Landtag des Saarlandes
(Auszug)
11. Wahlperiode
Pl. 11/50
21. 1. 98
50. Sitzung
am 21. Januar 1998, 9.00
Uhr,
im Gebäude des Landtages zu
Saarbrücken
Beginn: 9.04 Uhr
Ende: 18.03 Uhr
(Beginn des Textauszugs)
Wir kommen zu den Punkten 3 und 8 der Tagesordnung:
- Beschlussfassung über den von der Regierung des Saarlandes
eingebrachten Antrag betreffend Veräußerung des 26-Prozent-Anteils des
Saarlandes an der Saarbergwerke AG (Drucksache 11/1495),
- Beschlussfassung über den von der CDU-Landtagsfraktion
eingebrachten Antrag betreffend Veräußerung des 26-Prozent-Anteils des
Saarlandes an der Saarbergwerke AG (Drucksache 11/1502).
Zur Begründung des Antrages der Landesregierung
erteile ich Herrn Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine das Wort.
Ministerpräsident Lafontaine:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Die Übertragung der Anteile des Landes an der Saarbergwerke AG auf die
Ruhrkohle Aktiengesellschaft, zu der die Einwilligung des Landtages beantragt
wurde, stellt in mehrfacher Hinsicht einen erheblichen Einschnitt für unser
Land dar. Zum einen ist das der Schlusspunkt beim Vollzug der kohlepolitischen
Beschlüsse vom März vergangenen Jahres, mit denen eine lange Zeit der quälenden
Ungewissheit für die Bergleute und ihre Familien ein Ende gefunden hatte.
Wie jeder weiß, ist mit diesen Beschlüssen nicht nur
die Aktienübertragung, sondern auch der Verlust eines Grubenstandortes im
Saarrevier zum Ende des Jahres 2000 verbunden. Diese Standortentscheidung führt
zu einem weiteren massiven Arbeitsplatzabbau im Bergbau und in der
Saarwirtschaft. Die bittere Erkenntnis dabei ist, dass Arbeitsplätze im Bergbau
nicht nur für die jetzt betroffenen Bergleute, sondern unwiderruflich auch für
nachwachsende Generationen verloren gehen. Die Grubenschließung und vor allem
der weitere Aus- und Umbau des Nichtkohlebereiches von Saarberg stellt für das
Unternehmen eine große Herausforderung dar.
Für das Land bedeuten die mit den kohlepolitischen
Beschlüssen des vergangenen Jahres verbundenen Folgen für die Wirtschaftskraft
und den Arbeitsmarkt eine deutliche Verschärfung der inhaltlichen und
finanziellen Herausforderungen der Strukturpolitik. Die Abgabe der
26-prozentigen Landesbeteiligung an der Saarbergwerke AG ist zum anderen auch
unter geschichtlichen Aspekten zu würdigen und gibt heute Anlass, den Blick
zurückzuwenden. Mit der Aktienübertragung wird nicht nur die Eigentümerstellung
der öffentlichen Hand an der im Jahre 1957 gegründeten Saarbergwerke AG beendet,
sondern mit dieser Privatisierung geht - abgesehen von einer nur kurzen
vorübergehenden Unterbrechung unter französischer Herrschaft zu Beginn des 19.
Jahrhunderts - die fast 250-jährige Geschichte der Saargruben als Staatsbetrieb
zu Ende.
Im Jahre 1751 verstaatlichte Fürst Wilhelm Heinrich
von Nassau-Saarbrücken sämtliche Kohlegruben seines Landes und setzte damit der
ungeordneten Kohlengräberei durch viele Kohlebesitzer und Grubenbesitzer ein
Ende. Dies gilt als der Beginn eines geregelten bergmännischen Abbaus der
Steinkohle im Saarrevier.
Nach dem Zweiten Pariser Frieden übernahm der
preußische Staat die Saargruben, mit Ausnahme der Bergwerke von St. Ingbert und
Bexbach, die an Bayern fielen. Es ist vielleicht zu wenig bekannt, dass Bayern
auch Gruben an der Saar besaß. Zur damaligen Zeit wurde für die damaligen
Verhältnisse in diesen Gruben ordentliches Geld verdient.
Den Aufschwung unter preußischer Verwaltung können
die folgenden Zahlen verdeutlichen. Im Jahre 1849 waren 3.865 Bergleute beschäftigt,
bei einer Jahresförderung von einer halben Million Tonnen. Im Jahre 1865 waren
die Kennzahlen auf 16.000 Bergleute und auf drei Millionen Tonnen gestiegen.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 setzte
im Zuge der Industrialisierung gewissermaßen eine Hochkonjunktur unserer
Montanindustrie ein, die zu einer enormen Ausweitung der Kohlegewinnung und
Kokserzeugung führte. Die Steinkohle war seit Beginn der Industrialisierung und
bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die Hauptenergiequelle.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges trat das
Saarstatut des Versailler Vertrages in Kraft, mit dem die Steinkohlenindustrie
an der Saar in das Eigentum des französischen Staates für die Geltungsdauer des
Versailler Vertrages von 15 Jahren wechselte. Nach der Saarabstimmung am 13.
Januar 1935 und der Anbindung des Saarlandes an Deutschland kaufte das Deutsche
Reich das gesamte Grubenvermögen für 150 Millionen Reichsmark von Frankreich
zurück, erlangte dadurch volles Eigentum an den Saargruben und gründete 1936
die Saargruben AG.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die
Saargruben AG bis Ende 1947 unter französische Sequesterverwaltung gestellt.
Zum 1. Januar 1948 wurde die Gesellschaft liquidiert und die Saargruben wurden
von der Régie des Mines de la Sarre übernommen. Durch den Abschluss des
deutsch-französischen Vertrages zur Regelung der Saarfrage wurde eine neue Lage
geschaffen. Artikel 85 des Saarvertrages sah die Gründung eines neuen
Rechtsträgers für die Saargruben bis spätestens 30. September 1957 vor, an dem
der Bund mit 74 Prozent und das Saarland mit 26 Prozent beteiligt sein sollten.
Die Bedeutung der Steinkohle für unser Land auch noch nach dem Ende des Zweiten
Weltkrieges wird daraus ersichtlich, dass in den Artikel 52 der Saarverfassung
aufgenommen wurde, dass "der Steinkohlenbergbau wegen der überragenden
Bedeutung für die Wirtschaft des Landes nicht Gegenstand privaten Eigentums
sein darf und im Interesse der Volksgemeinschaft geführt werden muss".
Nach dem geschichtlichen Ausflug wird deutlich, dass
die Eigentümerschaft über die Saargruben seit nunmehr fast 250 Jahren eng mit
dem politischen Schicksal unseres Landes verbunden war. Die jetzt anstehende
Veräußerung steht allerdings nicht mehr mit einem Wechsel der politischen oder
wirtschaftlichen Zugehörigkeit des Saarlandes zu Frankreich oder Deutschland in
Zusammenhang, sondern sie ist Ergebnis unserer nationalen Energiepolitik. Diese
Politik hat sich seit der Gründung der Saarbergwerke im Jahre 1957 grundlegend
verändert. Der Bogen spannt sich von einer Kohlevorrangpolitik bis hin zur
Forderung nach einem Auslaufbergbau. Zum Zeitpunkt der Gründung der
Saarbergwerke im Jahre 1957 hatte bereits die Entwicklung einer Verdrängung der
Steinkohle durch Erdöl und Importkohle eingesetzt, die sich im späteren Verlauf
durch den Energieträger Erdgas weiter verschärfte. Der Anteil der Steinkohle am
Primärenergieverbrauch in Deutschland ging zurück. Was Förderung und
Beschäftigung im deutschen Steinkohlebergbau anbelangt, führten die beiden
Ölpreiskrisen in den siebziger Jahren noch einmal zu einem kurzfristigen
Anstieg der Beschäftigung und der Förderung.
Diese erst gut zwanzig Jahre zurückliegenden Krisen
hatten die Instabilität der Weltenergiemärkte offenbart und waren Anlass, an
der Kohlenvorrangpolitik, die mittlerweile leider aufgegeben wurde,
festzuhalten. Nach Auffassung der Landesregierung gibt es aber nach wie vor
gute Gründe, einen heimischen Sockel an Energievorräten vorzuhalten und vor
allem den dauerhaften Zugang zu diesen Energiereserven zu erhalten.
An dieser Stelle möchte ich betonen, der
Steinkohlebergbau - und das gilt auch für andere fossile Energieträger - ist
hinsichtlich Planung, Erschließung und Abbau von Kohlefeldern auf eine
langfristig angelegte Energiepolitik angewiesen. Stillegelegte Bergwerke und
abgeworfene Lagerstätten sind einem kurzfristigen Zugang entzogen und können,
wenn überhaupt, nur mit hohem Kostenaufwand und mit langfristigen Vorlaufzeiten
wieder zugänglich gemacht werden.
Bei der heute anstehenden Entscheidung des
saarländischen Landtages ist im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung auch auf
Folgendes hinzuweisen. In den letzten 25 Jahren hat sich der Weltenergiebedarf
mehr als verdoppelt. Der Weltenergierat erwartet für die nächsten 25 Jahre eine
weitere Verdoppelung des Bedarfs. Dabei wird die Deckung dieses Bedarfs nach
wie vor und hauptsächlich durch fossile Energieträger wie Kohle, Erdöl und
Erdgas erfolgen müssen. Die Energiewirtschaft ist und bleibt eine
Schlüsselindustrie für Wohlstand und Beschäftigung. Dies gilt im Übrigen auch
in den Schwellen- und Entwicklungsländern.
Die Wachstumsregionen des Fernen Ostens verfügen mit
Ausnahme von China und Indien kaum über eigene Energieressourcen; immer mehr
Länder werden deshalb auf fremde Ressourcen angewiesen sein. Dazu eine Zahl:
Heute leben bereits 50 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern, deren
Energieversorgung überwiegend von Importen abhängig ist. Im Jahre 2020 werden
es nach Meinung von Experten etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung sein. Diese
Abhängigkeiten können wegen der Dynamik, die den Energiemärkten innewohnt,
durchaus auch schon viel früher Realität werden, als wir uns das heute
vorstellen.
Wenn das auch in revierfernen Bundesländern anders
gesehen bzw. dort die Gefahr verdrängt wird, bin ich der Überzeugung, dass es
leichtfertig und verantwortungslos wäre, die deutsche Steinkohle auf die
marginale Restgröße eines Museumsbergbaus oder gar eines Auslaufbergbaus
zurückzuführen. (Beifall bei der SPD.)
Ein paar Worte zum industriepolitischen Aspekt. In den
nächsten 25 Jahren werden - so die Einschätzung von Experten - weltweit etwa
4.000 Milliarden Dollar in den Bau und die Ausrüstung von Bergwerken investiert
werden. Das ist ein gewaltiges Marktpotential für die Bergwerkstechnologie.
Wenn man diese Prognose zugrunde legt, bedeutet jede Mark an Zuschüssen in die
deutsche Steinkohle von heute eine Investition in eine Zukunftstechnologie, in
einen Exportmarkt von morgen. Ich habe bewusst das Wort Zukunftstechnologie
gebraucht, weil natürlich allgemein das Vorurteil herrscht, dass Technologien
in den Bereichen, die uns lange vertraut sind, alte Technologien seien. Dass
innerhalb dieser Bereiche erhebliche technologische Sprünge zu verzeichnen sind
und erhebliche technologische Verbesserungen immer wieder vor sich gehen, wird
weitgehend übersehen. (Beifall bei der SPD.)
Bergbau und Industrie in Deutschland können die
gesamte Wertschöpfungskette rund um die Kohle anbieten von Exploration, Bau,
Betrieb von Bergwerken, Kraftwerks- und Kokereitechnik, Umweltschutz, Logistik,
Handel mit Steinkohle bis hin zur modernen Bergbautechnik, die zusammen mit den
Bergbauzulieferern im deutschen Steinkohlebergbau entwickelt und angewendet
wird. Dieses weltweite Marktpotential wird auch und gerade durch eine
mittelständisch geprägte Bergbauzulieferindustrie in heimische Wachstums- und
Beschäftigungsimpulse umgesetzt. Grundlage für all das ist aber ein lebens- und
leistungsfähiger Bergbau in Deutschland.
Das sind keine neuen Erkenntnisse. Aber diese
Aspekte wurden und werden leider in einer Zeit, in der alles nur auf die
Schlagzeile des nächsten Tages, vielleicht auch noch des nächsten Monats
starrt, immer wieder verdrängt.
Was die ökologische Frage der Steinkohlenverwertung
anbelangt, möchte ich auf Folgendes hinweisen. Natürlich schafft die Kohle
Umweltprobleme; niemand leugnet das. Der deutsche Bergbau und seine Zulieferer
sind aber Vorreiter für eine moderne und technologisch ausgereifte
Verbrennungs- und Entsorgungstechnologie. Diese ausgereifte Verbrennungs- und
Entsorgungstechnologie brauchen gerade die Länder, die in Zukunft in immer
stärkerem Umfang Steinkohle zur Energieerzeugung einsetzen werden. Dies wird
deutlich an der Dichte von Kraftwärmekoppelungen und Fernheizungsanschlüssen.
Solange wir in einem überschaubaren Zeitraum nicht mit umweltverträglicheren
Energiequellen wie vor allem mit erneuerbaren Energien unseren Energiebedarf
vollständig decken können, so lange muss die Kohle als Energieträger auf dem
höchstmöglichen Stand einer umweltverträglichen Nutzung erhalten bleiben.
Zur Reichweite der Energieträger nur soviel. Nach
heutigem Erkenntnisstand haben Gas, Erdöl und Uranerze eine Reichweite von
unter 100 Jahren, die Steinkohle nach heutigem Erkenntnisstand eine Reichweite
von über 200 Jahren. Das heißt, wer über eine langfristige Energiepolitik
redet, muss zumindest das Argument akzeptieren, dass die Reichweite der
Steinkohle länger und damit dieser Energieträger bedeutender für die Suche nach
einer alternativen Energieversorgung ist als andere Energieträger, deren
Vorräte früher auslaufen.
Die Hoffnung und Erwartung, dass wir in
überschaubarer Zeit nur mit erneuerbaren Energien wie etwa Sonne, Wind und
Wasser auskommen könnten, kann vom derzeitigen Stand der Technologie und vom
heutigen Stand der Wissenschaft noch nicht erfüllt werden. Natürlich kann
niemand voraussehen, was in einigen Jahren oder Jahrzehnten an technologischen
Durchbrüchen geschehen kann.
Ich komme zurück auf den Einsatz der Steinkohle bei
der Energieversorgung in den zurückliegenden Jahren. In dem so genannten
Jahrhundertvertrag aus dem Jahre 1980 wurde die fehlende Wettbewerbsfähigkeit
der deutschen Steinkohle infolge ungünstiger geologischer Abbaubedingungen bei
der Verstromung mit dem so genannten Kohlepfennig durch den Verbraucher ausgeglichen;
bei der Verhüttung wurde der Preisnachteil größtenteils durch die öffentliche
Hand ausgeglichen. Ungeachtet dieser Form der Ausgleichsfinanzierungen schritt
der Anpassungsprozess in Form von Förderrücknahmen, Grubenschließungen und
Personalabbau immer weiter fort. Ich erinnere an die vom Bund eingesetzte
Mikat-Kommission und die Kohlerunde 1991, die eine Konzentration auf drei
Förderstandorte und damit die Schaffung der beiden Verbundbergwerke an der Saar
erforderten. Einen weiteren Einschnitt brachte das Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes, das zum Auslaufen des Kohlepfennigs im Jahre 1995
führte. Die Verstromung der Steinkohle wurde auf der Grundlage des so genannten
Artikelgesetzes aus dem Jahre 1996 aus Haushaltsmitteln finanziert.
Ohne auf die ständigen Infragestellungen der
zugesagten Hilfen und Zuwendungsbescheide nochmals einzugehen, möchte ich an
dieser Stelle lediglich feststellen, dass bereits vor dem Auslaufen dieser bis
zum Jahre 2000 zugesagten Verstromungshilfen mit den kohlepolitischen
Beschlüssen im März des vergangenen Jahres im Ergebnis eine abermalige
Reduzierung der Steinkohlenhilfe beschlossen wurde. Meine Damen und Herren, ich
habe das auch im Gespräch mit dem Bundeskanzler zum Ausdruck gebracht, und er
konnte dieses Argument nicht widerlegen. Es ist dann bitter, wenn man praktisch
eine neue Schachtanlage in Betrieb nimmt und weiß, dass diese Investition mehr
oder weniger in den Sand gesetzt war. Ich weiß um die internen
Kostenkalkulationen. Aber das zeigt doch, dass eine langfristige Energiepolitik
notwendig ist. (Beifall bei der SPD.)
Die Beschlüsse vom 13. März 1997 waren sicherlich
nicht das Wunschergebnis der Beteiligten. Wichtig ist aber, für unsere
Bergleute an Ruhr und Saar konnte das Schlimmste verhindert werden. Bergbauunternehmen
und IGBE haben versichert, dass es zu keinen Massenentlassungen und
betriebsbedingten Kündigungen im Verlauf des Anpassungsprozesses kommen wird.
Kohleabsatz, Förderrücknahmen und damit einhergehende Personalanpassungen
erfolgen in unternehmerischer Verantwortung des Bergbaus. Dass den Revieren
eine Perspektive für einen überlebensfähigen Bergbau überhaupt erhalten blieb,
ist zu einem großen Teil das Verdienst vor allem der Bergleute, aber auch der
Bevölkerung in den Revieren insgesamt, der Gewerkschaften, der Kirchen, der
Wirtschaftsverbände, der Kammern sowie der Vertreter von Städten und Gemeinden,
die mit zahlreichen Aktionen und Solidaritätsbekundungen auf die Folgen in den
Bergbauregionen aufmerksam gemacht haben. (Beifall bei der SPD.)
Die Bergleute haben mit friedlichen Demonstrationen
und ihrem besonnenen Verhalten eine arbeitsmarktpolitische Katastrophe in den
Revieren abgewendet. Der Kampf unserer Bergleute hat sich also gelohnt.
(Beifall bei der SPD.)
Nach den Berechnungen der Bergbauunternehmen und der
IGBE bedeutet dieser Anpassungsprozess in konkrete Zahlen gefasst Folgendes.
Von derzeit 49 Millionen Tonnen im Jahr muss die Förderung auf etwa 30
Millionen Tonnen im Jahr 2005 zurückgenommen werden. Von den 18 in Betrieb
befindlichen Bergbaubetrieben bleiben im Jahr 2005 noch zehn oder elf
Bergbaubetriebe, davon zwei Standorte an der Saar, erhalten. Die Zahl der
Mitarbeiter, die unmittelbar im Bergbau beschäftigt sind, wird sich von derzeit
90.000 auf unter 40.000 verringern. Mit diesem Arbeitsplatzabbau von rund
50.000 geht ein zusätzlicher Abbau von mindestens weiteren 50.000
Arbeitsplätzen in der Mantelwirtschaft einher. Die Folgen dieser
kohlepolitischen Entscheidungen stellen daher abermals einen schmerzlichen
Einschnitt für die betroffenen Menschen in den Bergbauregionen dar.
Für den Saarbergbau bedeuten die kohlepolitischen
Beschlüsse vom März vergangenen Jahres und die damit verbundene Rückführung der
Förderung die Schließung des Bergwerkes Göttelborn / Reden zum Ende des Jahres
2000. Das durch die Reduzierung der Fördermengen notwendig werdende Abrücken
von dem bisherigen Dreistandortekonzept mit der Schließung der Grube Göttelborn
/ Reden ist nur das direkt nach außen sichtbare Ergebnis der Kohlebeschlüsse.
Die Auswirkungen auf die Wirtschaftsstruktur und die Wirtschaftskraft des
Landes gehen weiter. Die Schließung des Bergwerkes Göttelborn / Reden betrifft
nicht nur die Bergleute, die heute noch bzw. bis zum Jahr 2000 in diese Grube
einfahren, oder die unmittelbar im Umfeld der Grube liegenden Gemeinden und die
dort ansässigen Betriebe. Der Arbeitsplatzabbau wird beinahe gleichmäßig die
gesamte Bergbaubelegschaft treffen. Die damit verbundenen wirtschaftlichen
Folgen werden Auswirkungen für das gesamte Saarland haben.
Die Kohlebeschlüsse haben für den Saarbergbau zur
direkten Folge, dass bis zum Jahr 2005 etwa 6.000 Bergbauarbeitsplätze verloren
gehen. Zwar wird es im Verlauf des Anpassungsprozesses zu keinen
Massenentlassungen oder betriebsbedingten Kündigungen kommen, jedoch bedeutet
dieser Einschnitt für die Saarwirtschaft den Verlust von 6.000 Arbeitsplätzen
mit der Folge entsprechender Wertschöpfungsverluste sowie den zumindest
teilweisen Ausfall von Kaufkraft durch negative Einkommenseffekte der
betroffenen Arbeitnehmer und wirtschaftlich verbundenen Unternehmen.
