Westdeutsche Allgemeine Zeitung 2001-06-09 (‚Aus dem
Westen’)
Von Hayke Lanwert
WAZ DUISBURG
Weil dem Bergbau die Kohle ausgeht, leidet auch sein
Image. Rund um Duisburg wehren sich die Bürger gegen neue Abbaupläne, gegen das
"Absaufen" ihrer Orte. Jetzt wollen sie sich zusammentun, bundesweit,
mit anderen Bergbau-Gegnern.
Solch ein Wortgeklingel hätten die Grundstücke gar
nicht nötig. Nahe des Rheinufers liegen sie, in den Wiesen zwischen Walsum und
Duisburg. Trotzdem reimte ihr die Baugesellschaft ein romantisierendes
"Kaiserpark an der Rheinaue" aufs Baustellen-Schild. Und dann kam
jemand, meinte es wohl gut mit potenziellen Kunden und schrieb lackglänzend
darauf: "3,50 Meter Absenkung!" - Der Steiger kommt, die Anwohner
formieren sich.
Szenen aus Duisburg-Walsum, knapp zwei Wochen bevor
die Bürger dort in einer Anhörung ihre Bedenken gegen die neuen Abbaupläne
vortragen dürfen. "Hier entstehen Schäden, unter denen noch unsere Urenkel
leiden werden", erklärt Rainer Lenau von der Initiative der
Bergbaubetroffenen Walsum. Und genau deshalb legten über 13.000 Menschen aus Duisburg,
Dinslaken, Voerde und Rheinberg Einspruch ein.
Sie fürchten massive Bergschäden an ihren Häusern.
Denn, wenn es so kommt, wie die Deutsche Steinkohle AG (DSK) es plant, wenn
dort 50 Mio Tonnen Kohle bis 2019 abgebaut werden, dann sacken große Teile der
Landschaft um bis zu 5,50 Meter ab. Teilweise also unter das Niveau des nahen
Rheins. 50 Mio Kubikmeter Wasser müssten deshalb jährlich abgepumpt, die Rhein-Deiche
auf bisher einmalige 15 Meter erhöht werden.
Für Rainer Lenau von der Bürgerinitiative ein Horror-Szenario,
das nicht sein muss, weil doch der deutsche Bergbau ohnehin ein Auslauf-Modell
sei. Bergschäden kurz vor Schluss, das mag er nicht einsehen. Sein eigenes
Haus, reihestehend mit gepflegtem Garten, würde um 3,50 Meter absacken.
Was das bedeutet, mag Lenau sich lieber nicht
vorstellen, weiss Heinz Adams jedoch nur allzu gut. Adams stammt aus Fürstenhausen,
einem Dorf im Saarland, das über dem Bergbau wegzusacken droht. Ein Großteil
der 850 Wohnhäuser reißt ein, steht schief. Der gerade genehmigte neue Abbau
des nahen Bergwerkes wird für weitere 200 Häuser den wirtschaftlichen
Totalschaden bedeuten. Heinz Adams kennt das. Um sein Haus zu retten, ließ die
DSK dessen Fundament abschneiden, pumpte für 500.000 DM Beton und Eisen hinein.
Dabei ist Adams Haus gerade einmal 350.000 DM wert.
14 Tage vor der Anhörung in Duisburg suchen die
Walsumer nun den Schulterschluss mit den saarländischen Bergschäden-Betroffenen.
Bis Herbst soll ein bundesweites Bündnis entstehen. Harald Zimmermann von der Fürstenhausener
Initiative: "2010 sollte Schluss sein mit der Steinkohle. Anstatt die noch
ewig zu subventionieren, sollten die Gelder lieber in Umstrukturierung der
Regionen und in Sozialmaßnahmen gesteckt werden."