sie Ihre eigene Position, die der SPD Saar, in der Frage der Solarenergie auch nur ein wenig ernst nähmen - es tut mir Leid, Herr Dr. Tabillion -, dann müssten Sie auch ein bisschen ernsthafter argumentieren. Ich habe meine Position vorhin genannt. Ich bin persönlich davon überzeugt, die nächsten zwanzig bis vierzig Jahre werden wir die Steinkohle brauchen. Wenn wir sie aber in vierzig Jahren wirklich noch brauchen, dann sieht es auf diesem Planeten traurig aus. Ich gehe einmal davon aus, Treibhauseffekt ist auch Ihnen ein Begriff. Wenn wir es nicht schaffen innerhalb der nächsten zwanzig, dreißig und vierzig Jahre, wirklich in die solare Kreislaufwirtschaft einzutreten, dann sind wir arm dran. (Abg. Klimmt (SPD): Wir liegen vorne mit der Solarenergie.)

 

Genauso Ihr Argument von der nationalen Energiereserve. - Herr Kollege Klimmt, ich will es noch einmal aufgreifen. Auch Ihr Argument von der nationalen Energiereserve Kohle - tut mir Leid - ist bodenloser Quatsch. Das ist bodenloser Quatsch! Was soll denn geschehen, wenn in zwei, vier oder fünf Jahren eine neue Ölkrise auftritt? Fahren wir dann die Kohlegruben hoch und machen Benzin? Wo kommt denn über Nacht die Hydrierindustrie her, die wir dazu bräuchten? Fahren wir dann mit unseren Autos Kohle? Schließen wir die PKW an die Kraftwerke an? Herr Klimmt, das ist bodenloser Unsinn, man kann es nicht deutlicher sagen.

 

Das weltweit renommierte Institut aus Kiel, das Weltwirtschaftsinstitut, hat vor zwei oder drei Jahren eine Studie erarbeitet, deren Hintergrund es war, einmal die Kosten zu ermitteln, um wie viel preiswerter es wäre, wenn man als nationale Energiereserve Erdölreserven einlagern würde, und zwar in der Dimension der heute angedachten nationalen Energiereserve. Lieber Herr Kollege Klimmt, die Kosten, die damals berechnet wurden, lagen in der Dimension von einem Zehntel der Kohlesubventionen. Das sind die realen Kosten in volkswirtschaftlicher Hinsicht, die ich nicht nur zu meinem Argument mache. Sie kennen mein Argument. Wir sind hier im Saarland, wir müssen die Arbeitsmarktseite richtig betrachten. Deshalb muss man das hier im Saarland diskutieren. Aber wie Sie das hier darstellen, aus energiepolitischer Notwendigkeit am deutschen Steinkohlenbergbau festzuhalten, ist das ausgemachter Quatsch. - Danke. (Beifall bei B 90/Grüne.)

 

Vizepräsident Meyer:

 

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache.

 

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag der CDU-Landtagsfraktion, Drucksache 11/1502. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 11/1502 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Vielen Dank. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 11/1502 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist.

 

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Regierung, Drucksache 11/1495. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 11/1495 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Vielen Dank. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 11/1495 bei Stimmenthaltungen einstimmig angenommen ist.

 

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sitzung bis 14.30 Uhr.

 

(Die Sitzung wird von 13.24 Uhr bis 14.34 Uhr unterbrochen.)