Bei Saarberg werden in den kommenden Jahren also
1.000 Arbeitsplätze pro Jahr abgebaut werden. Was 1.000 Arbeitsplätze pro Jahr
bedeuten, kann man sich vor Augen führen, wenn man heute in der Zeitung liest,
wie stolz etwa ein Automobilzulieferer ist, dass er 330 zusätzliche
Arbeitsplätze geschaffen hat. Das ist ein sehr stolzes Ergebnis, aber dem steht
die dargestellte Entwicklung entgegen. Neben diesen rund 1.000 Arbeitsplätzen
also, die pro Jahr bei Saarberg in den kommenden Jahren abgebaut werden, müssen
wir mindestens mit einem Arbeitsplatzabbau in gleicher Größenordnung in mit dem
Bergbau verbundenen Wirtschaftszweigen, der Zulieferer oder der von der
Kaufkraft der saarbergbeschäftigten profitierenden Unternehmen wie
beispielsweise unserem Einzelhandel rechnen. Ein Großteil der
Arbeitsplatzverluste in den dem Bergbau verbundenen Wirtschaftszweigen wird
dabei auf mittelständische Industrie- und Dienstleistungsunternehmen entfallen.
Im Ergebnis werden der Saarwirtschaft in den
kommenden Jahren mehr als 12.000 Arbeitsplätze und erhebliche
Wertschöpfungspotentiale aus der Wirtschaftskraft von Saarberg und den daraus
generierten Einkommen verloren gehen. Um die Größenordnung einmal mit Zahlen zu
verdeutlichen: Die Saarbergwerke AG steht mit rund 1.700 Unternehmen an der
Saar in Geschäftsverbindung und vergibt jährlich Aufträge von 800 Millionen DM.
Die Kaufkraft der im Bergbau und in seinem Umfeld erzielten Einkommen wird auf
mehr als zwei Milliarden DM veranschlagt. Wenn Sie sich den Inhalt und die
Bedeutung der genannten Zahlen vergegenwärtigen, so wird schnell deutlich, dass
trotz des bereits in der Vergangenheit erfolgten Rückgangs des
Strukturgewichtes des Montansektors in der Saarwirtschaft der Bergbau ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor für die Region bleibt und dass wir an der Saar auch in
Zukunft für einen lebensfähigen Bergbau kämpfen müssen. Dies werden wir tun.
Deshalb hat für uns bei den Verhandlungen über die
Abgabe unseres 26-prozentigen Anteils stets im Vordergrund gestanden, dass die
saarländischen Interessen gewahrt bleiben und wir akzeptable Bedingungen für
unsere Beschäftigten erreichen. Für das Land standen aus wirtschafts- und
strukturpolitischer Sicht daher zwei Punkte im Vordergrund. Für die Laufzeit
der kohlepolitischen Vereinbarungen werden die saarländischen Förderstandorte
Ensdorf und Verbundbergwerk West mit einer jährlichen Kapazität von fünf
Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten weitergeführt werden. Die RAG verpflichtet
sich, Personalmaßnahmen ohne betriebsbedingte Kündigungen zu gestalten. Die RAG
wird mit den zum Saarbergbau gehörenden Teilen der DSK eine leistungsfähige
Regionalorganisation Saar aufbauen und diese im Rahmen der DSK von Saarbrücken
aus verwalten.
Was die Zeit nach 2005 anbelangt, so wird die
Landesregierung alles unternehmen, um so früh wie möglich die Steinkohlehilfen
auf möglichst hohem Niveau zu fixieren. Die Weigerung der Bundesregierung, ein
langfristig tragfähiges energie- und kohlepolitisches Konzept, das von allen Beteiligten
getragen werden kann, zu erstellen, hat dazu geführt, dass die RAG in den
Verhandlungen mit dem Land nur für den von der Bundespolitik vorgegebenen
Zeitraum bis 2005 zu verbindlichen Aussagen über Abbaukapazitäten und den
Erhalt der Grubenstandorte bereit war. Fairerweise konnte man von diesem
privatwirtschaftlich geführten Unternehmen auch nichts anderes erwarten.
Die RAG bringt ihre in der RAG Umwelt gebündelten
Aktivitäten in Saarberg (neu) ein. Dadurch erhält Saarberg (neu) eine besondere
Aufgabenstellung innerhalb des RAG-Konzerns. Saarberg (neu) bleibt im Rahmen
des RAG-Konzerns als eigenständiger Teilkonzern mit Sitz in Saarbrücken nicht
nur erhalten, sondern wird gestärkt und ausgebaut. Das Unternehmen will als
Kerngeschäft die Energiewirtschaft, Kraftwerke, Fernwärme, Ferngas und die
Umwelttechnik weiterentwickeln, aber auch Handel und Dienstleistungen
einschließlich SaarTech sowie SaarGummi gehören weiterhin zum Geschäftsbereich
von Saarberg (neu). Der neue Saarberg-Teilkonzern wird nach der
Umstrukturierung in den Sparten Energie, Umwelt, Handel, Dienstleistungen,
Gummi und technische Überwachungen insgesamt 18 Firmen umfassen. Dabei stoßen
zu den bisher schon vorhandenen Firmen die Ruhrkohle Umwelt und der
Mineralölhandel des Essener Konzerns dazu. Der Kohlehandel von Saarberg geht an
die Ruhr.
Darüber hinaus wurden als wesentliche Interessen des
Landes mit strukturpolitischer Bedeutung folgende Punkte vereinbart.
Berücksichtigung der Interessen der saarländischen
Bergbauzulieferer. Durch das in internationalem Maßstab größere Gewicht sowie
die Finanzkraft der RAG wird saarländischen Bergbauzulieferern Zugang zu neuen
Auslandsmärkten ermöglicht. Die RAG und das Land haben in der bilateralen
Vereinbarung festgelegt, dass die Interessen der saarländischen
Bergbauzulieferer in Zukunft gewahrt bleiben. Dass diese Interessenwahrung sich
an den Wettbewerbsbedingungen orientieren muss, ist in unserer
Wirtschaftsordnung eine Selbstverständlichkeit. Wir werden auch in Zukunft die
Chancengleichheit der saarländischen Bergbauzulieferer im Auge behalten.
Die Erhaltung der bisherigen Ausbildungskapazitäten
von Saarberg mit rund 150 Neueinstellungen pro Jahr im Bergbau und die Nutzung
der zusätzlich vorhandenen Kapazitäten für Verbundprojekte zugunsten kleiner
und mittlerer Betriebe. Dies ist angesichts der schwierigen
Ausbildungssituation sowie der anerkannt hohen Qualität der Saarberg-Ausbildung
von landespolitischer Bedeutung.
Die Erhaltung des Kokereistandortes Fürstenhausen,
soweit dies aus abbautechnischen und wirtschaftlichen Gründen vertretbar ist,
ist ein weiterer Punkt der Vereinbarung. Dadurch werden 350 Arbeitsplätze an
diesem Standort erhalten.
Ich nenne weitere Punkte: Schließung des
Verbundbergwerkes Ost nicht vor Ende 2000, Erhalt eines möglichst großen Teils
der Saarberg-Hauptverwaltung in Saarbrücken, Sicherstellung, dass die
betrieblich nicht mehr genutzten Saarberg-Grundstücke einer neuen gewerblichen
Nutzung zugeführt werden, Unterrichtungspflichten der RAG bezüglich
wesentlicher Vorgänge bei der Deutschen Steinkohle AG und Saarberg (neu),
Berücksichtigung von Interessen des Landes bei der Besetzung von Organen der
Saarberg (neu).
Meine Damen und Herren, bisher ist es gelungen, den
Strukturwandel an der Saar sozialverträglich und ohne ökonomische Brüche zu
gestalten. Durch die kohlepolitischen Beschlüsse vom März vergangenen Jahres
und die daraus resultierenden gravierenden Beschäftigungs- und
Wertschöpfungsverluste für die Saarwirtschaft wird sich das Tempo des
Strukturwandels erheblich verschärfen. Die tiefgehenden Einschnitte machen eine
Fortführung der positiven Strukturentwicklung im Saarland schwieriger und
erhöhen die Gefahr bruchartiger Entwicklungen.
Mit dem Saar-Memorandum bzw. der im Landtag
verabschiedeten Projektliste, die im Wesentlichen identisch ist mit der
Projektliste des Saar-Memorandums, haben die Regierung, der Landtag und die in
der Saar-Gemeinschaftsinitiative vertretenen Kräfte des Landes Hilfen aus Bonn
zur regionalpolitischen Flankierung des Strukturwandels gefordert. Die
Bundesregierung hat im Zusammenhang mit der Reduzierung der Mittel für den
deutschen Steinkohlebergbau wiederholt erklärt, dadurch freiwerdende Mittel für
die Umstrukturierung der Steinkohleregionen bereitzustellen. Das führte auch
häufig zu Diskussionen hier im Landtag. Bislang hat sich der Bund aufgrund
seiner finanziellen Enge seiner strukturpolitischen Verantwortung entzogen und
keine Bereitschaft signalisiert, Mittel zur Mitfinanzierung der in der
Projektliste aufgeführten strukturverbessernden Maßnahmen zur Schaffung einer
ausreichenden Zahl von Ersatzarbeitsplätzen bereitzustellen. Im Gegenteil, der
Bund verhält sich eher kontraproduktiv und schränkt die Möglichkeiten zur
aktiven Gestaltung des Strukturwandels weiter ein. Die vom Bund vorgenommene
Kürzung der Barmittel bei der Gemeinschaftsaufgabe Förderung der regionalen
Wirtschaftsstruktur für die westlichen Länder um mehr als 40 Prozent, nämlich
von 350 Millionen auf nur noch 200 Millionen, ist ein schwerwiegender Eingriff,
der den Ländern dringend notwendigen Spielraum für die Wirtschaftsförderung
nimmt.
Der Finanzplan sieht auch in den Folgejahren keine
wesentliche Steigerung vor. Durch diese Absicht des Bundes wird die
Gemeinschaftsaufgabe als zentrales Handlungsinstrument für die Unterstützung
des wirtschaftlichen Strukturwandels dauerhaft beschädigt. Diese Mittelkürzung
des Bundes ist kontraproduktiv für die Bemühungen der Revierländer um einen
geordneten Strukturwandel. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Revierländer durch
politisch motivierte Entscheidungen des Bundes mit gravierenden
Arbeitsplatzverlusten im Bergbau und in der Saarwirtschaft fertig werden müssen
und dass gleichzeitig bestehende Förderinstrumente für den Strukturwandel
drastisch gekürzt werden. (Beifall bei der SPD.)
Unabhängig von den geforderten Hilfen aus Bonn
werden wir unsere strukturpolitische Strategie zum weiteren Strukturwandel an
der Saar fortführen und intensivieren. Unabhängig von der konkreten
Unterstützung durch die Bundesregierung werden wir struktur- und
standortpolitisch weiterarbeiten. Zu den Kernbereichen unserer
Zukunftsstrategie, die sich auch im Haushalt für 1998 widerspiegelt, gehören
die Bereiche Bildung und Wissenschaft, Wirtschaftsförderung, insbesondere in
den Bereichen Innovation und Technologie, sowie Qualifizierung und
Verkehrsinfrastruktur. Auch ohne finanzielle Hilfen aus Bonn werden wir
Einzelschritte in der Strukturpolitik umsetzen, um die Wirtschaftskraft des
Landes zu stärken. Darüber hinaus werden wir weiter aktiv sein in Fragen der
Standortpolitik.
Wie im Rahmen der Beschlussfassung des
Saar-Memorandums von der Saar-Gemeinschaftsinitiative vereinbart, hat die
Arbeitsgruppe Standortfragen der SGI ihre Arbeit aufgenommen und beschäftigt
sich mit Standortfaktoren, die für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die
Beschäftigungssicherung im Saarland von Bedeutung sind, soweit sie nicht schon
im Saar-Memorandum thematisiert wurden. Neben den der Saarwirtschaft insgesamt
zugute kommenden wirtschaftskraft-, struktur- und standortverbessernden
Maßnahmen zur Abfederung der Folgen der Kohlebeschlüsse, soll den von der
Grubenschließung zum 31.12.2000 unmittelbar betroffenen Gebieten geholfen
werden. Dazu werden wir gemeinsam mit den örtlichen Akteuren ein
Aktionsprogramm Bergbaugemeinden auf den Weg bringen, dessen Ziel es ist,
Handlungskonzepte für die Umnutzung der Grubengelände sowie zur Kompensation
negativer lokaler Auswirkungen, etwa durch Kaufkraftverluste, zu erarbeiten und
umzusetzen.
Vorrangiges Ziel ist nunmehr, dass der von der Bundesregierung
politisch verordnete Anpassungsprozess im Bergbau in den Revierländern
steuerbar bleibt. Zu der Kritik, die Landesregierung habe es versäumt, im
Vorfeld der kohlepolitischen Beschlüsse des Vorjahres auch Bundesmittel für die
Strukturanpassung zu fordern, darf ich Folgendes in Erinnerung rufen. Der
Gesamtverband des deutschen Steinkohlebergbaus und die IGBE hatten bereits im
Frühjahr 1996 ein Rechenmodell vorgelegt, das bruchartige Veränderungen in den
Revierländern verhindern sollte. Dieses Modell wurde vom Bundeskanzler ohne
eine direkte Beteiligung der Revierländer verhandelt. In Verhandlungsrunden
Ende Oktober 1996 und Mitte Februar 1997 mit dem Gesamtverband des deutschen
Steinkohlebergbaus und der IGBE legte sich die Bundesregierung noch nicht auf
einen Finanzrahmen fest. Erst Anfang März hat die Bundesregierung einen
Vorschlag zur künftigen Subventionierung und Anpassung vorgelegt. Dieser
Vorschlag war letztlich Auslöser der Kohledemonstrationen, die zu einer
Aufbesserung der Finanzzusagen des Bundes geführt haben. Die Revierländer
wurden seitens des Bundes lediglich in der Endphase der Verhandlungen im März
1997 hinzugezogen. Im Vorfeld des Kohlekompromisses hatte der Bundesminister
für Wirtschaft angekündigt, dass die infolge der Degression freiwerdenden
Bundesmittel für weitere Umstrukturierungen der Reviere umgeleitet würden.
(Abg. Klimmt (SPD): Hört, hört!)
Unmittelbar im Anschluss an den Kompromiss hat er
dagegen erklärt, dass sich der Bund auf die bestehenden Programme und Mittel
beschränken muss. Aber es kam noch schlimmer. Auf die drastische Mittelkürzung
des Bundes in der Regionalförderung habe ich hingewiesen. Geschäftsgrundlage
der kohlepolitischen Einigung vom 13. März war neben der Schaffung von Rechts-
und Planungssicherheit für die Bergbauunternehmen und deren Arbeitnehmer der
langfristige Erhalt eines lebensfähigen Bergbaus. Das zwischenzeitlich
verabschiedete Gesetz zur Neuordnung der Steinkohlesubventionen wird diesem
Ziel nicht in vollem Umfang gerecht. Dieses Gesetz führte mit seiner
Verabschiedung im vergangenen Jahr zur Aufhebung des Artikelgesetzes aus dem
Jahre 1994, mit dem die Verstromungshilfen bis zum Jahre 2000 festgelegt waren.
Für den Anschlusszeitraum enthielt das Artikelgesetz die Bestimmung, die
Finanzplafonds für die Jahre 2001 bis 2005, sowie die Notwendigkeit, die
etwaige Höhe eines festzuschreibenden Sockelbetrages ab 2006, werden gemeinsam
in einem Gesetz geregelt. Die gesetzliche Neuregelung sieht dagegen
Plafondbeträge lediglich bis zum Jahr 2005 vor. Für den Zeitraum nach dem Jahre
2005 sagt das Gesetz weder zur Notwendigkeit noch zur Höhe eines
festzuschreibenden Sockelbetrages irgendetwas aus. Damit fehlt eine
langfristige, über das Jahr 2005 hinausreichende Einbindung der Steinkohle in
einen energiepolitischen Zusammenhang.
Auch hier wieder der Hinweis: Wenn es größere
Investitionen innerhalb eines Kohleunternehmens gäbe, die jetzt notwendig
wären, würden sie vielleicht in einigen Jahren abgeschlossen sein, und wenn
dann eben die ganze Planung wieder grundlegend verändert wird, können sich
diese Investitionen wiederum als Fehler erweisen. Das ist die Problematik, vor
der wir nach wie vor stehen.
Neben der Grundfinanzierung erklärte sich der Bund
im Rahmen der kohlepolitischen Beschlüsse bereit, als zusätzliche Hilfen in den
Jahren 1998 bis 2005 Verpflichtungsermächtigungen von jeweils 200 Millionen DM
einzuräumen, die an die Übernahme des Landesanteils an den Saarbergwerken durch
die Ruhrkohle AG gebunden sind. Darüber hinaus sind für den Zeitraum 1998 bis
2000 Verpflichtungsermächtigungen von jeweils 300 Millionen DM zugesagt, die an
die Übernahme des Bundesanteils an Saarberg durch die Ruhrkohle AG geknüpft
sind. Die Auflagen des Bundes erzwingen eine Zusammenführung der
Bergbauunternehmen von Saarberg und der Ruhrkohle. Die Bergbaubereiche der
beiden Unternehmen sollen dabei künftig in einer deutschen Steinkohle AG
zusammengefasst werden.
Neben dieser Zusammenführung der Kohleaktivitäten
hat der Zusammenschluss selbstverständlich auch Auswirkungen auf den
Beteiligungsbereich beider Unternehmen. Die Neuorientierung des deutschen
Steinkohlebergbaus hat eine Reihe von Fragen ausgelöst, deren Regelung in einer
Rahmenvereinbarung mit den Beteiligten Bund, Nordrhein-Westfalen, Saarland und
Ruhrkohle AG sowie bezüglich der Sonderinteressen des Saarlandes in einer
bilateralen Vereinbarung zwischen dem Land und der Ruhrkohle AG erfolgen wird.
Bei den Verhandlungen bezüglich dieser Vereinbarungen verfolgte die
Landesregierung das Ziel, die eben bereits ausgeführten Interessen des Landes
möglichst verbindlich abzusichern. Die Ruhrkohle AG erkannte in den
Verhandlungen die Interessen des Landes an, wies aber darauf hin, dass ihr
Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt werden müsse, was
es ausschließe, über einen längeren Zeitraum bestimmte Strukturen ohne
Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit verbindlich festzuschreiben.
Trotz dieser schwierigen Ausgangslage gelang es,
alle wesentlichen Positionen des Landes entweder in der Rahmenvereinbarung oder
in der bilateralen Vereinbarung in einer für beide Seiten akzeptablen Art und
Weise zu regeln. (Zuruf: Prinzip Hoffnung!)
Zu dem symbolischen Kaufpreis von jeweils einer Mark
für den Bund und das Saarland ist aus Sicht des Anteilseigners und
Subventionsgebers Saarland darauf hinzuweisen, dass mit der Abgabe der
Landesbeteiligung eine Bundeshilfe und somit eine Freistellung des Landes von
Leistungen an den saarländischen Bergbau in den Jahren 1998 bis 2005 von
zusammen 1,6 Milliarden DM verbunden ist.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Wort zu
den Hilfeleistungen des Saarlandes sagen, die immer wieder außer Acht gelassen
werden. Das Saarland unterstützt auch zukünftig den Saarbergbau mit
Landesmitteln. Zum einen handelt es sich dabei um die Finanzierung der
Anpassungsgelder für die Vorruhestandsregelung im Steinkohlenbergbau. Der
entsprechende Drittelanteil des Landes beträgt im Planungszeitraum der
Saarbergwerke bis zum Jahr 2002 zwischen 16 und 18 Millionen DM pro Jahr.
Daneben wird das Saarland für die zugesagte Restfinanzierung der
Anpassungslasten aus der Kohlerunde 1991 im Zeitraum 1998 bis 2001
Haushaltsmittel von über 42 Millionen DM pro Jahr verausgaben. Im laufenden
Haushaltsjahr wird das Land für die Restzahlung des ausgelaufenen Kokskohleplafonds
und der Erblasten zusammen rund 35 Millionen DM zahlen. Bei dieser Gelegenheit
ist es wohl richtig, daran zu erinnern, dass das Saarland seit Gründung der
Saarbergwerke im Jahr 1957 bis einschließlich des laufenden Haushaltsjahres als
Anteilseigner und Subventionsgeber direkte Landeshilfen von 1,4 Milliarden DM
aufgewendet hat. Die vom Bundesverfassungsgericht anerkannte Haushaltsnotlage
ist zu einem Teil auf diese Hilfen zurückzuführen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass
aufgrund der vorgesehenen Regelungen - Rahmenvereinbarung und bilaterale
Vereinbarung zwischen Saarland und Ruhrkohle AG - die Interessen des Saarlandes
bei der Übertragung des 26-prozentigen Landesanteils an der Saarbergwerke AG
auf die Ruhrkohle AG in einer angemessenen Weise berücksichtigt werden. Der
symbolische Kaufpreis von einer Mark kann insbesondere unter Berücksichtigung
der geplanten Bundeshilfen von 1,6 Milliarden DM akzeptiert werden. Die
Landesregierung hat in den Verhandlungen mit der Ruhrkohle AG die Überzeugung
gewonnen, dass die Absprachen im Geist einer fairen Partnerschaft eingehalten
wurden und dass die Kompetenzen und das Know-how der Ruhrkohle AG zu einer
positiven Weiterentwicklung der Saarbergwerke beitragen können.
Meine Damen und Herren, die Abgabe des Landesanteils
von 26 Prozent entspricht nicht der politischen Zielsetzung der
Landesregierung. Es ist bekannt, dass wir bei strukturrelevanten Betrieben des
Landes immer Wert darauf gelegt haben, ein Mitbestimmungsrecht unseres Landes
zu erhalten. Das haben wir bei der Stahlindustrie zum Wohl der Hüttenwerke an
der Saar so gehandhabt; das wollten wir auch bei den Saarbergwerken tun. Aber
die Auflage des Bundes, verbunden mit einer Finanzhilfe von 1,6 Milliarden DM,
musste für uns dazu führen, die Entscheidung zu revidieren. Wir machen das
angesichts der Geschichte, die ich vorhin dargestellt habe und die etwas mehr
bedeutet als nur das Aufzählen wirtschaftlicher Tatsachen, nicht gern.
