Rheinische Post 2001-04-09 <falz>
WALSUM. "Warum macht Ihr keinen Blasversatz?
Ist es Euch egal, was mit den Häusern passiert? Oder ist es Euch zu
teuer?", fragte Werner Weitkämper, Mitglied der Bürgerinitiative
Bergbaubetroffener (BiB), am Freitagabend im Evangelischen Gemeindehaus an der
Schulstraße in Aldenrade. Wieder einmal gab es dort eine Diskussion zum
Rahmenbetriebsplan des Bergwerks Walsum. Und die war wieder einmal sehr hitzig.
Die Bergbaubetroffenen haben Angst, dass die hiesige
Situation ähnliche Zustände annimmt, wie sie bereits im Saarlandischen
Fürstenhausen herrschen. Filme zeigten an diesem Abend, wie durch den Bergbau
ganze Dörfer abgesackt sind. Manche Fürstenhausener haben keinen begehbaren
Keller mehr. Die Kellergeschosse gleichen Ruinen. Auch Bilder von Mehrum
zeigten ähnliche Auswirkungen. "Holzkeile werden in die Risse geschlagen,
damit sie nicht weiterziehen", erklärte Klaus Friedrichs, Vorsitzender der
BiB.
"Völlig
platt gemacht"
"Sieben der zehn Stadtteile von Völklingen wurden vom Bergbau platt gemacht", berichtete Heinz Adams aus Fürstenhausen. Seit 1993 werde unter Fürstenhausen Kohle abgebaut. 500 der 750 Hauser seien beschädigt, 40 davon könne man noch als „wirtschaftliche Totalschäden" bezeichnen. "Das ganze Dorf ist nur noch eine einzige Baustelle“, erzählte er. Überall würden die Häuser saniert werden, so dass ständig Lärm herrsche. Er selber sei Eigentümer einer Doppelhaushälfte. "Durch den Bergbau sind die Häuser auseinander gebrochen", so Heinz Adams. Elastische Bodenplatten sollen die Schäden beheben. "Es ist tatsächlich ein Elend, das bei uns herrscht", erzählte er. "Ich wünsche niemanden diese Zustände. Eure Kindeskinder müssen dafür noch bezahlen. Also schreit Euer Elend in die Welt hinaus, denn nur so könnt Ihr Euch Gehör verschaffen."
Alternativen
finden
Rainer Lenau, künftiges Vorstandsmitglied der BiB,
betonte immer wieder, dass er die Bergleute nicht angreifen wolle. Es solle aber
doch eine vernünftige Alternative zum Bergbau gefunden werden, mit der alle
leben könnten. Man müsse Arbeitsplätze in anderen Industriezweigen schaffen, so
sein Vorschlag.
Michael Hörning (Schacht Walsum) ist da anderer
Meinung. Er sei zwar auch über den Umfang der Schäden geschockt, doch komme man
langfristig nicht ohne die Steinkohle aus. "Es ärgert mich, dass sich 100
Jahre lang niemand beschwert hat. Doch auf einmal wird sich dagegen
gewehrt", sagt er. Die Schäden seien nun nicht mehr zu verhindern, außer
der Bergbau würde eingestellt werden. Doch dann würden 3700 Kumpel auf der
Straße stehen.