Die Landesregierung hat die Verhandlungen in engster
Abstimmung mit der IGBCE und dem Gesamtbetriebsrat als Vertretung der
betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geführt. IGBCE,
Gesamtbetriebsrat und alle Betriebsräte der Saarbergwerke AG haben sich
gegenüber der Landesregierung mit den Vereinbarungen einverstanden erklärt.
Gegen ihren Willen hätten wir eine solche Entscheidung nicht getroffen. Ich
möchte an dieser Stelle den Saarbergleuten, den Betriebsräten, der Gewerkschaft
und den Vorständen für die Zusammenarbeit danken. Wir waren in einer
schwierigen Situation und haben versucht, sie gemeinsam zu meistern. Wir haben
wahrscheinlich das herausgeholt, was herauszuholen war, und sind alle
aufgerufen, in Zukunft dafür einzutreten und uns den politischen Einfluss zu
sichern, dass es nicht zu einem Auslaufbergbau kommt, sondern dass es an der
Saar mit dem Bergbau weitergeht. (Beifall bei der SPD.)
Auf dieser Grundlage, meine Damen und Herren, bittet
die Landesregierung in Übereinstimmung mit den Betriebsräten, der Gewerkschaft
und dem Unternehmen den Landtag des Saarlandes um haushaltsrechtliche
Einwilligung zur Übertragung der Landesbeteiligung an der Saarbergwerke AG.
(Beifall bei der SPD.)
Präsident Kasper:
Zur Begründung des Antrages der CDU-Landtagsfraktion
erteile ich Herrn Abgeordneten Albrecht Feibel das Wort.
Abg. Feibel (CDU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und
Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist sicher nicht übertrieben, heute von
einem historischen Tag für das Unternehmen Saarberg und seine Beschäftigten zu
sprechen. Der saarländische Landtag wird heute vor eine Entscheidung gestellt,
die zu den bedeutendsten Weichenstellungen für die Zukunft des größten
Unternehmens an der Saar gehört. Es gilt deshalb die Vereinbarungen, die für
die mittelfristige Zukunft des Unternehmens zu treffen sind, sehr sorgfältig zu
prüfen und abzuwägen und die bestmöglichen Formulierungen für die Verträge, die
zwischen Saarberg und der Ruhrkohle AG zu schließen sind, zu unterzeichnen.
Es ist unbestritten, dass die Saarbergwerke und
insbesondere die dort Beschäftigten für den Aufbau unseres Landes in den
vergangenen Jahrzehnten einen außerordentlich wichtigen Beitrag geleistet
haben. (Beifall bei der CDU.)
Denken wir nur an die Aufbaujahre nach dem Zweiten
Weltkrieg. Bis weit in die fünfziger Jahre hinein beschäftigte das Unternehmen
über 60.000 Menschen, gab diesen Arbeit und Brot und versorgte nicht nur unser
Land, sondern auch die Menschen in anderen Teilen Deutschlands mit wichtiger
Energie. Der technische Fortschritt und die Umorientierung in der Energiepolitik
zwangen zu ersten großen Schritten beim Personalabbau. Zwischen 1960 und 1970
reduzierte sich die Beschäftigtenzahl von annähernd 50.000 auf 27.000
Mitarbeiter. Diese gewaltige Reduzierung konnte nur durch die kluge
Ansiedlungspolitik der damaligen Regierungen, die - das darf ich sagen - im
Wesentlichen von CDU und FDP gebildet wurden, einigermaßen verträglich
gestaltet werden. Das war eine beachtliche, eine großartige Leistung. (Beifall
bei der CDU. - Vizepräsident Meyer übernimmt den Vorsitz.)
Viele Menschen, insbesondere jüngere Arbeitnehmer,
fanden zu Tausenden eine neue Beschäftigung in der Automobilindustrie. Diese
ist mit ihren zahlreichen Zulieferunternehmen heute eine der stärksten Branchen
im Saarland.
Von 1970 bis 1990 - also in zwanzig weiteren Jahren
- erfolgte bei Saarberg eine Personalanpassung von 27.000 auf etwa 23.000.
Heute sei auch daran erinnert, dass es auch in anderen Branchen gewaltige
Umstrukturierungen mit erheblichem Arbeitsplatzabbau gab. Ich erinnere
insbesondere an unsere Bauwirtschaft, die nach dem Zweiten Weltkrieg ebenfalls
bedeutende Aufbauleistungen vollbrachte. In der Bauwirtschaft waren es meist
kleine Unternehmen, die ihre Beschäftigten entließen oder ganz schließen
mussten. Kleine sterben leise, heißt ein bekannter Spruch. Dies traf
insbesondere in der Bauwirtschaft zu.
Wirtschaft, meine Damen und Herren, ist ein
dynamischer Prozess. Der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt sagte einmal:
Gerade wer das Bewahrenswerte bewahren will, muss verändern, was der Erneuerung
bedarf. Diese Erkenntnis gilt sicher für viele Bereiche, besonders aber für die
Wirtschaft, die heute einem harten globalen Wettbewerb ausgesetzt ist. Die
finanziellen Aufwendungen, die Förderprogramme und Subventionen müssen deshalb
heute mehr noch als in der Vergangenheit neuen Industrien, neuen Unternehmen
und neuen Produkten gelten, weil so auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Nur so wird es uns gelingen, Arbeitsplätze auch für unsere Kinder und Enkel
anzubieten.
Die CDU-Fraktion hat in der Vergangenheit wiederholt
für eine Entstaatlichung der Saarbergwerke plädiert. Wir sind davon überzeugt,
dass ein privates Unternehmen die zukünftigen Strukturanpassungen besser
bewältigen kann. Die CDU-Fraktion wird deshalb der Veräußerung des 26-prozentigen
Landesanteils an die Ruhrkohle AG zustimmen. Für diese Übertragung sind
Verträge und Vereinbarungen ausgearbeitet und u.a. zweimal im zuständigen
Landtagsausschuss beraten worden. Dies geschah zum Teil gemeinsam mit der
Unternehmensleitung und der Arbeitnehmervertretung.
Im Gegensatz zur Meinung der Landesregierung ist die
CDU-Fraktion der Auffassung, dass es zur Wahrung berechtigter saarländischer
Interessen dringenden Nachbesserungsbedarf gibt. Das betrifft die Sicherung
saarländischer Standorte genauso wie die Wahrung der Interessen der
Arbeitnehmer und der Bergbauzulieferer.
Herr Ministerpräsident, Sie haben zu Recht gesagt,
dass Saarberg weiterhin ein wichtiger Wirtschaftsfaktor an der Saar bleiben
wird und dass es die Absicht der Landesregierung ist, die saarländischen
Interessen nachhaltig zu vertreten. Deshalb meinen wir, dass Nachbesserungen
vor Vertragsabschluss und Vertragsvollzug dringend notwendig sind. Deshalb
müssen jetzt Veränderungen vorgenommen werden. Ich will im Einzelnen vier Punkte
ansprechen.
Erstens die Wahrung der Interessen der
Bergbauzulieferer. Herr Ministerpräsident, hier reicht es uns nicht, dass Sie
sagen, wir werden dies im Auge behalten. Wir meinen, es muss entsprechend
vertraglich vereinbart werden. Der Text der vorgesehenen Vereinbarung lautet:
"Die Interessen der saarländischen Bergbauzulieferer werden, soweit
wettbewerbsrechtlich zulässig, gewahrt. Diese Unternehmen werden bei
entsprechenden Angeboten berücksichtigt." Was sind entsprechende Angebote?
Wie werden die Angebotsabgaben, die Angebotsprüfungen und die Auftragsvergaben
gehandhabt? Die saarländischen selbständigen Bergbauzulieferer stehen bereits
im harten Wettbewerb mit den Zulieferunternehmen an der Ruhr. Diese Unternehmen
an der Ruhr sind zum Teil Töchter der Ruhrkohle AG. Auch bei gleicher Qualität
und günstigen Preisen war es schon bisher für die saarländischen
Bergbauzulieferer außerordentlich schwierig, gegen diesen Wettbewerb zu
bestehen. Die saarländischen Zulieferunternehmen werden in der Zukunft ihre
größeren Absatzmärkte im Ausland finden. Sie brauchen aber Referenzobjekte, die
ihnen die Chancen im internationalen Wettbewerb sichern. Ohne diese Referenzen
sinken auch die Chancen, auf internationalen Märkten Produkte absetzen zu
können.
Auch hier haben Sie, Herr Ministerpräsident, sehr
ausführlich die moderne Technologie und die Chancen auf dem Weltmarkt
unterstrichen. Gerade deshalb fordern wir dringend Nachbesserung. Natürlich
respektieren wir den Wettbewerb zwischen Saarländern und den Zulieferern an der
Ruhr. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Die CDU-Fraktion will sichergestellt
haben, dass unsere Unternehmen an fairen Ausschreibungs- und Vergabeverfahren
teilnehmen können. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. (Beifall bei der CDU.)
Wir fordern deshalb eine klare, eindeutige
Formulierung der entsprechenden Vereinbarung.
Zweitens die zusätzlichen personalpolitischen
Instrumentarien. Der Text der Vereinbarung lautet - und hier geht es um
sozialverträgliche Personalanpassung -: "Vorausgesetzt ist hierbei, dass
alle bewährten Maßnahmen zur Verringerung der Anzahl der Mitarbeiter konsequent
realisiert werden und zusätzliche personalpolitische Instrumente und
Aktivitäten eingesetzt werden." Hier will die CDU-Fraktion wissen, zu
wessen Lasten diese zusätzlichen Instrumente und Aktivitäten gehen. Wenn es
zutrifft, dass das Saarland von solchen möglichen Kosten freigestellt wird,
dann kann man dies auch ausdrücklich in die Vereinbarung hineinschreiben.
Drittens. Wir wollen eine eindeutige Regelung bezüglich
der Berücksichtigung des Saarlandes bei der Besetzung der Organe. Im
Vereinbarungstext heißt es u.a.: "Die Ruhrkohle AG verpflichtet sich, bei
Organbesetzungen bei Saarberg (neu) die Interessen des Landes angemessen zu
berücksichtigen." Da die Organe wichtige Entscheidungen für die Zukunft
von Saarberg (neu) zu treffen haben, ist für uns eine klare Festschreibung der
Modalitäten und der Anteile bei der Organbesetzung äußerst wichtig. Hier geht
es nicht um die Verteilung irgendwelcher Pöstchen, sondern um die nachhaltige
Wahrnehmung von Interessen für Saarberg (neu) auch am Standort Saarland.
Viertens. Die Gewinnabführungsvereinbarung für
Saarberg (neu) birgt die große Gefahr, dass die Beteiligungsunternehmen,
sprich: die Töchter von Saarberg, ihre Gewinne abführen müssen, anstatt diese
für notwendige Investitionen nutzen zu können. Das rührt an die Existenz dieser
Unternehmen. Die CDU fordert deshalb, Saarberg (neu) von der Gewinnabführung
freizustellen.
Durch die Veräußerung von Saarberg an die Ruhrkohle
AG wird das Saarland von finanziellen Verpflichtungen weitestgehend entbunden -
mit Ausnahme der Verpflichtungen, die Sie eben, Herr Ministerpräsident,
aufgezählt haben. Sie haben zugleich erwähnt, in welcher Größenordnung das Land
Saarberg in der Vergangenheit mit Steuergeldern gefördert hat. Das waren 1,4
Milliarden DM Landesmittel. Wenn wir davon ausgehen, dass es in Zukunft nicht
mehr notwendig ist, Saarberg in diesem Umfang finanziell zu unterstützen, dann
fordern wir zugleich die Einsetzung solcher Mittel auch für die Schaffung neuer
Arbeitsplätze im Saarland, weil wir im Vergleich zu den anderen alten
Bundesländern nach wie vor ein enormes Arbeitsplatzdefizit haben.
Gleichzeitig stellen wir im Saarland ein erhebliches
Defizit an Selbständigen fest. Es sind derzeit etwa 6.000 kleine selbständige
Unternehmen, die im Lande fehlen. Rechnet man pro Unternehmensgründung mit
durchschnittlich vier neuen Arbeitsplätzen, könnten durch den Lückenschluss der
Selbständigenquote rund 24.000 zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen werden.
Die CDU-Fraktion fordert an dieser Stelle die
Landesregierung auf, mehr für die Gründung neuer Unternehmen zu tun als bisher.
Die finanziellen Pflichten, die durch die Veräußerung der Saarberganteile vom
Land genommen werden, sollten dringend für die Schaffung neuer Arbeitsplätze
eingesetzt werden. Nur so wird es gelingen, dass wir uns mit der
Arbeitslosenzahl langsam dem Durchschnitt der alten Bundesländer annähern.
Ich wiederhole die mehrfach erhobene Forderung der
CDU-Fraktion zur Entbürokratisierung. Diese Vereinfachung, die wir einfordern,
muss auch der Selbständigkeit der Gründung junger Unternehmen dienen. Ich
erinnere insbesondere an eine Zusammenfassung aller Gründungsinitiativen in
einem Haus der Unternehmensgründer. Wir fordern erneut eine von der Zahl neu
geschaffener Arbeitsplätze abhängige Existenzgründerprämie. Konsequenterweise
brauchen wir auch weitere gutgelegene und ausreichend ausgestattete
Gewerbeflächen. Dabei soll selbstverständlich die Wiederverwendung von Brachflächen
Vorrang haben. Aber auch das Gewerbeflächenmanagement muss weiter verbessert
werden.
Meine Damen und Herren, irgendetwas müssen wir in
unserer Bildungspolitik falsch gemacht haben. Bei uns geben Eltern wöchentlich
30 Millionen DM für Nachhilfeunterricht aus. (Abg. Braun (SPD): Was heißt:
"Bei uns"?)
In Deutschland. Aber für die Bildungspolitik sind
die Bundesländer zuständig, hier im Saarland die saarländische Landesregierung.
Mindestens 30 000 junge Menschen verlassen Jahr für Jahr die Schule ohne
ausreichende Grundkenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Bundesanstalt
für Arbeit muss in diesem Jahr 500 Millionen DM aufwenden, um junge Menschen
ausbildungsreif zu machen. Gut die Hälfte der 1,4 Millionen
Langzeitarbeitslosen, die wir in Deutschland haben, verfügt nicht über eine
qualifizierte Berufsausbildung. Meine Damen und Herren, an dieser Stelle - -
(Zuruf.)
Ich möchte das deshalb sagen, weil der Kollege
Tabillion hier dazwischengerufen hat. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich
die Lernfähigkeit der Landesregierung in Sachen Saarberg anerkennen. Ich will
das hier im Einzelnen nicht zitieren, aber vielleicht können Sie einmal
nachlesen, was noch im Januar des Jahres 1995 und 1996 gesagt wurde. Vielleicht
ein Zitat daraus: Eine mögliche Zusammenführung der Saarbergwerke und der
Ruhrkohle AG zu einer Einheitsgesellschaft wird von der saarländischen
Landesregierung abgelehnt. Willi Leonhardt sprach sich gegen das Zusammengehen
der beiden Kohlekonzerne aus. Saarberg habe in seiner jetzigen Struktur die
optimale Betriebsgröße. Es sei eher notwendig, zu dezentralen statt zu
Mammutorganisationen zu kommen. Nach Auffassung der SPD-Landtagsfraktion muss
Saarberg ein selbständiges Unternehmen bleiben. Eine Zusammenlegung mit der
Ruhrkohle AG sei nicht im saarländischen Interesse - so der stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Dr. Rainer Tabillion. Es gibt von diesen Verlautbarungen
eine ganze Reihe, aber ich will mir das schenken.
Einfordern will ich dagegen in diesem Zusammenhang
noch einmal die dringende Neustrukturierung der Ansiedlungsakquisition. Wir
brauchen einerseits Unternehmensneugründungen, es gibt andererseits aber auch
die Notwendigkeit, die Ansiedlungsakquisition zu verstärken. Ohne
Unternehmensansiedlungen von außen wird das Arbeitsplatzdefizit an der Saar
nicht beseitigt.
Abschließend möchte ich noch einmal unterstreichen,
dass die CDU-Fraktion der Veräußerung des 26-Prozent-Anteils zustimmt. Weil sie
aber mit etlichen Vertragsvereinbarungen nicht einverstanden sein kann, bitten
wir Sie - Herr Lafontaine, Sie haben das eben hier ja wiederholt erwähnt -,
dass Sie sich unserer Meinung anschließen, dass diese Dinge im Interesse des
Saarlandes durchgesetzt werden müssen. Deshalb bitten wir Sie, unserem Antrag
zuzustimmen. Wenn die Vereinbarung ohne die von mir kritisierten Mängel ist,
glaube ich, dass wir der Neustrukturierung von Saarberg gelassen entgegensehen
können und dass wir dann diese Veränderung, die für das Land eine große
Bedeutung hat, auf einen guten Weg gebracht haben. Ich darf all denen, die im
Zusammenhang mit dieser Neustrukturierung Verantwortung tragen, weiterhin eine
glückliche Hand wünschen und Saarberg (neu) ein herzliches Glück auf. (Beifall
bei der CDU.)
Vizepräsident Meyer:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die
Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Reinhard Klimmt. Für ihn
ist Redezeitverlängerung beantragt, der hiermit stattgegeben wird.
Abg. Klimmt (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verkauf
bzw. die Übertragung der Anteile des Landes an den Saarbergwerken an die
Ruhrkohle AG ist die Konsequenz des so genannten Kohlekompromisses vom März
vorigen Jahres. Das heißt, dass diese Übertragung und die Situation, in der wir
uns momentan befinden, politisch durch den Bund erzwungen worden sind, der die
Vereinbarungen, die wir in der Vergangenheit getroffen haben und auf die wir
unsere Politik gegründet haben, immer wieder gebrochen und auch in diesem Fall
aufgekündigt hat. Das muss als Begründung für die Situation und für den heutigen
Vorgang ausdrücklich ausgesprochen werden. (Beifall bei der SPD.)
Dies ist eine Station in einem sehr, sehr langen
Leidensweg, den wir und die Saarbergleute haben durchmachen müssen. Ich hoffe,
dass wir jetzt durch die Beschlüsse, die wir gefasst haben, eine Basis gefunden
haben, die dauerhaft trägt, und zwar auch über das Jahr 2005 hinaus. Wenn die
Beschlüsse, die 1991 gefasst worden sind - ich kann mich an die Demonstrationen
hier vor dem Landtag noch sehr gut erinnern -, wenn diese Beschlüsse aus der Kohlerunde
1991 gehalten hätten, dann wäre es nicht notwendig, dass wir die Anteile
abgeben, dann würde genau das gelten, was 1995 gesagt worden ist. Deshalb bin
ich dankbar, dass Herr Feibel auch das Datum genannt hat, als wir damals
sagten, dass wir auf der Grundlage des Dreistandortemodells selbstverständlich
an der Selbständigkeit von Saarberg festhalten, dass wir eine Fusion nicht
wollen, sondern unsere Beteiligung halten wollten. Das ist aber durch das, was
uns aufgezwungen worden ist, durch die Entscheidungen und Vorgaben des Bundes
im März vorigen Jahres, obsolet geworden. Es muss hier deutlich ausgesprochen
werden, wo die Ursache liegt und worin die Meinungsänderung begründet ist.
(Beifall bei der SPD.)
Es war sogar noch Schlimmeres angedacht, und es ist
den Bergleuten und ihrer Gewerkschaft zu verdanken, dass sie mit ihrem
persönlichen Einsatz und mit Demonstrationen friedlicher, aber effektiver Natur
Schlimmeres verhindert haben. Herr Kollege Feibel, wenn Sie jetzt in dem einen
oder anderen Punkt noch einige Wünsche, die vielleicht teilweise verständlich
sind, zusätzlich an die jetzige Diskussion knüpfen, dann erkenne ich das
Bemühen, den Prozess positiv zu begleiten, an, aber ich hätte mir damals
gewünscht, dass Ihre Unterstützung größer gewesen wäre, um bei den endgültigen
Verhandlungen in Bonn mehr durchzusetzen, als dann letztendlich durchzusetzen
war. (Beifall bei der SPD.)
Ich bedanke mich ausdrücklich auch bei der
saarländischen Bevölkerung, die die Bergleute unterstützt hat und dazu beigetragen
hat, dass wir zumindest eine tragbare Lösung gefunden haben und dass wir in den
Verhandlungen auf dieser tragbaren Lösung zu einem Ergebnis gekommen sind, von
dem wir glauben, dass man es unterzeichnen kann und dass es auch tragfähig ist
für die Zukunft. Deswegen halten wir es jetzt nicht für notwendig, an dieser
Stelle heute zusätzliche Nachbesserungen zu fordern, und werden aus diesem
Grunde Ihren Antrag ablehnen.
Die Bergleute haben ihren Kampf nicht nur in ihrem
eigenen Interesse geführt - das ist legitim, das hätte alleine schon als
Begründung ausgereicht -, nein, sie haben dies, wie ich meine, in unser aller
Interesse gemacht. Es geht dabei um wichtige Punkte. Es geht zum Beispiel um
Energiesicherheit. Der Ministerpräsident hat hier ausführlich dargestellt, dass
wir nicht damit rechnen können, dass die Weltmärkte auch zukünftig so
funktionieren, wie sie zur Zeit funktionieren, und dass es ein großer Fehler
wäre, wenn wir den Zugriff auf die Lagerstätten, auf diese einzige nationale
Energiereserve - wenn man nicht auf die Atomenergie zurückgreifen will -, von
unserer Seite aus aufgeben wollten. Es bleibt dabei: Die Arbeit der Bergleute
ist nicht etwas, was man nur aus arbeitsmarktpolitischen Gründen betreibt,
sondern sie hat einen Sinn für unsere Volkswirtschaft, sie hat einen Sinn für
uns alle - damit klar ist, dass an diese Arbeit, dass an diesen Schweiß immer
noch Sinn geknüpft ist und dass das nicht etwas ist, was man nur aus sozialen
Gründen tut. (Beifall bei der SPD.)
Der Bedarf an Kohleenergie wird wachsen, wie der
Energiebedarf insgesamt wächst. Und so wird auch der Bedarf an Kohletechnologie
wachsen. Auch das ist vom Ministerpräsidenten angesprochen worden. Die
Kohletechnologie ist keine veraltete Technologie. Wer sich öfter unter Tage
bewegt - einmal reicht meines Erachtens schon -, weiß, dass in vielen Bereichen
dort High-Tech eingesetzt wird und dass das, was dort an technischer
Entwicklung stattgefunden hat, an der Spitze des Erfindungsgeistes der
Ingenieure nicht nur bei uns, sondern überall in der Welt rangiert. Das
bedeutet, dass diese Technologie für uns natürlich auch ein ökonomischer Schatz
ist, mit dem wir in der Zukunft wuchern können und wuchern wollen. Man darf
nicht vergessen, dass wir hier unter den schwierigsten Bedingungen abbauen. Das
führt ja dazu, dass so hohe Kosten damit verbunden sind.
Aber gleichzeitig zeigt sich, dass in anderen
Bereichen der Welt die Bedingungen etwa des Tagebaus zurückgehen. Als Beispiel
möchte ich die Türkei nennen, die zur Zeit drei Viertel ihres Bedarfs an
Steinkohle dadurch deckt, dass sie im Tagebau abbaut. Aber in zehn Jahren sieht
das schon anders aus. Dann wird es so sein, dass zwei Drittel der Förderung
unter Tage erfolgen werden. Dass heißt, all diese Länder, die zur Zeit noch
sehr kostengünstig und billig Tagebau haben, werden dann auch den
Untertagebergbau einführen müssen. Das bedeutet, dass wir den technologischen
Vorsprung, den wir haben, dann in Exporte umsetzen können, auch in bare Münze.
Es ist wichtig, dass wir aktiven Kohlebergbau weiterhin betreiben, um auf diese
Weise der deutschen Wirtschaft insgesamt zu dienen, nicht nur den
regionalwirtschaftlichen Interessen.
Das Dritte, was in diesem Zusammenhang gesagt werden
muss, ist, dass wir es nicht akzeptieren, dass die ganze Debatte über
Subventionen und Unterstützung ausschließlich am Beispiel des Bergbaus und am
Beispiel der Kohleländer durchexerziert werden soll. Wir haben in der
Bundesrepublik eine Gesamtsumme, wenn man alle Abschreibungsmöglichkeiten mit
einbezieht, in einer Größenordnung von etwa 300 Milliarden Mark. Dann zu sagen,
von den dato noch 10 Milliarden und später weit abgesenkten Milliarden für den
Steinkohlebergbau würde die Sanierung der öffentlichen Haushalte abhängen, ist
aberwitzig. Wer von der Steinkohle redet, der muss auch davon reden, was
ausgegeben wird für die Landwirtschaft, was ausgegeben wird für den Schiffbau,
was ausgegeben wird für die Luftfahrt. Man kann eben nicht argumentieren, die
Luftfahrt sei Zukunftstechnologie. Nein, ich glaube, ich habe deutlich gemacht,
die Bergbautechnologie ist genauso Zukunftstechnologie wie das, was in der
Luft- und Raumfahrt passiert, und deswegen unterstützungs- und
förderungswürdig. (Beifall bei der SPD.)
Für uns ist der Kompromiss - es handelt sich ja um
einen Kompromiss - annehmbar, weil wir einige Grundsätze formuliert haben im
Zusammenhang mit den damaligen Verhandlungen und Demonstrationen. Diese
Grundsätze waren folgende, ich wiederhole sie.
Erstens keine betriebsbedingten Kündigungen. Dieses
ist für uns eines der wichtigsten Ergebnisse der ganzen Verhandlungen, weil es
deutlich macht, dass der Abbau der Belegschaft, der unvermeidlich ist,
weiterhin sozialverträglich erfolgt. Ich gehe davon aus, dass dies - so die
Zusage, die von der Ruhrkohle im Vertrag gegeben ist - im Rahmen der bisherigen
Möglichkeiten unter Einbeziehung auch neuer Instrumente - warum soll man nicht
noch neue Instrumente erfinden! - bewerkstelligt werden kann.
Aber bitte nicht vergessen, wenn Sie in dem Punkt
jetzt eine gewisse Nachbesserung verlangen, dass ein Teil der Schwierigkeiten,
wenn es darum geht, Umschulungsmaßnahmen und weitere Fortbildungsmaßnahmen zu
finanzieren, damit zusammenhängt, dass in radikaler Weise auf Bundesebene die
entsprechenden Zuschüsse für die Bundesanstalt für Arbeit gekürzt worden sind.
Hier sollte unser gemeinsames Interesse sein, dafür zu werben, dass endlich
diese arbeitsmarktpolitischen Instrumente wieder funktionsfähig gemacht werden,
damit sich ihr Segen bei unserem Problem entsprechend auswirken kann. (Beifall
bei der SPD.)
Zweiter Punkt. Wir haben gefordert, wir brauchen,
wenn schon weitere Kapazitätskürzungen auf uns zukommen, mindestens zwei
Bergwerke an der Saar, die wir aufrechterhalten können. Dieses ist festgelegt,
die Förderung bis 2005 in Höhe von fünf Millionen Jahrestonnen festgeschrieben.
Gleichzeitig ist klar und deutlich, dass die beiden Bergwerke Ensdorf und der
Verbund West weiterarbeiten können, ohne dass sie von Schließung bedroht sind.
Unsere dritte Forderung war angesichts der Situation
bei uns, dass die Schließung eines Bergwerkes im Saarland nicht vor dem Jahr
2000 stattfinden kann. Das Ergebnis: dass Ende 2000, zum 31.12., Göttelborn -
die hat es dann getroffen, übrigens eine Entscheidung, die das Unternehmen
selber getroffen hat, keine politische Entscheidung - schließen wird. Diese
Schließung war nicht unser Wunsch. Aber zumindest zu erreichen, dass nicht
schon in den nächsten Jahren zusätzliche Belastungen auf uns zugekommen wären,
war das Ziel.
Als viertes haben wir verlangt und als Voraussetzung
für Zustimmung gefordert, dass die verbleibenden Teile der Saarbergwerke in
einer Gesellschaft, in einem Unternehmen Saarberg (neu) mit Sitz im Saarland
zusammengefasst werden und hier verbleiben sollen. Auch dieser Forderung ist
entsprochen worden. Insofern glaube ich, dass wir durchaus auf der Grundlage
der Erfüllung der Essentials der Anteilsübertragung zustimmen können.
Ich habe gesagt, die Abgabe der Anteile ist eine
Konsequenz der Märzvereinbarung. Dort ist ausdrücklich gefordert worden, dass
der Bund nur dann bereit ist, jährlich 200 Millionen, in der Gesamtlaufzeit 1,6
Milliarden, für das Saarland zu übernehmen, wenn wir unsere Anteile abgeben.
Das ist eine Konditionierung, die in der Vereinbarung festgehalten ist. Für uns
ist das sicherlich schmerzlich gewesen. Man darf bitte auch nicht vergessen,
dass die Saarberganteile, die jetzt für eine Mark übertragen werden, natürlich
nach unserer Meinung und auch nach Meinung des Unternehmens, das Prüfung und
Bewertung durchgeführt hat, Roland Berger & Partner, eine Größenordnung von
mehr als einer Milliarde ausmachen. Insofern haben wir natürlich einen realen
Verlust, indem wir unseren Anteil für eine Mark übertragen. Das darf man bitte
nicht vergessen.
Es blieb uns aber auch nichts anderes übrig, um es
noch einmal deutlich zu sagen. Ich kann mich noch an die Gespräche erinnern,
die wir - und wahrscheinlich auch Sie - geführt haben mit dem Unternehmen
selber, was bei dem - es ist ja immer möglich und bei uns eingerissen,
Anglizismen zu verwenden - so genannten Stand-alone-Fall, dass man sagt, was
machen wir denn jetzt mit den Beschlüssen, wenn es zu keinem Zusammengehen mit
der Ruhrkohle kommt, was bedeutet das für uns, herausgekommen wäre. Das hätte
bedeutet, dass wir jetzt schon mit Grubenschließungen bei uns hätten beginnen
müssen und einen wesentlich tieferen Einschnitt hätten hinnehmen müssen.
Deswegen gab es diese Alternative in Wirklichkeit eben nicht.
Es ist auch, Kollege Feibel, eine Konsequenz aus den
Vereinbarungen im März des vergangenen Jahres, dass die Ruhrkohle aus ihrem so
genannten weißen Bereich ab dem Jahr 2001 jeweils 200 Millionen zur
Finanzierung der Kohleförderung beitragen muss. Jetzt zu verlangen, dass dabei
die Saarbergwerke (neu) völlig aus dieser Verpflichtung herausgenommen werden,
das wäre, glaube ich, unbillig, weil das einfach eine Konsequenz aus dem ist,
was wir nicht gefordert haben, was von uns nicht gewünscht wurde, auch von den
Unternehmen nicht gefordert, von den Unternehmen nicht gewünscht wurde, von den
Gewerkschaften nicht gefordert, von den Gewerkschaften nicht gewünscht wurde.
Es ist ein Ergebnis von Verhandlungen, in denen es
eben keine Chance gab, etwas in dem Bereich zu verändern. Wenn es uns gelingt,
gemeinsam die Veränderung durchzusetzen, dass die entsprechende Verpflichtung
und Last auf der Ruhrkohle AG, auf dem neuen Konzern, der jetzt gebildet wird,
weggenommen wird, weil der Bund darauf verzichtet, dass diese 200 Millionen
eingezahlt werden, der so genannte Selbstbehalt, dann sind wir gerne damit einverstanden.
Aber dort ist dann die politische Zielsetzung zu suchen. Dieses vertraglich
ändern zu wollen, würde ich von meiner Seite aus für unbillig halten und nicht
zu Recht als Forderung an die Ruhrkohle gerichtet.
Meine Damen und Herren, es ist über die Essentials
hinaus meines Erachtens vieles gut verhandelt worden. Deswegen möchte ich dem
Unternehmen, der Geschäftsführung und den Betriebsräten hier ausdrücklich
danken, die bereits im Vorfeld angefangen haben, miteinander zu reden, in
Arbeitsgruppen diskutiert haben und dabei, meine ich, eine ganze Menge erreicht
haben. Der Dank gilt auch der IGBE, jetzt IGBCE, die als neu formierte
Gewerkschaft weiterhin die Zuständigkeit haben wird. Da geht mein Dank - das
möchte ich durchaus einmal sagen, weil er nun in einem anderen Arbeitsgebiet
tätig ist - an Gerd Zibell, der, meine ich, die Arbeit mit seiner Gewerkschaft
und mit seinen Kolleginnen und Kollegen hervorragend gemacht hat. (Beifall bei
der SPD.)
Wir hoffen, dass wir mit seinem Nachfolger, Michael
Riedel, genauso zurechtkommen und dass wir auch weiter gemeinsam im Interesse
der Saarbergleute und unseres Landes arbeiten können. Das ist unabhängig von
der parteipolitischen Orientierung, die ich habe und die möglicherweise der
eine oder andere in den Gewerkschaften gemeinsam oder konträr hat. Ich glaube,
hier müssen beide Organisationen - und ich wünschte mir, dass sich auch die
Oppositionsparteien dazu in der Lage sähen - gemeinsam an einem Strang ziehen,
um unsere gemeinsamen Interessen nach außen zu vertreten. (Beifall bei der
SPD.)
Ich möchte auch nicht mit Lob sparen für die
Landesregierung, die in die Gespräche miteingebunden und beteiligt war, wenn es
darum ging, die Ergebnisse vom März vergangenen Jahres umzusetzen. Hier ist,
glaube ich, auch einiges mit an zusätzlichen Maßnahmen erreicht worden, die
unserem Lande zugute kommen.
Folgende Punkte möchte ich ausdrücklich erwähnen.
Einmal hat die DSK eine Regionalorganisation an der Saar, das heißt, auch
Leitungsfunktion vor Ort. Ich halte das für einen ganz zentralen Punkt, und
zwar auch im Zusammenhang mit dem anderen Thema, über das ich mit Ihnen
inhaltlich völlig einer Meinung bin, wenn es darum geht, die Zulieferindustrie
bei uns im Lande miteinzubeziehen, in ihren Lieferbeziehungen zu erhalten und
möglichst auch noch Zukunftsperspektiven für sie zu entwickeln. Wenn es darum
geht, dass vor Ort eine regionale Führungsstelle ist, die hier operiert und die
Zusammenhänge kennt und sicherlich auch in solchen Fragen miteingeschaltet ist,
dann ist das eine zusätzliche Sicherheit. Wir können sicherlich nicht
verlangen, dass nachher Verträge mit den Zulieferern auf die nächsten Jahre
vertraglich festgelegt werden, wenn sichergestellt ist - und davon gehe ich
jetzt aus -, dass der neue Partner und dass die neue Konfiguration nicht
versuchen werden, bei Ausschreibungen praktisch die saarländischen Zulieferer
auszuschmieren.
Das ist, glaube ich, ein schlechter Beginn einer
solchen Partnerschaft, wenn man das von vornherein schon unterstellt. Ich gehe
davon aus, dass wir die Aufgabe haben, die Zulieferer, die traditionell ihre
Beziehungen bei uns hier im Lande hatten, auch zukünftig im Geschäft zu halten.
Das gilt dann auch für die Ruhr. Sie wird auch ihre Zulieferer, die es dort
gibt, im Geschäft halten wollen - und zu Recht.
Dann gibt es ein Problem. Das Problem liegt darin,
dass die Förderung insgesamt schrumpft. Mit weniger Bergwerken haben wir
natürlich auch weniger Auftragsvolumen bei weniger Förderung für die
Zulieferindustrie. Das ist klar, das ist dann das Thema, das wir schon oft
diskutiert haben, wenn es um Aufbau- und Opfergleichheit in anderen
Zusammenhängen ging. Aber ich möchte einen Schritt weitergehen. Ich sehe die
große Chance, dass man nicht nur die gewachsenen Beziehungen erhält, Strukturen
erhält, sondern dass man darüber hinaus gemeinsam in einem stärker, größer
gewordenen Konzern mit dem eigenen Unternehmen zusätzliche Exportoffensiven
unternehmen kann, um unsere Zulieferer in einem stärkeren Maße auf anderen
Märkten zu verankern, damit das, was an Produktionsausfall durch die
Entscheidungen, die politisch zu verantworten sind, entstanden ist, ergänzt
wird, möglicherweise sogar noch überstiegen wird durch das, was wir an
zusätzlichen Aufträgen auf den Weltmärkten hereinholen.
Für uns ist wichtig, dass die Kokerei Fürstenhausen
weitergeführt wird. Das ist ein auch vom Arbeitsplatzgesichtspunkt her
wichtiger Punkt. Ich bin dankbar, dass bei dem so zentralen Thema Ausbildung
sichergestellt ist, dass 150 Ausbildungsplätze weiterhin bleiben. Ich bin
dankbar, dass das vertraglich festgeschrieben werden konnte. Ich bin auch der
Meinung, dass es gut für uns ist, wenn die nicht mehr genutzten und gebrauchten
- für die Förderung gebrauchten - Grundstücke an Saarberg (neu) übertragen
werden und insofern die Möglichkeit besteht, sie über Saarberg (neu) wieder für
neue gewerbliche Nutzung zu vermarkten.
Dabei bin ich bei einem weiteren wichtigen Punkt,
der Bildung eines eigenständigen Teilkonzerns Saarberg (neu) mit Sitz in
Saarbrücken. Bisherige Bereiche wie der Kohlehandel - ein kleiner Bereich -
gehen weg zur Ruhrkohle, aber dafür kommt der Mineralölhandel der Ruhrkohle zu
uns herunter und der Umweltbereich der RAG. Von meiner Seite aus erkläre ich
noch einmal eindeutig, dass wir erwarten, dass selbstverständlich die in den
Umweltbereich gehörenden Unternehmen nur dann Saarberg (neu) eingegliedert
werden, wenn sie auch funktionsfähig sind. Man darf nicht glauben, dort, wo
noch Sanierungsbedarf ist, diesen Sanierungsbedarf nachher dem neuen
Unternehmen anhängen zu können. Das muss klar sein, dass das nur von uns
akzeptiert werden kann, wenn man die Bereiche, die auch funktionsfähig sind,
rüberbringt und von der Saar aus führt, um auf diese Weise faire Partnerschaft
auch wirklich in diesem Sektor zu praktizieren.
Die Verträge, die vorgelegt worden sind, sind für
mich auch ein Beleg für eine faire Partnerschaft mit Nordrhein-Westfalen und
der Ruhrkohle selber. Ich habe keinen Grund, an das, was jetzt vorgelegt worden
ist, Misstrauen zu knüpfen, denn die Verträge atmen die Einsicht in die
besondere Lage des Saarlandes. Für Nordrhein-Westfalen ist das ja auch kein
einfacher Vorgang. Wenn es um die Schließung von Bergwerken geht, dann hat es
ja, wenn man mathematisch rechnet, durchaus Überlegungen gegeben, ob man die
Saar nicht zu günstig hat wegkommen lassen. Aber bei einer Halbierung der
Förderung kann man Bergwerke, wenn man drei hat, nicht halbieren, um sie
funktionsfähig zu halten. Es ist wichtig und für uns auch zu begrüßen - ich
sage das noch einmal ausdrücklich -, dass es das Einverständnis gegeben hat und
dass es nie in Frage gestellt worden ist, dass eben an der Saar zwei Bergwerke
erhalten bleiben und bei uns nur eines geschlossen wird, während in einem
wesentlich größeren Umfang Bergwerke in Nordrhein-Westfalen geschlossen werden
müssen. Ich möchte ausdrücklich hier meine Anerkennung dafür aussprechen, dass
auch Rücksichtnahme aus Nordrhein-Westfalen unserem Revier gegenüber
aufgebracht worden ist. (Beifall bei der SPD.)
Das ist mehr Einsicht, als wir sie jetzt vom Bund
erfahren haben. Auch das hat der Ministerpräsident vorgetragen, dass entgegen
den vorherigen Ankündigungen und Erwartungen, die man bei uns geschürt hat,
indem man gesagt hat, es gibt Ausgleichsmaßnahmen für die Revierländer im
Umfang dessen, was man an Subventionen einspart, um auf diese Weise den
Umstrukturierungsprozess begleiten und befördern zu können, dies leider nicht
geschehen ist. Ich gehe davon aus, dass auch in diesem Fall die Finanzprobleme
des Bundes das hervorgerufen haben. Denn wenn man weiß, mit welchen
Schwierigkeiten der Bund zu kämpfen hat, dann sieht man, welche Probleme
bestehen, um dafür die notwendigen Gelder lockerzumachen. Aber es bleibt
einfach festzuhalten, dass das nicht eine Frage ist, dass vielleicht die Landesregierung
schlecht verhandelt hätte, sondern dies ist ausdrücklich darin zu suchen, dass
der Bund die vorher gegebenen Zusagen wieder einkassiert hat und sich plötzlich
gegen seine Versprechungen nicht mehr in der Lage sieht, den
Umstrukturierungsprozess bei uns gesondert zu begleiten. (Beifall bei der SPD.)
Statt dessen müssen wir einen weiteren Abbau der
Förderung hinnehmen. Auch die Gemeinschaftsaufgabe hat weniger Geld, als das
vorher der Fall war. Wir müssen den schwierigen Umstrukturierungsprozess immer
noch stärker aus eigenen Kräften finanzieren, und wir müssen erkennen, dass der
Bund weiter bei seinem Abbau von Arbeitsplätzen auf unsere Situation wenig
Rücksicht nimmt und immer weitere Einrichtungen von hier abzieht und dann, wenn
er konzentriert, nicht bei uns zu unserem Nutzen konzentriert, sondern anderswo
zu unserem Schaden konzentriert. Das muss hier einmal kritisch in der jetzigen
Debatte angemerkt werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD.)
Zusammenfassend möchte ich Folgendes werten. Der
Bergbau an der Saar und an der Ruhr bleibt zukunftsfähig auf einem niedrigeren
Niveau. Ich bin der Meinung, dass man dieses Niveau nicht weiter unterschreiben
kann, wenn man einen wirklich vernünftigen Bergbau aufrechterhalten will.
Unsere Aufgabe wird es sein, das, was bis zum Jahre
2005 gesichert ist, über das Jahr 2005 bis zum Jahre 2050 - ich nenne mal diese
Zahl - zu sichern, damit die klaren Rahmenbedingungen da sind, unter denen man
weiß, wo man investiert, wie man investiert; und damit diejenigen, die immer
noch mit jungen Jahren dort arbeiten, eben nicht die Sorge haben müssen, dass
nach dem Jahre 2005 das ganze Elend schon wieder von vorne losgeht. Deswegen
müssen wir jetzt gemeinsam daran arbeiten, dass es sehr schnell zu klaren, verbindlichen
Erklärungen auch für den Bergbau über das Jahr 2005 hinaus kommt. (Beifall bei
der SPD.)
Ich will nicht verhehlen, dass das auch eine Frage
der politischen Konstellation ist. Als es Versuche gegeben hat, wieder einmal
von Bayern inszeniert, die Kohle noch mal erneut zu drücken über den Bundesrat,
haben die sozialdemokratisch geführten Länder einhellig zu den Beschlüssen
gestanden. Ich kann hier sagen, dass wir uns auf unsere Kolleginnen und
Kollegen in den Ländern, in denen sozialdemokratische Ministerpräsidenten und
eine Ministerpräsidentin regieren, verlassen können, dass wir auf deren
Solidarität vertrauen können.
Zu dem, was für die Zukunft zu sagen ist, glaube
ich, dass Saarberg (neu) alle Chancen hat und dass man die Chancen für dieses
Unternehmen jetzt beherzt und mutig anpacken muss, dass man sich jetzt nicht
wieder in neuen Grämlichkeiten ergehen sollte, was man eventuell noch hätte
besser haben können. Ich glaube, so wie es zusammengefasst worden ist, sitzt da
Kraft und Power drin, die nach vorne gehen kann. Das gilt zum Beispiel auch für
das SaarGummi-Werk, das mittlerweile, wie ich weiß, schwarze Zahlen schreibt.
Was im Zuge der bei uns bestehenden Automobil- und
Automobilzulieferindustrie weitere Zukunftschancen haben wird, ist der Bereich
der Energie. Energie ist ein Wachstumsmarkt. Und auf diesen Wachstumsmärkten
kann dann das Unternehmen zukünftig operieren. Wir wünschen uns, dass gerade
auch im Sinne der Verknüpfung mit der Ökologie etwa die Fernwärme noch
zusätzliche und weitere Chancen bekommen wird, um damit nicht nur einen
wirtschaftlichen, sondern auch einen ökologischen Beitrag zusätzlich zu all
unseren Anstrengungen leisten zu können. (Beifall bei der SPD.)
Der Umweltbereich ist ein Wachstumsmarkt. Wir
sollten die damit verbundenen Chancen und Möglichkeiten nutzen. Wir haben
Unternehmen wie die SOTEC, die auch über die Landesgrenzen weg mit technischen
Innovationen sich auf den Märkten behaupten können. Ich bin absolut sicher,
dass die Kohletechnologie, die wir haben und die durch SaarTech in dem neuen
Unternehmen repräsentiert ist, auch ein Wachstumsmarkt sein wird, so dass wir
auch dort neben dem Arbeitsplatzabbau im klassischen Kohlebereich den Aufbau
von neuen Arbeitsplätzen bei Saarberg (neu) gemeinsam steuern und erleben können.
Insofern, meine Damen und Herren, nach ausführlichen Beratungen in der
Montanfraktion unter der Federführung von Kurt Hartz: Angesichts der Umstände,
unter denen wir diese Entscheidung zu treffen haben, und angesichts auch der
vorgelegten Verträge, mit denen wir uns einverstanden erklären können, stimmt
die SPD-Fraktion der Übertragung der Anteile zu. Ich hoffe, dass es uns allen
zum Nutzen gereichen wird. Glück auf! (Anhaltender Beifall bei der SPD.)
Vizepräsident Meyer:
Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Hubert Ulrich.
Abg. Ulrich (B 90/Grüne):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Wir diskutieren heute über eine für das Saarland wirklich historische
Entscheidung. Es ist eben bereits ausgeführt worden von den Kollegen der CDU,
auch von den Kollegen der SPD, dass die Saarbergwerke seit rund 200 Jahren ein
Staatsbetrieb waren. Heute wird hier vom saarländischen Landtag die
Entscheidung getroffen, dass die Saarbergwerke privatisiert werden. Früher, bis
vor rund 30 Jahren, war es noch so in diesem Lande, dass der Bergbau dem Land
Wohlstand gebracht hat; da hat er dafür gesorgt, dass das Saarland als eine
prosperierende Region galt. Innerhalb der letzten 30 Jahre hat sich das
gewandelt. Für das Saarland, auch für die Bergleute hat es sich leider
gewandelt. Mittlerweile ist es so, dass der Saarbergbau vollständig von
Subventionen abhängt, wie auch der Bergbau an der Ruhr, wie der
mitteleuropäische Bergbau insgesamt. Die Unterstützung durch den Bund hat eine
lange Geschichte. Ich habe mir mal vier Stationen herausgeschrieben, an denen
sich festmachen lässt, wie lange eigentlich schon der Leidensweg des deutschen
Steinkohlenbergbaus in der Kostenfrage geht.
1958 wurden beispielsweise die ersten Maßnahmen zur
Verbesserung des Steinkohlenabsatzes beschlossen. 1963 dann wurde ein Gesetz
zur Förderung der Rationalisierung im Bergbau erlassen. 1965 folgte ein Gesetz
zur Förderung des Absatzes im deutschen Steinkohlenbergbau. Und 1968 folgte ein
Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus, wie das
damals hieß. All diese Versuche und Unterstützungsmaßnahmen haben eines nicht
verhindern können: den kontinuierlichen Schrumpfungsprozess des deutschen
Steinkohlenbergbaus. Ich will das jetzt gar nicht werten als positiv oder negativ,
ich versuche einfach nur mal die Fakten darzustellen, vor deren Hintergrund wir
heute hier diese historische Entscheidung treffen müssen.
Es gab dann eine kurze Erholung in den siebziger
Jahren durch die beiden Ölpreiskrisen. Dann gab es wieder ein langes Tal der
Tränen, das letztendlich in der Kohlerunde 1991 endete, in der damals das
hochgelobte Dreistandortemodell geboren wurde, bei dem gesagt wurde: Viel mehr
kann man eigentlich nicht mehr schrumpfen. Damals wurde klar gesagt: Durch das
Dreistandortemodell ist der saarländische Kohlenbergbau, ist der Bergbau in
Deutschland insgesamt jetzt endlich langfristig gesichert. Das hat dann
gehalten bis 1994, drei Jahre also. Dann kam das Artikelgesetz, die
Plafonierung - damals schon eine völlig andere Grundlage als die Kohlerunde. In
der Kohlerunde wurde noch festgeschrieben, dass eben 50 Millionen Jahrestonnen
Steinkohle in der Bundesrepublik Deutschland gefördert werden. Die
Plafondierung dann war insofern eine völlig andere Grundlage, als dort festgelegt
wurde, dass nur noch eine bestimmte Summe Geld für den Steinkohlenbergbau in
Deutschland zur Verfügung gestellt wird.
Damals wurde insbesondere von der SPD, die sich für
dieses Dreistandortemodell stark gemacht hatte, dieses Modell als großer Erfolg
insbesondere für den saarländischen Bergbau dargestellt. Herr Klimmt, gehen Sie
heute mal nach Göttelborn und erzählen Sie den Bergleuten in Göttelborn noch
einmal von diesem großen Erfolg. Der Erfolg hat nicht lange gehalten. Unsere
Befürchtungen, die wir damals bereits als Grüne geäußert haben, sind leider
eingetroffen. (Beifall bei B 90/Grüne.)
Bei jeder Kohlerunde wurde von Seiten der
Sozialdemokratie hier an der Saar argumentiert, nun gehe es aber wirklich nicht
mehr kleiner. Leider Gottes ist festzustellen, es geht immer noch mal eine
Runde kleiner. (Abg. Gillo (SPD): Wie hätten Sie es denn gern?)
Wie ich es gern hätte, wie wir es gern hätten, Herr Gillo,
das werde ich Ihnen gleich noch einmal darlegen, und das nicht zum ersten Mal
in diesem Hause.
Schließlich endete die ganze Auseinandersetzung um
die Steinkohleförderung in Deutschland im Kohlekompromiss vom März des Jahres
1997. Und dieser Kohlekompromiss - das muss man wieder mit dem Wort
"leider" verbinden - ist der Trümmerhaufen der sozialdemokratischen
Kohlepolitik in diesem Lande.
Herr Lafontaine, Sie haben eben gesagt, das
Schlimmste ist für die Bergleute bei dieser Kohlerunde 1997 nicht eingetroffen.
Das Schlimmste wäre gewesen, die Kohlegruben alle auf einen Schlag wegzuhauen.
Sie haben recht, das Schlimmste ist wirklich nicht eingetroffen. Dafür ist der
zweitschlimmste Fall eingetroffen.
Der zweitschlimmste Fall bedeutet, dass bis zum
Jahre 2005 rund 50 Prozent aller Arbeitsplätze im Bergbaubereich hier im
Saarland wegfallen. Das Problem dabei ist, Herr Gillo - und das ist unsere
Position -, dass für den Wegfall dieser rund 6.000 Arbeitsplätze kein
wirklicher Ersatz geschaffen wird innerhalb des Saarbergkonzerns, dass kein
wirklicher Ersatz geschaffen werden kann, weil die politischen Weichen von
Seiten der SPD immer nur auf eine Sache ausgerichtet werden: auf die Förderung
von Kohle. Die so genannten weißen Bereiche, aber auch viele andere Bereiche
hier im Saarland, die förderbar wären wie insbesondere der Mittelstand und
insbesondere die Kleinbetriebe, wurden einfach völlig vergessen. Ausbaden
müssen das die Menschen, die heute noch bei Saarberg ihren Lohn, ihr Brot
finden und in Zukunft - das ist zu befürchten - zumindest zum Teil auf der
Straße stehen werden. Das ist genau die Sache, die wir als Bündnisgrüne
verhindern wollen; da nehmen wir eben eine klare Position ein. An diesem Punkt
fordere ich die SPD von dieser Stelle aus noch einmal auf, den Bergleuten nicht
immer noch einmal Honig ums Maul zu schmieren, sondern endlich den Bergleuten
reinen Wein einzuschenken. (Abg. Stritter (SPD): Kapitulation also?)
Herr Klimmt hat gerade eben ein wirklich
aktuelles Beispiel geliefert, wie man den Bergleuten an der Saar, den
Beschäftigten von Saarberg nach wie vor baren Unsinn erzählt. Herr Klimmt
hat eben gesagt, es muss darum gehen, die Kokerei in Fürstenhausen zu erhalten.
Diese Position kann man ja einnehmen. Nur, wir haben letzte Woche im Ausschuss
alle gehört, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder führt man die Kokerei in
Fürstenhausen fort, dann muss man aber irgendwann das Westfeld stoppen, weil
dieses unter die Kokerei geht; oder man führt das Westfeld weiter, dann muss
man die Kokerei schließen, weil die Kokerei dann von massiven Bergschäden
betroffen ist. Herr Klimmt, das ist doch die Wahrheit. Davon haben ich
eben von Ihnen nichts gehört, leider nichts gehört.
Es gibt eine zweite Sache, eine zweite
grundsätzliche Position, in der die Sozialdemokratie hier im Lande immer wieder
und sehr nachhaltig versucht, die gesamte Öffentlichkeit in die Irre zu führen,
nämlich in der Frage der so genannten Energiereserve. Sie suggerieren der
Öffentlichkeit und Sie suggerieren immer noch vielen Menschen innerhalb des
Saarbergkonzerns, dass eine realistische Chance bestehen würde, dass die
deutsche Steinkohle innerhalb der nächsten zehn, zwanzig oder fünfundzwanzig
Jahre noch einmal die wirtschaftliche Chance erhalten würde, in die Nähe, auch
nur in die Nähe der Weltmarktpreise zu kommen. Und Sie suggerieren, dass die
Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland in der heimischen Steinkohle ein
wirklich sicheres Fundament finden könnte, wenn es noch einmal zu einer
irgendwie gearteten Energiekrise käme, sprich Ölpreiskrise, oder wenn wir kein
Gas mehr geliefert bekommen oder Ähnliches. Das suggerieren Sie, und das ist
natürlich eine bodenlose Falschaussage. (Unruhe und Zurufe von der SPD.)
Eine bodenlose Falschaussage, Herr Lafontaine
und Herr Klimmt. Herr Lafontaine, Sie vertreten ja die gleiche
Position.
Die Realität. Ich will Ihnen an dieser Stelle noch
einmal die Zahlen nennen, wie es denn weltweit mit der Kohleförderung aussieht.
Man muss sich klarmachen: Hier in der Bundesrepublik Deutschland wird gerade
mal ein Prozent des Weltkohlebedarfs gefördert. Wir fördern gerade mal zehn
Prozent der Steinkohle im Überseehandel. Durch die vielen Anbieter hat das zur
Folge, dass der gesamte Steinkohlemarkt ein klassischer Käufermarkt ist, das
heißt, es gibt sehr viele Anbieter. Und wenn ein Anbieter wegfällt - Herr Klimmt,
das ist ja auch immer wieder eines Ihrer Standardargumente -, dann ändert das
nun einmal am Preis nichts. Das ist genauso, als wenn Ford die
Automobilerzeugung einstellt. Die Folge wäre, dass VW, Opel, Mercedes und BMW
eben mehr Autos produzieren würden. Mehr würde da nicht passieren. Es ist völlig
falsch zu argumentieren, wenn wir keine Kohle mehr fördern, wird die Kohle auf
dem Weltmarkt teurer. Das wird nicht passieren. - Ich heiße das gar nicht gut;
ich stelle das nur als Faktum hier klar.
Das zweite Argument in dieser Diskussion - Herr Lafontaine,
Sie haben es eben auch wieder angeführt - ist einfach, die Steinkohle wäre oder
ist die Energie, die die größte Reichweite hat. Herr Lafontaine, dieses
Argument stimmt natürlich vordergründig. Die Steinkohle ist die Energie, die
für die nächsten zwanzig bis dreißig Jahre ausreichen wird auf diesem Planeten.
Aber Sie haben vergessen, dabei zu sagen, dass die saarländische Kohleförderung
zu halbwegs erschwinglichen Preisen - ich rede jetzt von der Anlage in Ensdorf,
die immer noch die geringsten Förderkosten erwirtschaftet von 160 bis 180 DM
pro Tonne - in zwanzig, spätestens in fünfundzwanzig Jahren zu Ende sein wird.
Mit unserer saarländischen Steinkohle werden wir einen solchen Zeitraum nicht
überbrücken können. Das heißt automatisch, eine wirkliche Perspektive für
unsere heimische Steinkohle, was die langfristige Energiesicherheit angeht,
gibt es nicht.
Für Bündnis 90/Die Grünen wie auch für mich
persönlich ist die Steinkohle natürlich die Übergangsenergie für die nächsten
zwanzig bis vierzig Jahre. Was denn sonst? Das ist doch völlig unbestritten.
Nur, der Punkt ist ein völlig anderer: Welche Steinkohle ist denn
volkswirtschaftlich finanzierbar? Das muss ich jetzt noch einmal in zwei
Problemkreise trennen. Das Eine ist unsere Diskussion hier im Saarland, unsere
Arbeitsmarktdiskussion. Und vor diesem Hintergrund ist es für mich natürlich
auch ein völlig klarer Fall, dass man die Arbeitsplätze bei Saarberg so lange
sichern muss, wie das irgendwie geht. Das muss ich aber völlig abtrennen von
der Frage, wer denn letzten Endes die Gelder zur Verfügung stellt für unsere
Region. Und genau da, Herr Gillo, unterscheiden sich die SPD und die
Grünen. Wir sagen nämlich, man muss in Bonn - und in Bonn wird das letztendlich
entschieden - eine Konzeption vorlegen, die wirklich zukunftsfähig ist, die
einen Weg aus der Steinkohleförderung hinausweist und die klarmacht, in welche
Richtung der Saarbergkonzern entwickelt werden kann.
Da bleiben natürlich zuvörderst die so genannten
weißen Bereiche von Saarberg, nämlich der gesamte Energie- und Umweltbereich,
die eine echte Überlebenschance haben. Solange aber die Position hier im
Saarland die ist, dass wir auf einen unbegrenzten Bergbau noch im Jahre 2020
setzen, egal was es kostet, so lange haben wir außerhalb des Saarlandes, so
lange haben wir auch außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen schlechte Karten.
Da stehen nun einmal zwei Bundesländer gegen vierzehn Bundesländer. Das ist
doch unser Hauptproblem. Damit müssen wir doch umgehen. Das negiert die
saarländische SPD völlig, und das aus rein wahltaktischen Gründen. Das ist
traurig. (Beifall des Abgeordneten Dr. Pollak (B 90/Grüne).)
Ziel der SPD ist es leider Gottes nur, die Stimmen
der Bergleute auch bei der nächsten Landtagswahl zu gewinnen aufgrund dieser
Position. Der Rest des Landes und im Prinzip auch die Interessen der Bergleute
nach dem Wahltermin in zwei Jahren wird völlig vergessen, wird völlig außen vor
gelassen. (Abg. Gillo (SPD): So ein dummes Gelalle.)
Weiteres Argument sind immer wieder die Zulieferer von
Bergbautechnologie. Im letzten Jahr haben wir nun mit unserer Fraktion einige
Zulieferer besucht. Was man uns da berichtet hat, das hörte sich zunächst gar
nicht so furchtbar dramatisch an. Die saarländischen Zulieferer sind - das war
zumindest zwischen den Zeilen herauszuhören - gar nicht so sehr davon
überzeugt, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig sein werden auf dem Weltmarkt
bei anderen Bergbauunternehmen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, wenn
sie hier keine Referenzanlagen haben. Die sagen: Natürlich wird das etwas
schwieriger. Ich halte diese mittelständischen Betriebe auch für beweglich
genug, dass sie sich auf diesem in der Tat prosperierenden Weltmarkt des
Bergbauzulieferbereiches weiterhin werden behaupten können. Das hoffe ich und
denke, das wird nicht die zentrale Frage sein.
Die zentrale Frage wird aber sein - oder wäre in der
Vergangenheit gewesen; ab dem heutigen Tag erledigt sich das ja in gewisser
Weise -: Was ist das Szenario, das ich als Landesregierung aufmachen muss?
Natürlich üben wir als Bündnis 90/Die Grünen auch in
so manchem inhaltlichen Punkt eine barsche Kritik an dem Saarbergkonzern, eine
Kritik, die aber im Wesentlichen damit zusammenhängt, dass die
Saarbergkonzernleitung zumindest in der Vergangenheit - vielleicht bessert sich
das in Zukunft; Ansätze gibt es da - mit der öffentlichen Meinung, mit der
Information der Öffentlichkeit und der betroffenen Bürgerinnen und Bürger doch
etwas - sagen wir - seltsam verfahren ist. Das führt dazu, dass sich bei
einigen Projekten, über die man wirklich trefflich streiten kann, wie
beispielsweise über den Absinkweiher 9 in Saarlouis-Fraulautern, ein großer
Widerstand in der betroffenen Bevölkerung formiert hat.
Ähnliches gilt auch für das Abbaugebiet Primsmulde.
Auch dort gibt es natürlich berechtigte Interessen der betroffenen Bürgerinnen
und Bürger, wenn nach dem Jahr 2005 der Saarbergkonzern wirklich in diesem
Bereich einen Abbau betreiben will. Oder ich erinnere an die Erschütterungen in
der vergangenen Woche im Bereich der Gemeinde Saarwellingen. Auch dort hat die
Saarbergkonzernleitung sehr ungeschickt agiert, was ihre Informationspolitik
gegenüber der Öffentlichkeit betrifft. Wir als Bündnis 90/Die Grünen halten es
für unsere Pflicht, den Saarbergkonzern in diesen Fragen zu kritisieren, aber
auch konstruktiv zu kritisieren. Das hat nichts damit zu tun - das möchte ich
hier noch einmal deutlich machen -, dass wir der Meinung sind, den
Saarbergkonzern als Ganzes zu erhalten, um eben die Jobs, um die Arbeitsplätze
an der Saar zu sichern. (Beifall bei B 90/Grüne.)
Der Kohlekompromiss von 1997 ist die Grundlage der
Diskussion, die wir heute hier führen. Dieser Kohlekompromiss wurde in unseren
Augen seitens der SPD wieder mit der gleichen Einäugigkeit verhandelt wie
alles, was vorher in Sachen Saarbergbau mit Bonn verhandelt wurde. Man hat
wieder nur auf den Bereich Kohle geschielt, alle anderen Bereiche wurden
vergessen. Insbesondere wurde vergessen, die regionalpolitische Flankierung
einzufordern, die nur zusammen mit dem Kohlekompromiss wirklich verhandelbar
war. Wir haben zwar im Nachklapp im saarländischen Landtag versucht, über das
Saar-Memorandum diese regionalpolitische Flankierung einzufordern. Aber allen
Beteiligten war von Anfang an klar, dass das ein Luftschloss ist, dass sich die
Bonner Regierungskoalition auf diese Forderung im Nachgang nicht mehr einlassen
würde. Denn für den Kohlebereich war bereits das damals Maximale zugesagt.
Einen weiteren Spielraum lässt der Bundeshaushalt bei der desolaten
Haushaltslage, die in Bonn nun einmal vorherrscht, leider Gottes nicht zu.
Der Vertrag, über den wir heute zu befinden haben,
beinhaltet natürlich eine ganze Menge wirklich dicker Hypotheken für den an
sich zukunftsfähigen Bereich Saarberg (neu). Das Hauptproblem dabei sind die Gewinnabführungsverträge,
die dazu führen, dass die Beteiligungsbereiche der Ruhrkohle AG - dazu gehört
auch die Steag, dazu zählt natürlich auch Rütgers - pro Jahr runde 200
Millionen DM erbringen müssen, um eben den Selbstbehalt der DSK, der im Kohlekompromiss
mit verhandelt wurde, zu erbringen. Das ist eine massive Hypothek für diese
Beteiligungsbereiche.
Natürlich gibt es solche Gewinnabführungsverträge
auch in anderen Branchen. Der große Unterschied zu anderen Konzernen bzw. zu
anderen Branchen ist eben der, dass diese Gewinnabführungen innerhalb der
Konzerne in aller Regel zu Investitionen genutzt werden, dass diese
Gewinnabführungen zur Innenfinanzierung verwendet werden, die auch dringend
notwendig ist, wenn man ein Unternehmen nach vorne bringen will, wenn man ein
Unternehmen weiterbringen will. All das wird aber bei Saarberg (neu) nicht der
Fall sein. Diese Gewinnabführung wird einfach in die Kasse des Bundes fließen
und wird das Unternehmen insgesamt massiv behindern. (Beifall bei B 90/Grüne.)
Ein weiteres Problem ist natürlich die nach wie vor
drohende Gefahr, dass der Edelhoff-Konzern, der eine hundertprozentige Tochter
der VEW ist - diese wiederum wird getragen von den nordrhein-westfälischen
Kommunen -, mit den Umweltbereichen der Ruhrkohle AG und somit dann auch durch
die Hintertür mit den Umweltbereichen der Saarbergwerke fusioniert wird. Das
würde bedeuten, dass hier ein Umweltgigant entsteht mit zwei Milliarden DM
Jahresumsatz, der aber seinen Schwerpunkt ganz klar an der Ruhr haben wird und
nicht an der Saar.
Natürlich ist in diesem Vertrag der Saarberg
(neu)-Bereich und somit der Umweltbereich, der von der Saar aus geführt werden
soll, mit verhandelt worden. Nur ist es eine Milchmädchenrechnung, sich
auszumalen, wohin die Tendenz insgesamt gehen wird, wenn eben die Masse des
Umsatzes an der Ruhr und nicht an der Saar gemacht wird. Da kann ruhig hier in
Saarbrücken ein Büro sein, in dem Herr Störmer oder ein anderer von der Saar
sitzt und den Konzern auf dem Papier führt. Die Entscheidungen werden letztlich
doch an der Ruhr getroffen zum Nachteil unserer Region. Damit ist genau das
geschehen, was wir als Bündnis 90/Die Grünen nicht wollten. Der zukunftsfähige
Bereich von Saarberg, nämlich Saarberg (neu), wird in Zukunft eher kleiner als
größer. Es werden dort eher weniger als mehr Arbeitsplätze entstehen.
Natürlich hat dieser Kohlekompromiss auf dieser
Basis noch eine weitere große Hypothek, nämlich die - ich will es ja nicht
hoffen, aber die Gefahr besteht immerhin -, dass die CDU/FDP-Koalition die
Bundestagswahl noch einmal gewinnt. Ich persönlich gehe davon aus, wenn dieser
Fall eintritt, werden wir spätestens in einem oder anderthalb Jahren -
vielleicht wird dann der Bundeskanzler Schäuble der CDU noch ein Jahr Zeit
geben bis nach der Landtagswahl 1999 -, spätestens nach der Landtagswahl 1999
an der Saar über eine neue Kohlerunde diskutieren dürfen.
Das einzig Positive, was ich dieser
Vertragsgestaltung abgewinnen kann, ist die vertragliche Festschreibung, dass
an der Saar nach wie vor 150 Ausbildungsplätze bei Saarberg in Fenne erhalten
bleiben. Das ist eine Sache, die man wirklich lobend erwähnen sollte, und dafür
muss man auch einmal die Landesregierung loben; sie macht nicht nur Fehler.
Trotz unserer Kritik an den Ergebnissen der Kohlerunde
1997 werden wir dem Verkauf des 26-prozentigen Anteils des Landes an die DSK
zustimmen. Wir werden vor allen Dingen deshalb zustimmen, weil wir uns völlig
darüber im Klaren sind, dass der Kohlekompromiss nicht mehr zu revidieren ist.
Es wäre völlig utopisch anzunehmen, dass man jetzt noch einmal in eine neue
Verhandlungsrunde eintreten könnte, dass man alles das wieder herausverhandeln
könnte, was die SPD-Landesregierung vor rund einem Jahr bei diesen
Verhandlungen bewusst nicht getan hat.
Wenn die Mehrheit in diesem Hause zu der Überzeugung
käme, die Anteile nicht zu verkaufen, würde dies dazu führen, dass der
Kohlekompromiss insgesamt neu verhandelt werden müsste. Aber was wäre die Folge
davon? Die Folge davon wäre, dass die Kohlesubventionen vor dem Hintergrund der
derzeitigen Haushaltslage in Bonn noch einmal heruntergefahren würden und dass
ein positives Element, das erreicht wurde, nämlich dass zumindest zunächst
keine betriebsbedingten Kündigungen durchgeführt werden müssen, unserer Meinung
nach dann fallen würde.
Wir haben aber eine weitere Hoffnung, und das ist
auch ein Grund für unsere Zustimmung. Ich habe die - ich denke - berechtigte
Hoffnung, dass die nächste Bundesregierung in Bonn eine rot-grüne ist. Dann
kann die Welt sehr schnell anders aussehen, dann hielte ich es für durchaus
möglich, dass man in Bonn über den Kohlekompromiss ernsthaft nachverhandelt und
dass man für eine Region wie das Saarland eine echte regionalpolitische
Flankierung durchsetzt, dass man dann auch zum Beispiel durchsetzt, dass der
Selbstbehalt aus den Verträgen verschwindet. Dann könnte man von dieser
unsäglichen Gewinnabführung bei den Beteiligungsbereichen wegkommen. (Beifall
bei B 90/Grüne.)
Es gibt einen weiteren Grund zuzustimmen, und zwar
den, dass dieser Vertrag beinhaltet, dass die weißen Bereiche von den
Kohlebereichen innerhalb des Saarbergkonzerns getrennt werden. Ich denke, das
ist grundsätzlich mal weg von der detaillierten Ausgestaltung ein Schritt in
die richtige Richtung. Wir halten es auch grundsätzlich für richtig, dass die
Kohlebereiche an der Ruhr und an der Saar zusammengeschlossen werden.
Das sind die Gründe, warum wir trotz harter Kritik
dem Verkauf dieser Anteile zustimmen werden, obwohl ich befürchte, dass das,
was der Ministerpräsident eben gesagt hat, dass mit der Kohlerunde 1997 die
quälende Ungewissheit der Bergleute ein Ende gefunden hat, nicht zutrifft. Ich
denke, die quälende Ungewissheit der saarländischen Bergleute geht leider
Gottes weiter, weil die Perspektiven für den Saarbergbau wirklich nicht
besonders rosig aussehen.
Die CDU-Landtagsfraktion hat einen Zusatzantrag
gestellt mit vier Bedingungen, unter denen sie bereit wäre, diesem Verkauf
zuzustimmen. Mit drei von diesen vier Bedingungen haben wir als Bündnis 90/Die
Grünen keine Probleme. Probleme haben wir lediglich mit dem ersten Punkt, der
da lautet, dass die Wahrnehmung der Interessen der saarländischen
Bergbauzulieferer durch eindeutige und einklagbare Rechtsregelungen
sicherzustellen sind. Ein solcher Antrag aus dem Mund der CDU-Fraktion hat
schon etwas Seltsames; das muss ich gestehen, Herr Feibel. Wenn Sie das Ihrem
früheren Bundeskanzler Ludwig Erhard erzählen könnten, ich glaube, der wäre
erschüttert - - (Zuruf.)
Ja, der wäre erschüttert von so wenig Sinn für das,
was von der CDU so hoch gehalten wird, nämlich der Begriff Marktwirtschaft. Wir
könnten Ihrem Antrag ja noch zustimmen, wenn hier eindeutig in schriftlicher
Form niedergelegt wäre, um was es Ihnen offenbar im Kern geht, nämlich um das
Festlegen eines Submissionsverfahrens, wie es von der öffentlichen Hand
durchgeführt wird. Aber das steht hier nicht, Herr Feibel. Hier steht etwas
Anderes, und diese Formulierung können wir so an dieser Stelle nicht mittragen.
Wir werden aber auch nicht gegen Ihren Antrag stimmen. Wir werden uns der
Stimme enthalten, weil er insgesamt sinnvolle Dinge enthält. Wenn Sie bereit
wären, den Punkt 1 entsprechend umzuformulieren, dass die Submissionsverfahren
klar würden in der Formulierung, würden wir Ihrem Antrag auch zustimmen. Aber das
steht hier nun einmal nicht. Wie eben bereits gesagt, insgesamt werden wir aus
den genannten Gründen der Veräußerung des 26-Prozent-Anteils der Saarbergwerke
an die DSK zustimmen. - Vielen Dank. (Beifall bei B 90/Grüne.)
Vizepräsident Meyer:
Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Willi Gehring.
Abg. Gehring (CDU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
möchte es mir verkneifen, jetzt auf einige grundsätzliche Dinge hier
einzugehen, die von den Vorrednern, insbesondere von der Regierungsfraktion und
von der Regierung angesprochen worden sind. Wir brauchen uns jedenfalls als CDU
Saar von keinem hier im Hause den Vorwurf machen zu lassen, wir hätten für die
Bergleute im Saarland nicht gekämpft. (Beifall bei der CDU.)
Wir haben gestanden für diesen Kompromiss, den auch
die IG Bergbau in der letzten Phase auf der Grundlage ihres eigenen Papiers
gewollt hat, und wir haben gekämpft und gestanden für die Nachbesserungen, die
unbedingt erforderlich waren und die ausgeschlossen haben, dass es zu der dramatischen
Situation von Massenentlassungen gekommen wäre. Darauf sind wir als CDU Saar
auch stolz, dass wir diese Leistungen miterbracht haben.
Hans Berger hat am 13. März gesagt: "Der
Absturz des Bergbaus ist verhindert, der Kampf hat sich gelohnt." Und er
hat gesagt: "Es wird keinen Auslaufbergbau und auch keinen Museumsbergbau
geben. Mit den vereinbarten Finanzhilfen werden wir im Jahre 2005 einen Bergbau
haben, der mindestens 30 Millionen Tonnen fördern kann; das ist ein Bergbau,
der diesen Namen noch verdient; das ist ein Bergbau, der den Zugang zu den
Lagerstätten erhält und damit seine Entwicklungsfähigkeit sichert; das ist ein
Bergbau, in dem alle Reviere eine Zukunft behalten." Da Hans Berger
dies erklärt hat im Saarbergtelegramm, einer offiziellen Verlautbarung von
Saarberg am 13. März 1997, glaube ich, dass man solchen Leuten glauben kann. Es
stört schon gewaltig, wenn das Gejammere heute Morgen von Seiten der
Sozialdemokratie wieder aufs Neue losgeht und alles, was damals vereinbart
worden ist, wieder in Frage gestellt wird, anstatt die Ärmel hochzukrempeln und
auf der Basis dessen, was Hans Berger gesagt hat, jetzt an der Zukunft dieses
Landes und an der Zukunft der Kinder dieses Landes zu arbeiten. (Beifall bei
der CDU.)
Ihr Gejammer endet immer wieder im Tiefflug:
Tiefflug bei Saarstahl, platte Bauchlandung, große Versprechungen; Tiefflug bei
Saarberg, viel mehr versprochen, als wir alle gemeinsam erreichen konnten;
Tiefflug bei ABB; Tiefflug beim Ausbesserungswerk; Tiefflug bei der Bundesbahn.
Sie versprechen viel, aber Sie setzen wenig durch. Sie werden jedoch letztlich
an dem gemessen, was Sie durchsetzen, was Sie für dieses Land erarbeiten, und
nicht an dem, was Sie versprechen. Es war in den letzten Tagen in der
überregionalen Presse vieles über die Verhandlungsleistungen der
Landesregierung in den letzten Monaten seit dem 13. März zu lesen. Herr Kollege
Schmitt - - (Abg. Klimmt (SPD): Du warst auf der falschen
Veranstaltung heute den ganzen morgen. - Zurufe.)
Sie werden es nicht schaffen, dass ich mich einer
solchen Dummheit anpassen werde. Sie werden das nicht schaffen. (Abg. Klimmt
(SPD): So hoch kommst du nicht!)
Die Landesregierung begründet die
Zustimmungsfähigkeit zur Veräußerung des 26-Prozent-Anteiles des Saarlandes an
der Saarbergwerke AG unter anderem mit folgenden Punkten: Schließung des
Verbundbergwerks Ost nicht vor Ende 2000; Bestandsgarantie für die
verbleibenden beiden Bergwerke zumindest bis zum Jahre 2005 bei
Aufrechterhaltung einer angemessenen Mindestförderkapazität; drittens
Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen.
Die Landesregierung verweist in der heute
vorliegenden Drucksache 11/1495 vom 15. 1. darauf, dass dies Ergebnisse Ihrer
Verhandlungen zur Wahrung der Interessen des Saarlandes sind. Ich will seitens
unserer Fraktion hierzu feststellen.
Erstens. Bereits am 13. März 1997 hat der damalige
Vorsitzende der IG Bergbau und Energie, Hans Berger, wörtlich erklärt und Gerd
Zibell hat die Bergleute im Kölner Stadion mit den Worten verabschiedet,
wie Hans Berger es dann auch öffentlich erklärt hat und schriftlich
niedergelegt hat: "Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen."
Auch der Vorstandsvorsitzende der Saarbergwerke hat
am gleichen Tag wörtlich erklärt: Durch den am 13. März 1997 erzielten
Kohlekompromiss sind die Voraussetzungen geschaffen worden, um die Anpassung
der Belegschaft in den kommenden Jahren sozialverträglich, ohne
betriebsbedingte Kündigungen durchzuführen. Was also am 13. März 1997 von
Gewerkschaft und Unternehmen übereinstimmend schon erklärt wurde, legt die
Landesregierung nun heute, fast ein Jahr später, hier als so genannten
Verhandlungserfolg vor.
Zweitens. Bereits am 13. März 1997 hat der
Vorstandsvorsitzende der Saarbergwerke erklärt - ich zitiere -: "Bis
einschließlich 2000 werden an den drei saarländischen Standorten jährlich
sieben Millionen Tonnen Steinkohle gefördert." Die Erkenntnis, dass erst
Ende 2000 eine Grube an der Saar stillgelegt werden muss, war am 23.6.97 nach
den Worten des SPD-Fraktionsvorsitzenden Reinhard Klimmt "das Bestmögliche,
was im Rahmen des Kompromisses vom 13. März 1997 inhaltlich umgesetzt werden
konnte". Ich sage also auch hier: Was am 13. März 97 im Kohlekompromiss
erreicht wurde und am 23.6. vom SPD-Fraktionsvorsitzenden als das Bestmögliche
bezeichnet wurde, legt die Landesregierung nun fast ein Jahr später dem
Parlament als so genannten Verhandlungserfolg vor. (Zuruf.)
Steht doch alles hier drin, dass Sie nach
langwierigen schwierigen Verhandlungen das alles erreicht hätten.
Drittens. Am 7.4.97 erklärte der Vorstandsvorsitzende
der Saarbergwerke AG wörtlich: "Der Kohlekompromiss eröffnet die
realistische Perspektive, dauerhaft an zwei Standorten an der Saar Steinkohle
zu fördern." Auch hier gilt, was aufgrund des Kohlekompromisses vom
13.3.97 schon klar war. Die Landesregierung legt ein Jahr später diesen Punkt
als Verhandlungserfolg vor.
Keine Schließung einer Grube vor Ende 2000,
Perspektive zur dauerhaften Erhaltung zweier Grubenstandorte,
sozialverträgliche Anpassungen und keine betriebsbedingten Kündigungen, das
alles wurde am 13. März 97 erreicht von der Gewerkschaft und vom Unternehmen,
entsprechend öffentlich erklärt, und nicht erst durch die Verhandlung der
Landesregierung seit dem 13. März 97, wie fälschlicherweise der Eindruck
aufgrund der Beschlussvorlage und auch mancher Rede hier erweckt wird. Was
heute diesbezüglich im Vertragstext oder in den Vertragstexten steht zwischen
Ruhr und Saar, ist nicht mehr als das, was vor einem Jahr schon von
Gewerkschaft und Unternehmen erklärt wurde.
Ich will nun zu den Bergbauzulieferern ein paar
kurze Bemerkungen machen. Im Vertragstext steht der lapidare Satz: "Die
Interessen der saarländischen Bergbauzulieferer werden - soweit
wettbewerbsrechtlich zulässig - gewahrt; diese Unternehmen werden bei entsprechenden
Angeboten berücksichtigt." Herr Kollege Klimmt, das sind zweieinhalb
Zeilen zu einem wichtigen und zukunftsfähigen saarländischen
Wirtschaftsbereich, der wesentlicher Teil Ihrer Rede vorhin war. Es geht um
Zukunftsgestaltung mit modernen Produkten und um eine Chance für die
Saarwirtschaft. Immerhin beschäftigen die saarländischen Bergbauzulieferer
5.000 Menschen. Die zweieinhalb Zeilen mit der äußerst banalen Aussage, dass
bei entsprechenden Angeboten ihre Interessen berücksichtigt werden - nach dem
Motto, gebt mal ein Angebot ab, wir schauen dann mal -, sind für uns bei weitem
nicht genug, weil ganz besonders von Ihnen, Herr SPD-Fraktionsvorsitzender
Klimmt, im vergangenen Jahr anderes eingefordert und eingeklagt wurde bezüglich
der Zukunftsperspektive und der Anbindung der Bergbauzulieferer an den neuen
Konzern. Sie haben gesagt, es muss ein Weg gesucht werden, die Chancen der
Bergbauzulieferer "vertraglich" abzusichern. Dieses Wort stammt von
Ihnen. Sie haben gesagt, es muss von der Ruhrkohle AG eine "Beschaffungsgarantie"
für die saarländischen Bergbauzulieferer gegeben werden. (Zuruf des
Abgeordneten Klimmt (SPD).)
Sie hätten dann vorhin wenigstens sagen können, ich
habe meine ehemaligen Forderungen revidieren müssen. Aber uns den Vorwurf zu
machen, wir turnten auf einem Kuckucksei herum oder entwickelten illusionäre
Vorstellungen, können wir nicht akzeptieren. Die Forderungen haben Ihre
Handschrift. (Beifall bei der CDU.)
Sie möchten ja einmal Ministerpräsident werden, Herr
Klimmt. Ihre Forderungen sind wesentliche Forderungen. Sehen Sie noch einmal
nach, was Sie über die Bedeutung der saarländischen Bergbauzulieferer für die
Zukunftsfähigkeit der saarländischen Wirtschaft gesagt haben. (Zurufe der
Abgeordneten Klimmt (SPD) und Gillo (SPD).)
Wenn Sie schon nach einem halben Jahr von Ihren
Forderungen nach vertraglicher Absicherung und Beschaffungsgarantie für die
Bergbauzulieferer abrücken, ist das ein trauriges Zeichen für die
Zukunftsfähigkeit dieses Vertrages. (Beifall bei der CDU. - Abg. Klimmt (SPD):
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?)
Das machen wir nachher. (Abg. Klimmt (SPD):
Ich möchte ein Missverständnis aufklären.)
Ja bitte.
Abg. Klimmt (SPD):
Wenn Sie mir genau zugehört hätten, hätten Sie
mitbekommen, dass ich gesagt habe, einiges in Ihrem Antrag wäre wünschenswert
gewesen. Natürlich wäre mir eine vertragliche Regelung, in der solche Dinge
geklärt sind, lieber. Aber man kann nicht alles haben. Da muss man sich
entscheiden, ob man an einem solchen Punkt das Ganze platzen lässt oder ob man sagt,
ich akzeptiere das, was ausgehandelt worden ist. Ich habe nicht am
Verhandlungstisch gesessen. Insofern ist das kein Widerspruch zu meinen
Ausführungen, die ich vorher gemacht habe. (Zuruf des Abgeordneten Schmitt
(SPD).)
Abg. Gehring (CDU):
Es war unser großes Interesse, dass SaarTech ein
Bestandteil von Saarberg (neu) bleibt, um eine enge Verknüpfung mit den
saarländischen Bergbauzulieferern zu ermöglichen. Aber allein darauf zu hoffen,
Frau Ministerin - wie es die Landesregierung offensichtlich tut -, dass diese
Selbständigkeit gleichzeitig beinhaltet, dass damit quasi von der Ruhrkohle
eine Beschaffungsgarantie für die saarländischen Bergbauzulieferer gegeben ist,
halten wir einfach für unzureichend und gelinde gesagt für naiv.
Zum Dritten. Weil es im Vertragstext an keiner
Stelle steht, bleibt es fraglich, ob die Regionalorganisation DSK auch mit der
Kompetenz eines eigenen Einkaufs ausgestattet ist, worin die Interessen der
saarländischen Bergbauzulieferer eingebunden werden müssten.
Das Fazit, das wir daraus ziehen: Die Interessen der
saarländischen Bergbauzulieferer sind nach unserer Meinung nicht genügend
abgesichert. Damit sind saarländische Interessen bei weitem nicht gewahrt. Die
zweieinhalb Vertragszeilen reichen nicht aus. Wir fordern geschickte,
sinnvolle, das Wettbewerbsrecht nicht verletzende Nachverhandlungen und
entsprechend geschickte und intelligente Vereinbarungen, die uns Sicherheit bei
der Zukunftssicherung der Bergbauzulieferer geben. (Zuruf von der SPD.)
Nächster Stichpunkt: Gewinnabführung. Der Bereich
Saarberg (neu) mit den Sparten Energie, Umwelt, Handel, Dienstleistungen und
Gummi eröffnet im Verbund mit der Ruhr bessere Entwicklungsmöglichkeiten im
Hinblick auf Marktpräsenz, Wettbewerbsposition und Ertragskraft. Damit kann
Saarberg in klar abgegrenzten Geschäftsbereichen unter eigener
unternehmerischer Verantwortung seine Aufgabe wirkungsvoller erfüllen und den
Umstrukturierungsprozess im Saarland durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze
außerhalb der Kohle besser unterstützen. Ob es dabei aber hilfreich sein kann,
den Unternehmen in Saarberg (neu) die Gewinne abzuschöpfen und damit den
Handlungs-, Investitions- und Entwicklungsspielraum einzuschränken, bleibt für
uns äußerst zweifelhaft. Es nutzt auch nichts, darauf hinzuweisen, dass die
Bundesregierung hierzu Vorgaben gemacht hat. Wir meinen jedenfalls, dass hier
Nachverhandlungsbedarf besteht. Die Trennung des schwarzen Bereichs, der Kohle,
die auch künftig Subventionen benötigt, vom weißen Bereich, in dem ein
wachsendes Ergebnis erzielt werden soll, ist unserer Meinung nach nur
konsequent, wenn sich der weiße Bereich unabhängig von den Risiken des Bergbaus
weiterentwickeln kann.
Ab 2000 müssen Jahr für Jahr 200 Millionen DM
Erträge aus dem weißen Bereich in den Bergbau umgeschichtet werden. Das ist für
Saarberg (neu) ein Volumen von rund 30 Millionen DM pro Jahr, welches dem
Handlungs-, Investitions- und Entwicklungsspielraum entzogen wird. Das hat
nichts mit betriebswirtschaftlicher Optimierung und dem Neuaufbau und der Sicherung
zukunftsfähiger Arbeitsplätze zu tun. Wenn schon der Grundsatz richtig sein
soll, dass jedes einzelne Geschäftsfeld in einem Konzern sich selbst tragen und
selbst Wert schöpfen muss, dann ist es nicht verständlich, warum der Bereich
Saarberg (neu) mit seinen aussichtsreichen Geschäftsfeldern von vornherein
durch Quersubventionierung belastet wird.
Jetzt kommt ein Punkt, der im Antrag der
CDU-Fraktion nicht angesprochen ist, den ich aber persönlich hier ansprechen
möchte. Es ist die Montanmitbestimmung. Den Unternehmen bei Saarberg (neu) wird
nicht nur ein Teil der Gewinne weggenommen, sondern den dort beschäftigten
Arbeitnehmern wird auch noch die Montanmitbestimmung weggenommen. Es geht
immerhin um rund 3.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Zuruf des
Abgeordneten Schmitt (SPD).)
Herr Kollege Schmitt, auch wenn Sie es am Liebsten
hätten, dass Sie regeln könnten, was ein Abgeordneter hier sagt und welcher
Abgeordnete hier spricht, darf trotzdem ein Abgeordneter der CDU-Fraktion immer
noch einen persönlichen Punkt einfügen, wenn er auch nicht im Antrag seiner
Fraktion steht. Diese Freiheit erlauben wir uns. Bei Ihnen mag das anders sein.
(Beifall bei der CDU. - Abg. Schmitt (SPD): Ich wollte doch nur wissen,
warum Ihr einen solchen Antrag stellt.)
Bei dem vielen Knoddern, dass Sie schon seit zehn
Uhr heute Morgen hier abhalten, wissen Sie sowieso nicht mehr, was Sie reden. (Abg.
Schmitt (SPD): Ich will nur wissen, warum Ihr einen solchen Antrag stellt.
Da gibt es eine Doppelstrategie: Der Eine stellt einen Antrag, und Herr Gehring
stellt sich hier hin - - )
Vizepräsident Meyer:
Das Wort hat Herr Kollege Willi Gehring.
Abg. Gehring (CDU):
Noch einmal zur Montanmitbestimmung. (Weiterer Zuruf
des Abgeordneten Schmitt (SPD).)
Ich habe Zeit, Herr Kollege, auch wenn Sie Hunger
haben. (Zuruf des Abgeordneten Klimmt (SPD).)
Dem Unternehmen Saarberg (neu) sollen nicht nur
weiterhin Gewinne abgenommen werden, die immer auch ein Ergebnis des Fleißes
und des Könnens der dort beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind,
nein, den rund 3.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Bereich Saarberg
(neu) werden auch noch die Rechte aus der Montanmitbestimmung genommen.
Nun erwarte ich natürlich den Hinweis, dass die
Sicherung der paritätischen Mitbestimmung kein Bestandteil der Verträge
zwischen Ruhr und Saarland sein könne, sondern zwischen den Tarifpartnern
vereinbart werden müsse. Ich hätte dennoch erwartet, dass in die Verträge
zumindest sinngemäß hineingeschrieben worden wäre: "Es besteht Einvernehmen,
dass die bisherigen Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
im Bereich Saarberg (neu) erhalten bleiben."
Ich brauche keinen Vortrag darüber zu halten, welche
Errungenschaft für jeden einzelnen Arbeitnehmer, für jede einzelne Arbeitnehmerin
die paritätische Mitbestimmung ist. Mit ihr wurden in der Vergangenheit große
Herausforderungen erfolgreich bewältigt zum Vorteil von Unternehmen, von
Arbeitnehmern und ganzen Regionen. Auch die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen
im Saarland haben in der Entwicklung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen
Bedingungen und von der Montanmitbestimmung sehr viel profitiert. Dass bei
Saarberg (neu) ausgerechnet mit der Abschaffung der paritätischen Mitbestimmung
begonnen wird und das bei gleichzeitiger Verpflichtung, die Betriebserträge
abzugeben, ist für uns nicht nachvollziehbar (Abg. Schmitt (SPD): Für
dich!) und wirft ein zweifelhaftes Licht auf sozialdemokratische
Verlässlichkeit. (Lachen bei der SPD.)
Da helfen auch keine geschönten Unbekannten - - Ich
glaube, die beiden sind besoffen, Herr Präsident, es könnte sein. Da sollte man
mal eine Blutprobe machen. - Bitte, Kollege Ulrich.
Abg. Ulrich (B 90/Grüne):
Ich glaube, Sie unterliegen einem Irrtum. Ich habe
an der Ausschusssitzung teilgenommen, und da wurde ganz klar gesagt, dass die
Montanmitbestimmung innerhalb von Saarberg erhalten bleibt. Vielleicht habe ich
das falsch verstanden.
Abg. Gehring (CDU):
Das haben Sie falsch verstanden. Das ist auch nicht
sehr laut besprochen worden und ist auch in den Papieren höchstens zwischen den
Zeilen zu lesen. Das ist mit ein Grund, weshalb ich das offiziell anspreche,
damit die Öffentlichkeit das auch einmal mitbekommt.
Meiner Meinung nach helfen keine geschönten
betriebsinternen Abmachungen, die nun als Ersatz für die Wegnahme des
Rechtsbereiches der Montanmitbestimmung und zur Beruhigung der betroffenen
Mitarbeiter konstruiert werden. (Abg. Schmitt (SPD): Bei dem Gespräch
wird man wirklich besoffen.)
Vizepräsident Meyer:
Herr Kollege Gehring, ich bitte Sie, Ihre
Rede fortzusetzen. Sie haben das Wort.
Abg. Gehring (CDU):
Ich beende hier meine Rede. Ich habe versucht, in
der gebotenen Sachlichkeit ein schwieriges Thema abzuhandeln. Die Art und
Weise, wie ich insbesondere von Ihnen, Herr Kollege Schmitt, ununterbrochen
gestört werde, macht es mir nicht möglich, meine Rede fortzusetzen. Es tut mir
sehr Leid. Mögen Sie selber nachdenken über Ihre Art, Parlamentarismus
auszuüben. (Beifall bei der CDU.)
Vizepräsident Meyer:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde herzlich
darum bitten, dass wir dieses sehr wichtige Thema mit der gebotenen Seriosität
zu Ende bringen. Herr Kollege Schmitt, damit spreche ich auch Sie persönlich
an. - Ich erteile das Wort Herrn Dr. Tabillion.
Abg. Dr. Tabillion (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich glaube, es gibt keinen Anlass zur Beschwerde. Gerade der Kollege
Gehring teilt oft und gerne aus, da muss man ab und zu auch einmal einen
Zwischenruf einstecken können, wenn man in einem Parlament ist. (Zurufe von der
CDU.)
Einiges von dem, was mein Vorredner gesagt hat, kam
mir vor wie Ihr Hemd heute, Kollege Gehring: klein kariert. Vieles war
auch ganz einfach falsch oder unsinnig. Ich werde in meiner Rede darauf
eingehen.
Ich will darauf verzichten, die Rolle der CDU im
März 1997 näher zu analysieren. Ich sage Ihnen, Ihr persönliches Engagement für
den Bergbau habe ich immer akzeptiert, ich nehme Ihnen das ab. Es gab andere in
Ihrer Partei, denen die freie Fahrt auf der Autobahn wichtiger war als der
Erfolg der Bergleute. Diese sind auch heute noch in Ihren Reihen. Das muss auch
einmal gesagt werden. (Beifall bei der SPD. - Zurufe von der CDU.)
Wenn Sie jetzt von Gejammer reden, werden Sie uns
nicht davon abbringen, dass wir klar bei unserer energiepolitischen Linie
bleiben. Wir werden sie nicht aufgeben. Unsere energiepolitische Linie heißt:
Wir sind für die Kohle, wir wollen, dass die deutsche Kohle über 2005 hinaus in
der deutschen Energiepolitik eine Rolle spielt. (Zuruf: Heuchelei!)
Diese ehrliche Haltung gegenüber den Bergleuten
werden wir nicht aufgeben. Sie ist ehrlich, sie ist so gemeint, weil wir
überzeugt davon sind, dass wir energiepolitisch und industriepolitisch richtig
liegen. Wenn Sie gegen Atomkraft sind, Kollege Ulrich, können Sie nicht
gleichzeitig gegen die Kohle sein. Ich verstehe an dieser Stelle Ihre Politik
nicht. (Zurufe von B 90/Grüne.)
Wir sind gemeinsam für die Entwicklung regenerativer
Energien. Wir sind gemeinsam dafür, dass wir die Solarenergie in enormem Maße
fördern. Aber bis wir sie so weit entwickelt haben, dass sie einen wesentlichen
Beitrag leisten kann, brauchen wir die Kohle. Da dürften wir uns alle einig
sein. (Beifall bei der SPD.)
Im Rahmen dessen, was die jetzigen politischen
Verhältnisse zulassen, ist das Mögliche erreicht worden. Es ist ein sehr gutes
Verhandlungsergebnis im Interesse der Belegschaft, aber auch im Interesse des
Saarlandes. Es hat uns als Fraktion sehr beruhigt, dass auch der
Gesamtbetriebsrat in der Kohle- und Stahlfraktion deutlich gemacht hat, dass er
mit dem Ergebnis zufrieden ist. Das ist eine wichtige Aussage. Er hat deutlich
gemacht, dass er sehr gut mit diesem Ergebnis leben kann. Das beruhigt uns.
Ich möchte an dieser Stelle die Diskussion über die
Mitbestimmung aufgreifen. Es war falsch, was der Kollege Gehring erklärt
hat, als er sagte, dass einem Unternehmen Saarberg (neu) die
Montanmitbestimmung genommen wird. Es ist doch wohl so, dass aufgrund der
Konstruktion die Montanmitbestimmung diesem neuen Unternehmen nicht automatisch
zufällt, sondern dass sie, wie im Ausschuss mitgeteilt wurde, für das
Unternehmen Saarberg (neu) vertraglich geregelt wird, soweit möglich auch für
die einzelnen Spartengesellschaften.
Das ist unserer Auffassung nach ein Wort. Es ist der
einzig gangbare Weg. Wir vertrauen insbesondere auf die Gewerkschaft, dass sie
nicht nachgeben wird und diese vertraglichen Regelungen im Sinne der
Mitarbeiter von Saarberg durchsetzen wird. (Beifall bei der SPD.)
Ich will noch einmal sagen, dass die Bergleute
selbst einen Riesenanteil an diesem Erfolg haben, zum einen durch ihren
konsequenten Protest vom März 1997, zum anderen aber auch durch ihren
persönlichen Verzicht, den sie über Jahre hinweg für die Regelung der Dinge im
Bergbaubereich leisten, und schließlich durch ihre beruflichen
Höchstleistungen, die sie erbringen. Letzteres betrifft insbesondere die
Kolleginnen und Kollegen von Göttelborn-Reden, die um den Bestand ihres
Bergwerkes gekämpft haben, leider umsonst, wie wir wissen. Aber alles, was von
dieser Belegschaft gemacht worden ist, verdient Dank und Anerkennung. (Beifall
bei der SPD.)
Dank und Anerkennung habe ich aber nicht für die
Haltung der CDU-Fraktion. Ich bedauere es sehr, dass die Partei Franz-Josef
Röders und Werner Scherers heute nicht die Größe aufbringt, ganz einfach dem,
was die Landesregierung vorgelegt hat und was auf den zwischen der
Bundesregierung, der Ruhrkohle, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland
ausgehandelten Vereinbarungen fußt, zuzustimmen. Ich bedauere sehr, dass dies
heute nicht möglich war, sondern dass Sie zum Teil an den Haaren herbeigezogene
Gründe anführen, um dieser Vereinbarung nicht zustimmen zu müssen, nur weil Sie
der Landesregierung diesen Erfolg nicht gönnen. Es ist gut verhandelt worden im
Sinne des Saarlandes und der Belegschaft. (Beifall bei der SPD.)
Deshalb ist Ihr Verhalten in dieser wirklich
historischen Stunde eigentlich nicht angemessen. Aber das ist eine Folge Ihres
Verhaltens, das schon in der Haushaltsberatung begonnen hat. Sie setzen das
fort und damit müssen Sie leben. Wir stimmen den Vereinbarungen jedenfalls
vorbehaltlos zu.
Jetzt zu den Zulieferern. Es ist klar, dass versucht
worden ist, in den Verträgen die Interessen der Zulieferer noch etwas stärker
zu berücksichtigen. Aber das ist von der Bundesregierung nicht akzeptiert
worden. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Es ist versucht worden, aber es ist
nicht akzeptiert worden. Und das liegt auch daran, dass die Ruhrkohle und die
Deutsche Steinkohle AG jetzt private Unternehmen sind, denen man nicht alles aufdrücken
kann, was man gerne hätte. Ich erinnere mich, dass der Vorsitzende der CDU Saar
einer der ersten war, der hier vehement gefordert hat, dass wir die
Saarbergwerke privatisieren. Dann kann man, wenn das geschehen ist, sich über
die Folgen der Privatisierung und dass dann ein rauerer Wind weht, ganz einfach
nicht beschweren. Also Sie schon gar nicht! (Beifall bei der SPD.)
Das größte Problem für die Zulieferer, liebe
Kolleginnen und Kollegen, ist nicht die Formulierung in diesem Antrag. Das
größte Problem für die Zulieferer sind die Bergwerke, die geschlossen werden,
der Absatz, der einfach wegbricht. Das Bergwerk Göttelborn-Reden wird nach dem
Jahr 2000 für die Zulieferer fehlen. Das ist das massive Problem für den
Bereich unserer Wirtschaft. Da gibt es überhaupt nichts zu lachen. Der
Förderrückgang trifft unsere Zulieferer ganz massiv, und das ist das
eigentliche Problem. Wir werden die Zulieferer mit unserer Wirtschaftspolitik
intensiv unterstützen. Wir sehen es sehr gerne, dass sie in aller Welt tätig
werden, sie haben ein hervorragendes Know-how. Wenn wir jetzt in der Zeitung
gelesen haben, was in Cayirhan in der Türkei passiert, dann zeigt das die
Zukunft, und wir sind froh und auch sehr hoffnungsvoll, dass die Zulieferer
diese schwierige Phase überstehen werden.
Zum sozialverträglichen Abbau von Arbeitsplätzen.
Auch dazu haben Sie etwas gesagt, Sie haben von den neuen Instrumenten
gesprochen. Ich gehe einmal davon aus, dass das, was im Vertrag drinsteht und
wozu sich auch die Ruhrkohle AG bekannt hat, dass ein sozialverträglicher Abbau
möglich ist, auch durchgeführt wird. Wir wissen aber alle, dass das auch davon
abhängt, dass diese Instrumente zur Verfügung stehen. Aber wir haben in den
letzten Jahren gesehen, dass die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik immer mehr
reduziert worden sind. Das können Sie an der Zahl derer, die von Saarberg in
der Qualifizierung sind, ablesen. Das sind immer weniger, weil immer weniger
Geld für derartige Dinge zur Verfügung steht. Das passt eigentlich nicht
zusammen. Wenn ich hier einen Industriebereich schrumpfen lassen will, dann
muss ich auch Bedingungen schaffen, dass das sozialverträglich geht. Und da ist
die derzeitige Politik kontraproduktiv.
Die Gemeinschaftsaufgabe ist schon erwähnt worden.
Ich will hier nur noch einmal das Stichwort Saar-Memorandum nennen. Dazu hat
der Kollege Müller beim Kollegen Gehring auf der Veranstaltung
gesagt, es wäre alles gut, wenn die SPD den Forderungen der CDU über ein
Strukturhilfeprogramm zugestimmt hätte. Das stellt ja nun die Dinge wirklich
auf den Kopf. Wir haben das, was die gesellschaftlichen Kräfte des Landes
vereinbart haben, im Saarland gemeinsam beschlossen, nach Bonn geschickt, aber
wir haben bis heute keine Antwort bekommen. Das ist eine Tatsache. Ich gehe
davon aus, dass Sie als CDU-Fraktion, die Sie ja in Bonn Einfluss haben
sollten, bisher nichts getan haben, damit dieses Saar-Memorandum kommt. Kollege
Feibel, geben Sie zu, dass das Saar-Memorandum eine wesentliche Grundlage für
sozialverträglichen Personalabbau auch bei Saarberg ist. Wir sollten uns hier
darauf verständigen - - (Zuruf von der CDU.)
Sie haben der Projektliste zugestimmt. Ich
appelliere an Sie, auch im Interesse der weiteren Geschehnisse im Bergbau, dass
Sie sich dafür einsetzen, dass wir eine positive Antwort aus Bonn bekommen und
dass man uns dort nicht hängen lässt. Nachdem man den Bergbau klein gemacht
hat, schlägt man uns jetzt auch noch die Mittel aus der Hand, um das zu
händeln. Das ist nicht in Ordnung. (Beifall bei SPD und Bündnis 90/Grüne.)
Nun hat der Kollege Müller auf dieser
Veranstaltung auch davon gesprochen, dass wir über die Zeit nach 2006
eigentlich gar nicht reden sollten, das wäre nicht das Thema, sondern wir
sollten darüber reden, wie man denn für 12 000 Bergleute dauerhafte und zukunftsfähige
Arbeitsplätze schaffen will. Diese Zahl hat mich etwas stutzig gemacht. (Zuruf
des Abgeordneten Vogtel (CDU).)
Ich lese hier aus der Saarbrücker Zeitung vor. Ich
war nicht dabei, aber ich sage einmal, wenn diese Zahl so stimmt, dann steht dahinter,
dass der Kollege Müller davon ausgeht, dass wir unmittelbar nach dem
Jahr 2005 mit dem Abbau weitermachen und dass hier insgesamt also 12 000
Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Er ist heute leider nicht hier. Ich hätte
heute gerne von ihm gewusst, was er damit ausdrücken wollte, ob das
Auslaufbergbau ist, zu dem sich die CDU-Landtagsfraktion jetzt bekennt, oder ob
Sie nach wie vor zumindest dazu stehen, dass wir nach dem Jahr 2005 im Saarland
weiter einen nachhaltigen Bergbau betreiben.
Zum Schluss will ich noch einige Anmerkungen zur
Gewinnabführung machen. Sie wissen alle, dass die Vereinbarung, 200 Millionen
nach dem Jahr 2000 abzuführen, am 13. März inklusive eines Beitrages des Landes
Nordrhein-Westfalen vereinbart worden ist. Das sind alles Dinge, die nach
meiner Einschätzung völlig systemwidrig sind. Es ist falsch, das Unternehmen
mit diesen 200 Millionen DM zu belasten. Das macht die Startschwierigkeiten für
Saarberg (neu) nicht besser, und deshalb sind wir dagegen. Man hat uns aber
gezwungen, das so reinzuschreiben. Genauso ist es mit den Beiträgen des Landes
Nordrhein-Westfalen. Nach meiner Einschätzung ist die Subventionierung der
deutschen Steinkohle Sache der Energiepolitik des Bundes und nicht der Länder.
Aber auch das hat man hier reingedrückt, weil man expressis verbis an der Kohle
sparen wollte. Ich frage an dieser Stelle: Was bezahlt denn zum Beispiel Bayern
zum Eurofighter? Diese Frage könnte man ja stellen, wenn hier Länder oder
Unternehmen zur eigenen Subventionierung etwas beitragen müssen. Was zahlt denn
das Land Bayern dafür, (Zuruf des Abgeordneten Feibel (CDU)) dass es jetzt das,
was an Kohlesubventionen eingespart worden ist, dafür erhält, um den
Eurofighter bauen zu können? Das ist nicht in Ordnung und zeigt, dass wir insgesamt
zuungunsten der Kohle eine politische Schieflage haben. An dieser Frage müssen
wir arbeiten. Wir werden in diesem Jahr daran arbeiten, weil wir überzeugt
sind, dass die Kohle nur eine Perspektive hat, wenn wir in diesem Jahr einen
Politikwechsel schaffen.
Ich fasse zusammen. So wie das Vertragswerk von der
Bundesregierung, von Nordrhein-Westfalen, von der Ruhrkohle AG und vom Saarland
ausgehandelt worden ist, können wir diesem Paket zustimmen. Die Saarbergwerke
sind einverstanden, der Gesamtbetriebsrat ist unter den gegebenen Bedingungen
einverstanden, und deshalb ist die Geschichte nach unserer Auffassung
akzeptabel; wir können damit leben. Entscheidend ist, dass wir heute nicht nur
diesem Vertragswerk zustimmen, sondern dass wir auch für seine Umsetzung
kämpfen und dass wir weiterhin für die Interessen des Steinkohlenbergbaus
Einfluss nehmen und politisch kämpfen. In diesem Sinne ein herzliches Glückauf!
(Beifall bei der SPD.)
Vizepräsident Meyer:
Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Dr. Pollak.
Abg. Dr. Pollak (B 90/Grüne):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich möchte einen Aspekt in diesem Vertragswerk ein bisschen näher
beleuchten, nämlich den Aspekt, dass es sich heute hier um eine historische
Entscheidung handelt. Oskar Lafontaine hat heute Morgen hier aufgezeigt, wie
sich die Historie des Bergbaus im Saarland darstellt, vom Wiener Kongress von
1815 über den Königlich-Preußischen Bergfiskus bis zur Régie des Mines de la
Sarre und bis zum Jahre 1957. Seit 1957 haben wir die bis heute noch
bestehenden Mehrheitsverhältnisse, 74 Prozent Bund und 26 Prozent Land. Die
fast 200-jährige Tradition also, die heute Morgen des Öfteren nachgezeichnet
worden ist, dass die Gruben Staatsbesitz sind, diese Tradition zeigt auf,
welchen Stellenwert die Kohle bis heute als der Motor für die industrielle
Revolution gehabt hat und vor allen Dingen, welche Bedeutung die Kohle als
Einzige namhafte Energiereserve für Deutschland und auch für Frankreich gehabt
hat. Deswegen gab es also den Staatsbesitz der Gruben.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, das macht im Umkehrschluss - und ich denke, das ist einer der ganz
wesentlichen Punkte, auf die es heute hier ankommt - auch deutlich, dass die
Kohle nach Abschluss des jetzt vorliegenden Vertrages, den wir hier
diskutieren, genau diese Bedeutung eben nicht mehr hat. Das ist das
Einschneidende an diesem Tag. Denn der Staat zieht sich als Anteilseigner jetzt
zurück. Ich sage, liebe Freundinnen und Freunde von der SPD, lieber Herr Tabillion,
Sie lügen sich in die eigene Tasche und Sie lügen sich in die Taschen der
Bergleute, wenn Sie sich heute wie in mehreren Redebeiträgen hier hinstellen
und die Notwendigkeit einer Kohlereserve für das nächste Jahrhundert anmahnen.
Der Kollege Ulrich hat das eben schon angesprochen.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf ein Gutachten
des Instituts für europäische Wirtschaftspolitik verweisen. In dem haben die
beiden prominenten Professoren Sievert und Streit schon 1964 - schon 1964! -
wörtlich geschrieben: "Übrig bliebe die Möglichkeit, dass der Staat sich
einen hochsubventionierten Bergbau leistet, um die Abhängigkeit von
ausländischen Energiequellen in Grenzen zu halten." So weit, so gut. Dann
der nächste Satz: "Darauf wird jedoch auf Dauer kein Verlass sein."
Und dass auf Dauer darauf kein Verlass war und auch kein Verlass ist, das zeigt
der heutige Tag in diesem Parlament.
Dass sich eine solche Erkenntnis, dass auf diese
Dinge kein Verlass ist, in einem Lande, das über Jahrhunderte vom Bergbau
geprägt war, nur sehr langsam durchsetzt, nur sehr langsam verbreitet, ist
gesellschaftspolitisch und vor allem auch menschlich durchaus verständlich. Es
kann aber im Nachhinein festgestellt werden, und das müssten wir auch am
heutigen Tage hier im Saarland feststellen, dass das Festhalten am Bergbau
nicht nur den Bergbau an der Saar nicht retten wird, liebe Kolleginnen und
Kollegen, sondern dass diese falsche Weichenstellung schon bisher die gesamte
wirtschaftliche Situation unseres Landes, so wie sie sich uns heute darstellt,
in wesentlichen Teilen mitverursacht hat.
Es ist ohne Frage ein wichtiger Erfolg des
Kohlekompromisses vom Frühjahr, wenn nicht gar der wichtigste Erfolg, dass wir
ohne betriebsbedingte Kündigungen bei Saarberg davongekommen sind. Aber - und
das muss uns hier klar sein - für die Kinder der Bergleute, für die Zukunft
haben wir noch keine arbeitsmarktpolitische Alternative dazugewonnen. Und,
lieber Herr Kollege Stritter, wenn Sie in der Saarbrücker Zeitung in diesen
Tagen gesagt haben, es habe keinen Sinn, den Bergleuten zu sagen, es gäbe im
Bergbau keine Perspektive, dann müssen Sie mir die Gegenfrage gestatten:
Welchen Sinn macht es denn, bitte schön, diese Perspektive den Bergleuten zu
versprechen? Auf welchen Fakten oder wenigstens auf welcher Hoffnung beruht
denn eine solche Aussage? (Abg. Vogtel (CDU): Da ist der Wunsch der
Vater des Gedankens.)
Es gibt sie, die Perspektive. Aber es gibt sie im
Moment nur bis zum Jahr 2005. Und das Jahr 2005 kommt schnell, meine Damen und
Herren. Genau diese Kurzsichtigkeit ist es, die wir der Landesregierung immer
wieder vorwerfen. (Abg. Gillo (SPD): Was hätten Sie denn gern nach
2005?)
Lieber Herr Gillo, Sie haben immer noch nicht
begriffen, dass das große Problem das ist, dass es nicht darum geht, dass das,
was wir hier alle wollen oder was wir für wünschenswert halten, der Punkt ist.
Es geht ganz einfach darum, dass es Einflüsse gibt von außen, denen wir uns
stellen müssen. Sie wissen doch ganz genau, wir haben zwei kohlefördernde
Länder im Konzert von sechzehn Bundesländern. Tun Sie doch nicht so, als
könnten Sie dafür sorgen, dass dann in Bonn das Geld gedruckt wird, um Ihre
wünschenswerten Dinge hier zu halten. Das ist doch Unsinn. Wir müssen uns doch
den Realitäten stellen. (Beifall bei B 90/Grüne.)
Wir müssen uns den Realitäten genauso wie beim
Saar-Memorandum stellen. Das Saar-Memorandum - ich sage das hier deutlich -
haben wir in einem Kraftakt in einer Sondersitzung auf den Weg gebracht. Aber
ich sage auch ganz deutlich, dieses Saar-Memorandum kam genau sechs Monate zu
spät. Es kam nämlich dann in Bonn auf den Tisch, sechs Monate zu spät, als es
nichts mehr zu verhandeln gab. (Beifall bei B 90/Grüne.)
Es kam auf den Tisch, als es nichts mehr zu
verhandeln gab. Und genau so wurde dieses Saar-Memorandum dann auch in Bonn
behandelt. Es ist, ganz egal, aus welchen Teilen es bestanden hat, in Bonn im
Papierkorb gelandet. Wir haben bis zum heutigen Tage noch nicht einmal eine
Antwort erhalten. (Abg. Stritter (SPD): Ist das Schuld der
Landesregierung?)
Ich spreche die Tatsache an, lieber Herr Kollege Stritter,
dass wir zu spät dran waren, dass zuerst verhandelt worden ist, und da wurde
die regionalpolitische Flankierung vergessen. Der Kollege Ulrich hat es doch
eben ausgeführt. Dann wurde das Saar-Memorandum nachgeschoben; es wurde
nachgeschoben zu einer Zeit, als es einfach zu spät war. Das ist doch der
Punkt. (Zuruf des Abgeordneten Stritter (SPD).)
Ich möchte - das will ich hier noch einmal sagen,
und dabei will ich es auch bewenden lassen - die Gelegenheit des heutigen Tages
nutzen, an die Mitarbeiter von Saarberg, an die Gewerkschaften, an die SPD zu
appellieren, an alle zusammen: Meine Damen und Herren, nutzen Sie den
gewonnenen kurzen zeitlichen Spielraum aus. Bauen Sie nicht neue Schützengräben
auf vor dem Zweistandortemodell. Das Zweistandortemodell wird genauso
Geschichte werden wie das Dreistandortemodell. Wir wissen das hier alle, das
ist im Endeffekt so; das ist schade, aber es ist so. Deswegen: Nutzen Sie den
gewonnenen kurzen zeitlichen Spielraum dazu, die Saarbergtöchter für den Markt
fit zu machen, damit wir wirklich zukunftsfähige Arbeitsplätze für die nächste
Generation hier an der Saar bekommen. Das muss das Ziel sein, dem wir uns hier
alle an diesem wichtigen historischen Tag verpflichtet sehen müssen. - Vielen
Dank. (Beifall bei B 90/Grüne.)
Vizepräsident Meyer:
Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Peter Hans.
Abg. Hans (CDU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
möchte zunächst einmal meine Betroffenheit zum Ausdruck bringen, wie hier ein
Kollege mundtot gemacht worden ist. (Oh! bei der SPD. - Zuruf des Abgeordneten Schmitt
(SPD).)
Der Kollege weiß sich normalerweise sehr gut zu
helfen; Herr Kollege Schmitt, Sie wissen das. Aber wenn es im Parlament
nicht mehr möglich ist, Rücksicht darauf zu nehmen, dass dieser Kollege vor
Kurzem eine Operation gehabt hat und daher vielleicht etwas weniger belastbar
ist, dann ist das ein Armutszeugnis für den menschlichen Umgang miteinander in
diesem Parlament.
Was hat der Kollege Gehring gemacht? Der
Kollege Gehring hat auf Fragen verwiesen, die in der Belegschaft sehr
wohl gestellt werden, die aber in den Verhandlungen bzw. in dem, was nach außen
gesagt worden ist, aus welchen Gründen auch immer - ich unterstelle, aus
Gründen des großen Konsenses -, nicht angesprochen worden sind. Ich versuche
mir mal einen Moment vorzustellen, einer der Verhandlungspartner an diesem
Tisch wäre eine CDU-geführte Landesregierung gewesen. (Abg. Schmitt
(SPD): Das wirst du in den nächsten zwanzig Jahren nicht erleben.)
Da wäre ich einmal gespannt gewesen, wie man auf
Seiten der Gewerkschaften dann in dieser Frage agiert hätte. Man hätte dort
genauso gehandelt, wie zur Zeit die Gewerkschaft in der Frage Garzweiler II in
Nordrhein-Westfalen agiert. In jeder anderen Konstellation hätte es dort
riesige Demonstrationen gegeben, hätte man dort für die Arbeitsplätze der
50.000 Betroffenen demonstriert. Jetzt ist Ruhe verordnet aus politischen
Gründen. Wenn hier jemand diese Nachfragen stellt, dann tut er das auch im
Interesse der Belegschaft. Willy Gehring hat keinen Nachholbedarf, wenn
es darum geht, die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu
vertreten. (Beifall bei der CDU.)
Herr Kollege Tabillion, Sie haben hier einige
Tatsachen in den Raum gestellt, die ich in der Darstellung für sehr, sehr
oberflächlich halte, etwa die Haltung der CDU zur Frage der Blockade von
Autobahnen mit der Bemerkung abzutun, hier haben diejenigen, die für freie
Fahrt für freie Bürger sind, ihre Spielwiese. Meine Damen und Herren, Sie haben
vielleicht nicht verstanden, dass es uns dabei um rechtsstaatliche Grundsätze
gegangen ist, (Zurufe von der SPD) um rechtsstaatliche Grundsätze, die gerade
eine Opposition hochzuhalten hat. Herr Kollege Schmitt, es ist darum gegangen
zu verdeutlichen, dass in diesem Land niemand über dem Recht steht, sondern
jeder unter dem Recht, (Beifall bei der CDU) ob wir mit einem Mann dastehen,
mit fünf oder mit 5.000. Für alle - und das ist eine der großen
Errungenschaften parlamentarischer Demokratie über die Jahrhunderte hinweg -
gilt das gleiche Recht, und dafür werden wir uns ebenfalls einsetzen und
kämpfen, egal, wie Sie das hier kommentieren. (Beifall bei der CDU.)
Meine Damen und Herren, Sie sagen hier, Herr Kollege
Dr. Tabillion, wer Atomenergie nicht will, der muss die Kohle wollen.
Was sagt denn Ihr Kollege im Bundestag, der Präsident von Euro-Solar, Herr
Scheer? Herr Scheer entwickelt ein Szenario, in dem weder die Atomenergie noch
die fossilen Energien vorkommen. Sie haben ihm einen Sonnenstich bescheinigt,
Herr Kollege Dr. Tabillion, aber immerhin gibt es in Ihrer eigenen
Fraktion ernst zu nehmende Politiker, einflussreiche Politiker, die sich jetzt
im Sinne des Herrn Dr. Pollak die Zukunft, die Brücke in das kommende
solare Zeitalter ohne die Träger Kohle vorstellen können. Sie sollten das dann
hier nicht so leichthin abtun.
Ich erinnere Sie in dem Zusammenhang auch noch
daran, dass die Energiewende in den siebziger Jahren, die bedeutet hat, dass
damals der überwiegende Teil der Kernkraftwerke gebaut worden ist, dass man
begonnen hat, auf Kernkraft zu setzen, dass diese Energiewende unter einer
sozialdemokratisch geführten Regierung vollzogen worden ist. Jeder weiß, dass
man aus einem solchen Bereich nicht gerade ein- und aussteigen kann wie aus
einem Zug.
Ein dritter Punkt, Herr Kollege Dr. Tabillion,
den Sie hier angesprochen haben, sind die Deutungen der Aussagen des Kollegen
Müller. Sie waren bei der Veranstaltung nicht dabei, Sie haben wahrscheinlich
die SZ auch nicht so ganz genau gelesen. Der Kollege Müller hat dort
davon gesprochen, dass bis zum Jahre 2005 6.000 Arbeitsplätze im Bereich des
Bergbaues wegfallen und weitere 6.000 im Bereich der nachgelagerten Bereiche.
Das sind die 12.000. Er hat nicht davon gesprochen, dass 12.000 Arbeitsplätze
im Bergbau im Kernbereich wegfallen, wie Sie das hier darzustellen versuchen.
Aber der Kollege Müller hat darin Recht, dass er sagt, bis zum Jahre
2005 sind die Dinge jetzt im Wesentlichen geregelt. Das wird ja hier gefeiert.
Wir kümmern uns jetzt nicht primär darum, was nach dem Jahr 2005 sein wird,
sondern im Moment liegt eine ganze Wegstrecke vor uns, wo wir für diese
Menschen Alternativen finden müssen. Dort ist auch und gerade die
Landesregierung gefordert. (Beifall bei der CDU.)
Ich möchte zum Abschluss noch einmal auf den Kern
unseres Anliegens zurückkommen. Es ist gesagt worden: Sie besitzen nicht die
Größe, zuzustimmen. Meine Damen und Herren, es ist keine Frage der Größe,
sondern es ist eine Frage, wie man gewichtige Einwände zu werten hat. Ich habe
den Eindruck, als angemessene Reaktion in Ihrem Sinne gilt nur die
vorbehaltlose Zustimmung zu allem, was diese Landesregierung vorschlägt.
(Beifall bei der CDU.)
Meine Damen und Herren, von mir aus hat dann die
SPD-Mehrheitsfraktion angemessen reagiert. Das ist Ihr Markenzeichen, diese
Angemessenheit im Sinne von Kadavergehorsam. Wir glauben, dass dieser
Vorschlag, dieser Kompromiss nicht optimal verhandelt worden ist. Unser Antrag
macht deutlich, wo wir die Schwachstellen sehen. Wir stimmen der Veräußerung
zu. Das war unsere Position bisher im Gegensatz zu Ihrer Position, aber wir
sind der Auffassung, dass hier die Landesregierung nicht optimal verhandelt
hat, dass noch Nachbesserungsbedarf ist. Ich denke, das ist doch eine Haltung
einer Opposition, die nachvollziehbar sein muss. Das ist doch kein
Staatsverbrechen, das ist kein Verrat an einer gemeinsamen saarländischen
Sache, sondern das ist ureigenste Aufgabe der Opposition, Schwachstellen
herauszustellen und ihre Behebung einzufordern, und nichts anderes tun wir.
(Beifall bei der CDU.)
Vizepräsident Meyer:
Das Wort hat Herr Kollege Hubert Ulrich.
Abg. Ulrich (B 90/Grüne):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Herr Dr. Tabillion, ich muss das, was Sie eben hier in Sachen
Energiepolitik der SPD Saar zum Besten gegeben haben, doch mit einem gewissen
Schmunzeln zur Kenntnis nehmen. Sie haben mit Ihren Äußerungen zum Bereich
Kohle alles das, was Ihr Umweltminister Leonhardt immer so propagiert vom
Solarland Saarland, Zukunft der alternativen Energieform, völlig in Abrede
gestellt. Sie haben es völlig ad absurdum geführt. Ihre Position ist natürlich:
Wir verbrennen hier im Saarland in fünfzig Jahren noch, in hundert Jahren noch
Steinkohle und sonst nichts. Steinkohle forever, das haben Sie eben
herübergebracht. (Zuruf des Abgeordneten Dr. Pollak (B 90/Grüne).)
Wenn Sie Ihre eigene Position, die der SPD Saar, in
der Frage der Solarenergie auch nur ein wenig ernst nähmen - es tut mir Leid,
Herr Dr. Tabillion -, dann müssten Sie auch ein bisschen ernsthafter
argumentieren. Ich habe meine Position vorhin genannt. Ich bin persönlich davon
überzeugt, die nächsten zwanzig bis vierzig Jahre werden wir die Steinkohle
brauchen. Wenn wir sie aber in vierzig Jahren wirklich noch brauchen, dann
sieht es auf diesem Planeten traurig aus. Ich gehe einmal davon aus,
Treibhauseffekt ist auch Ihnen ein Begriff. Wenn wir es nicht schaffen
innerhalb der nächsten zwanzig, dreißig und vierzig Jahre, wirklich in die
solare Kreislaufwirtschaft einzutreten, dann sind wir arm dran. (Abg. Klimmt
(SPD): Wir liegen vorne mit der Solarenergie.)
Genauso Ihr Argument von der nationalen
Energiereserve. - Herr Kollege Klimmt, ich will es noch einmal
aufgreifen. Auch Ihr Argument von der nationalen Energiereserve Kohle - tut mir
Leid - ist bodenloser Quatsch. Das ist bodenloser Quatsch! Was soll denn
geschehen, wenn in zwei, vier oder fünf Jahren eine neue Ölkrise auftritt?
Fahren wir dann die Kohlegruben hoch und machen Benzin? Wo kommt denn über
Nacht die Hydrierindustrie her, die wir dazu bräuchten? Fahren wir dann mit
unseren Autos Kohle? Schließen wir die PKW an die Kraftwerke an? Herr Klimmt,
das ist bodenloser Unsinn, man kann es nicht deutlicher sagen.
Das weltweit renommierte Institut aus Kiel, das
Weltwirtschaftsinstitut, hat vor zwei oder drei Jahren eine Studie erarbeitet,
deren Hintergrund es war, einmal die Kosten zu ermitteln, um wie viel
preiswerter es wäre, wenn man als nationale Energiereserve Erdölreserven
einlagern würde, und zwar in der Dimension der heute angedachten nationalen
Energiereserve. Lieber Herr Kollege Klimmt, die Kosten, die damals
berechnet wurden, lagen in der Dimension von einem Zehntel der
Kohlesubventionen. Das sind die realen Kosten in volkswirtschaftlicher
Hinsicht, die ich nicht nur zu meinem Argument mache. Sie kennen mein Argument.
Wir sind hier im Saarland, wir müssen die Arbeitsmarktseite richtig betrachten.
Deshalb muss man das hier im Saarland diskutieren. Aber wie Sie das hier
darstellen, aus energiepolitischer Notwendigkeit am deutschen
Steinkohlenbergbau festzuhalten, ist das ausgemachter Quatsch. - Danke.
(Beifall bei B 90/Grüne.)
Vizepräsident Meyer:
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es liegen keine
weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag
der CDU-Landtagsfraktion, Drucksache 11/1502. Wer für die Annahme des
Antrages Drucksache 11/1502 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Vielen
Dank. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass
der Antrag Drucksache 11/1502 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Regierung, Drucksache 11/1495. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache
11/1495 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Vielen Dank. Wer ist
dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag
Drucksache 11/1495 bei Stimmenthaltungen einstimmig angenommen ist.
Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich
unterbreche die Sitzung bis 14.30 Uhr.
(Die Sitzung wird von 13.24
Uhr bis 14.34 Uhr unterbrochen.)